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Das Album "1982" von Casper und Marteria
Es geht auch einfach!

Sie sind zwei der derzeit erfolgreichsten Rapper Deutschlands. Kommerziell wie künstlerisch. Das gemeinsame Album der Rap-Stars Casper und Marteria ist eine Zäsur für beide. "1982", benannt nach ihrem Geburtsjahr, ist im Vergleich zu ihren Solo-Alben leichterer Stoff. Das ist als Kompliment gemeint.

Von Axel Rahmlow | 01.09.2018
    Die Musiker Marteria (l) und Casper stellen ihr gemeinsames Album "1982" vor.
    Die Musiker Marteria (l) und Casper stellen ihr gemeinsames Album "1982" vor. (dpa / picture-alliance)
    1982 ist das mit Abstand leichteste Album das sowohl Casper als auch Marteria bisher gemacht haben. Das ist ein Kompliment. Ihre Soloalben sind vollgestopft mit verkopften Metaphern und musikalischen Nuancen. Auf 1982, dem gemeinsamen Geburtsjahr, rappen sie einfach über ihr Leben. Gerade Casper ist lange nicht so direkt gewesen. Im Gespräch wirkt er auch geradezu erleichtert über die neuen Impulse.
    Wo sind Gemeinsamkeiten - wo die Unterschiede?
    Casper: "Meine letzten drei Alben haben mich jedes Mal an den Rand des Wahnsinns getrieben. Und das hat es diesmal nicht."- Marteria wirft ein: "Ich liebe auch den wahnsinnigen Blick, wenn du über den Wahnsinn sprichst." (Gelächter) Casper: "Genau. Einfach nicht in den Detailwahnsinn zu gehen. Das geht nur gut wenn man zusammen rumhängt, eine Freundschaft aufbaut, darüber spricht, was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede."
    Wobei sich 1982 vor allem auf die von Marteria angesprochenen Parallelen konzentriert. Sie sind seit 2010 parallel zueinander zu deutschen Popstars aufgestiegen, jeder für sich aber immer mit Blickkontakt. Sie haben Hip Hop für den Mainstream geöffnet und werden trotzdem auch in der Szene als Pioniere gefeiert. 1982, benannt nach dem gemeinsamen Geburtsjahr, ist deswegen eine stolze Bestandsaufnahme.
    Unterschiedliche Welten mit provinzieller Prägung
    Aber auch ein gemeinsamer Blick zurück in die Heimat mit der Casper und Marteria auch heute noch eng verbunden sind. Marteria ist noch in der DDR geboren, in Rostock und an der Ostsee großgeworden. Casper im Nirgendwo nahe Bielefeld. In unterschiedlichen Welten, aber laut Marteria mit ähnlicher provinzieller Prägung: "Mit deinen Kumpels abzuhängen, Fußball spielen, nach der Schule zusammen Zeit verbringen, das sind wichtige Gemeinsamkeiten aus denen Lebensfreundschaften entstehen."
    Die Nähe zu wichtigen Menschen - mal in gemeinsamer Euphorie, mal die gemeinsame Katerstimmung - das ist der rote Faden von 1982. Damit das nicht zu nostalgisch wird, gibt es das beklemmende und beste Lied "Willkommen in der Vorstadt". Die Kleinstadthölle als frustrierende Einbahnstraße. Hier wird das private auch mal politisch. Mit voller Absicht aber viel subtiler als auf den letzten Solo-Alben, darauf legt Marteria Wert: "Man muss zwischen den Zeilen gucken. In einem Song wie "Vorstadt", was da eigentlich so erzählt wird" - Einwurf Casper: "Der Unterbauch ist da für mich auch so" – Marteria weiter: "Genau: "Kommst aus der großen Stadt, gehst ganz klein wieder raus. Gesichter kalt wie Eis, nur die Augen leuchten blau. Diese Platte hat einen andern Vibe damit umzugehen."
    Viel über die DDR gelernt
    Was aber fehlt: Der Blick auf Gegensätze. Die sind immer nur bedingt durch den Fakt das Rostock geografisch weit weg von Bielefeld liegt, die verschiedenen Lebenswelten - Ost-West zum Beispiel - spielen keine Rolle. Dabei hat Casper im Rahmen der Aufnahmen viel über die DDR gelernt: "Klar habe ich in der Schule aufgepasst, wie war das System aufgebaut. Aber wie Leben im Alltag war, wie sich Bürger untereinander geholfen haben, das habe ich alles erst durch Gespräche mit Marten so richtig verstanden."
    Auch die Frage wie ihre Freundschaft entstanden ist, bleibt offen. Wie der parallele Aufstieg ihr Verhältnis geprägt hat. Ein gemeinsamer Dialog, eine Art Making-Of 1982, hätte dieses Album komplett gemacht. Aber auch mit diesem kleinen Makel ist es eine willkommene Zäsur für beide Diskografien. Kein Neuanfang für zwei Mitdreißiger, keine Ehrenrunde, eher ein gemeinsames Luftholen und Lockermachen.