Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Dankesrede zum Georg-Büchner-Preis 2020
Elke Erb: "Wir zählen die Stunden nur nach der Blumenuhr"

Die Schriftstellerin Elke Erb wurde in Darmstadt mit dem Georg-Büchner-Preis 2020 ausgezeichnet. In ihrer Dankesrede unterzieht Erb Büchners Drama "Leonce und Lena" einer sprachkritischen Analyse. Büchners Diktion sei "leicht, rasch, ungewohnt und doch sofort eingängig", sagte Elke Erb.

Reden von Elke Erb und Laudator Hendrik Jackson | 01.11.2020
Porträt der Autorin und Lyrikerin Elke Erb im Profil.
Die Autorin und Lyrikerin Elke Erb auf einer Veranstaltung in der Mendelssohn-Remise, Berlin. (imago images / gezett)
Die Verleihung des wichtigsten deutschen Literaturpreises fand zum ersten Mal – pandemiebedingt – nicht vor großem Publikum im Darmstädter Staatstheater statt. Akademiepräsident Ernst Osterkamp begrüßte dennoch die "Freunde der Literatur in aller Welt" an ihren digitalen Endgeräten.
Die neue Büchner-Preisträgerin Elke Erb wurde 1938 in der Eifel geboren, sie kam als Elfjährige mit ihrer Familie nach Halle an der Saale und lebt heute in Berlin und im sächsischen Wuischke. Sie studierte Pädagogik, übersetzte Lyrik und Dramatik aus dem Russischen. Ihre ersten Gedichte wurden 1968 publiziert, für die Lyrik-Szene im Prenzlauer Berg war sie lange Zeit eine bedeutende Figur. 1987 veröffentlichte Erb den von der Kritik als epochal bezeichneten Band "Kastanienallee". In den letzten zwei Jahren erschienen die Textsammlung "Sonnenklar Meins: Das Hündle kam weiter auf drein" und der Gedichtband "Gedichtverdacht".
Die deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet Elke Erb - so heißt es in der Begründung der Jury – für ihr unverwechselbares und eigenständiges schriftstellerisches Lebenswerk aus. Von dessen Anfängen in der DDR der 60er-Jahre bis in die Gegenwart beeinflusse ihr poetischer Sachverstand Generationen von Dichterinnen und Dichtern in Ost und West. Poesie sei für die unverdrossene Aufklärerin eine politische und höchst lebendige Erkenntnisform.
Keine Dichterin sei so voller Geistesblitze wie Elke Erb. Niemand vermöge uns so in die Selbstständigkeit, in ein ständiges Selbst, das entsteht, zu "stupsen", wie Elke Erbs Lyrik, formulierte der Schriftsteller Hendrik Jackson in seiner Laudatio.
Büchner-Preis
Der Büchner-Preis ist nach dem in Darmstadt aufgewachsenen Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Sozialrevolutionär Georg Büchner (1813-1837) benannt. Der Preis wurde erstmals 1923 vergeben, seit 1951 geht er ausschließ-lich an Schriftsteller. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis gilt als renommierteste Literaturauszeichnung in Deutschland. Preisträger waren unter anderen Carl Zuckmayer (1929), Max Frisch (1958), Günter Grass (1965), Peter Handke (1973), Sarah Kirsch (1996), Wilhelm Genazino (2004) und zuletzt Marcel Beyer (2016), Jan Wagner (2017), Terézia Mora (2018) und Lukas Bärfuss (2019)