Freitag, 29. März 2024

Archiv

Dantes Göttliche Kommödie
Mitreißende Jenseits-Schau

Goethe konnte nicht besonders viel mit Dantes Göttlicher Komödie anfangen, aber die deutschen Romantiker erkannten die Bedeutung des italienischen Dichters und begeisterten sich für die lebendigen Beschreibungen von Hölle, Purgatorium und Paradies. Vor 750 Jahren wurde der italienische Dichter Dante Alighieri geboren.

Von Maike Albath | 02.06.2015
    Der italienische Schriftsteller Dante Alighieri (1265-1321) in einem undatierten Stich.
    Dantes Göttliche Komödie zählt zu den großen Büchern der Weltliteratur. (dpa / picture alliance / Diener)
    "Auf halbem Wege unseres Lebens
    fand ich mich verirrt in einem dunklen Walde,
    weil ich den rechten Pfad verloren hatte."
    Mit diesen Versen beginnt Die Göttliche Komödie von Dante Alighieri, Gründungsakt und erste Vollendung der italienischen Literatur.
    "Hart ist es, ach, zu sagen, wie er war,
    der Wald, so wild und rau und dicht,
    dass die Erinnerung daran die Angst erneut."
    Dante lässt zahlreiche autobiografische Daten in sein Epos einfließen, aber sein Geburtstag ist ungewiss, vermutlich lag er zwischen dem 14. Mai und dem 13. Juni 1265. Seine Eltern gehörten zum niederen Adel von Florenz. Die Stadt besaß herausragende Bildungseinrichtungen, und Dante genoss eine standesgemäße Erziehung, schloss Freundschaft mit einigen jungen Dichtern, verfasste elegante Liebessonette und gehörte als Mitglied im Rat der Hundert und im Priorat, der einflussreichsten Institution von Florenz, bald zur politischen Elite.
    Verbannung und Scheiterhaufen
    In der Stadt tobte ein dramatischer Machtkampf, und Dante wollte vermitteln zwischen seiner eigenen Fraktion, den kaisertreuen Weißen Guelfen, und den papsttreuen Schwarzen Guelfen. Als die Weißen 1302 unterlagen, floh Dante, verlor seine Amtsrechte und wurde in Abwesenheit zu Verbannung und Scheiterhaufen verurteilt. Im Exil entstanden zunächst Traktate, wie die auf Lateinisch verfasste Schrift De vulgari eloquentia, eine Parteinahme für das Schreiben in der Volkssprache.
    "Da nun nichts so großen Schmuck hat wie die erlauchte Volkssprache, scheint es, dass jeder Verskünstler sich derselben bedienen müsse. Überdies dasjenige, was in seiner Art das Beste ist, scheint, wenn es mit dem Niedrigeren vermischt wird, ihm nichts zu entziehen, sondern es zu verbessern."
    Dante setzte sein Vorhaben ab 1307 mit der Niederschrift der Göttlichen Komödie auch um - gerade wegen der Vermischung der Stilebenen bezeichnete er seine Jenseitsreise als "Commedia". Ein revolutionäres Unterfangen, denn er wandte sich nicht an die Gebildeten, sondern an alle. Die erste Station der Wanderung ist die Hölle.
    "Da hört ich Seufzen, Schluchzen, laute Schreie hallend ringsum in sternenloser Luft, Worte des Jammers, zorniges Keifen, Stimmen, schrille, kreischende, Klatschen schlagender Hände, verwirrten lärmend sich und kreisten endlos wie Sand im Wirbelwind durch finstere Lüfte, der Schreck umklammerte mein Haupt."
    Der Reisende besucht eine Höllenstadt mit feurigen Türmen und eisernen Mauern, passiert Flüsse voller Blut bis er auf den Läuterungsberg gelangt und am Ende von Beatrice ins lichtdurchflutete Paradies geführt wird.
    Liebesgeschichten und Tyrannenmorde
    Zwischen 1308 und 1319 entstanden, kursierten die ersten beiden Teile der Commedia bereits kurz nach ihrer Entstehung in mehreren Städten, wurden öffentlich vorgetragen und waren äußerst populär. Die Göttliche Komödie vermittelte die Summe des philosophischen, kosmologischen und theologischen Wissens und bot zugleich eine mitreißende Jenseits-Schau, höfische Liebesgeschichten und Tyrannenmorde inbegriffen.
    "Es dünkt sich mancher auf der Erde ein großer Herr und wälzt sich hier dann wie ein Schwein im Pfuhle. - Gern säh ich ihn eingetunkt in diese ekle Suppe - Noch eh sich uns das andere Ufer zeigt, wird dir der Wunsch erfüllt. Da schau, da hör! - Packt ihn!! – Da schau, wie die verschlampten Geister ihn zerfleischen! Und wie der frevelvolle Florentiner mit seinen eigenen Zähnen sich zerbeißt. - Packt ihn!"
    Mit seiner Dichtung wollte Dante Alighieri zu Ruhm gelangen, und er hoffte auf einen Stimmungsumschwung in Florenz. Auf den Straßen und Plätzen rezitierte man seine Jenseitsreise, aber er blieb ein Vertriebener ohne festen Wohnsitz und ohne Bürgerrechte. Angewiesen auf die Gnade und Zuwendung anderer, pilgerte er von Fürstenhof zu Fürstenhof. Von Verona, Treviso, Padua und Reggio nach Lucca, dann nach Pisa, vielleicht nach Venedig und Bologna, schließlich nach Ravenna, wo er 1321 starb. Kurze Zeit später kannte man seine Göttliche Komödie in ganz Europa.