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Das Album "Wake Up Now" von Nick Mulvey
Wenn David Bowie im Traum erscheint

Das zweite Album markiert eine wichtige Etappe in der Karriere des britischen Gitarristen und Sängers Nick Mulvey: Er öffnet sich und sucht den kreativen Austausch, etwa mit Brian Eno. Das Ergebnis: ein vielschichtiger, groovebasierter Sound mit einer immer persönlicher werdenden Klangfarbe.

Von Marlene Küster | 12.09.2017
    Nick Mulvey steht mit seiner Gitarre am 8. September auf der Bühne des "Bestival 2017" in Lulworth Castle
    Nick Mulveys zweites Album zeigt: Seine Musik hat sich konsequent weiterentwickelt (imago stock&people / David Jensen / EMPICS Entertainment)
    "Der Titel 'Wake Up Now' bringt eine politische Botschaft zum Ausdruck. In dieser derzeit extrem angespannten Situation ist es wichtig, über sich selbst und seine Haltung nachzudenken und sein Bewusstsein zu schärfen."
    "Wacht jetzt auf" - ein Appell des Gitarristen und Sängers Nick Mulvey auf seiner aktuellen Veröffentlichung "Wake Up Now". Im Song "Myela" lenkt der britische Künstler die Aufmerksamkeit auf das Schicksal von Flüchtlingen und hat sich dabei von realen Ereignissen inspirieren lassen: Da hat Ibrahim beispielsweise seine in Schutt und Asche liegende Heimat verlassen und sich auf den Weg durch das Bekaa-Gebirge im Libanon gemacht. Und die 21-jährige Sonda Jade aus dem Sudan, im vierten Monat schwanger, ist nach einer lebensgefährlichen Bootsfahrt übers Mittelmeer in Lampedusa gestrandet.
    "Wenn ich die Augen vor der Flüchtlingsproblematik verschließe, ist es so, als würde ich den Untergang auf einem sinkenden Schiff nicht wahrhaben wollen. Ich musste einfach darüber sprechen. Mir war es wichtig im Song 'Myela' dem Leiden eine positive, lebensbejahende Energie entgegenzusetzen. So sehe ich unsere Mission."
    "Wir gehören wie eine Familie zusammen"
    Nick Mulvey will den Flüchtlingen in diesen schwierigen Zeiten Mut und Hoffnung machen. Er hat sich für ihr Bleiberecht in der Solidaritätsaktion "Give A Home For Human Rights" engagiert. Dieses Mal präsentiert sich der britische Gitarrist unter neuen Vorzeichen: war sein letztes Album "First Mind" im Alleingang entstanden, hat er sich für die Realisation dieser Platte geöffnet.
    "Vom ersten Song an habe ich meine Freunde eingeladen, an allen Schaffensphasen des Albums mitzuwirken. Sie haben sich am Schreiben der Songs, an den Aufnahmen und jetzt auch als Band beteiligt. Wir gehören wie eine Familie zusammen."
    Familie spielt für Nick Mulvey eine wichtige Rolle. Seit zehn Monaten ist er stolzer Vater eines Sohns. Er hat sich seit seiner letzten Veröffentlichung nicht nur persönlich, sondern auch musikalisch enorm weiter entwickelt – hörbar im Song "Transform Your Game".
    "Ich habe in der letzten Zeit große Veränderungen erlebt. Das drückt 'Transform Your Game' aus. Der Song begann zuerst mit einer einfachen Melodie auf der Ukulele. Dabei gab mir Musiker und Produzent Brian Eno folgenden Ratschlag: 'Konzentriere dich auf einfache Akkorde, spiele sie etwas länger als erwartet oder spiele sie schnell und kurz. Es kommt auf das überraschende Moment an.' So habe ich dieses Rhythmusschema komponiert. Dann sagte mir David Bowie in einem Traum, ich solle diesen Akkord auf die ganzen Gitarrensaiten ausdehnen. Das hab ich gemacht und so nahm der Song Gestalt an."
    "Ich musste mich dem rohen Sound anpassen"
    Das Ergebnis: ein Song mit einem treibenden Groove und einer unglaublichen Energie. "Transform Your Game" ist das beste Beispiel dafür, dass ich mich von meinen Zwängen befreit und mal losgelassen habe, erklärt Nick Mulvey. Das sei für ihn ganz neu. Früher wollte er immer über seine Musik bestimmen und die Kontrolle darüber haben. Hier spielt Produzent Ethan Johns eine entscheidende Rolle.
    "Ethan hat mich wirklich herausgefordert. Er nahm mich zusammen mit der Band im selben Raum live auf. Ich musste mein perfektionistisches Denken aufgeben, mich der spontanen Arbeitsweise und dem rohen Sound anpassen."
    Auf "Wake Up Now" zeigt sich ein neuer Nick Mulvey - gelassen, offen, experimentierfreudig. Der kreative Austausch und die familiäre Gemeinschaft haben ihm gut getan und sein Selbstvertrauen gestärkt. Er hat seinen persönlichen Stil gefunden und sein Fingerpicking perfektioniert. Sein Sound hat sich konsequent weiterentwickelt und eine neue Tiefe bekommen.