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Das bisschen Haushalt

Raumfahrt. - Seit Herbst 2002 ist die internationale Raumstation ISS ständig bewohnt, doch wegen der Columbia-Katastrophe konnte bislang nur die Minimalbesetzung aufrechterhalten werden. Doch damit kann der wissenschaftliche Betrieb nur teilweise gefahren werden.

Von Guido Meyer | 27.11.2006
    Auch das All schützt vor Hausarbeit nicht. Weiß auch Ernst Messerschmidt, der an Bord eines US-Space Shuttles 1985 eine Woche lang die Erde umkreist hat, das Ganze im Rahmen der ersten deutschen Mission des Raumlabors Spacelab, kurz D1. In sieben Tagen machen Astronauten nicht viel schmutzig. Die Internationale Raumstation ISS hingegen wird seit sechs Jahren durchgehend bewohnt – und einmal pro Woche gründlich geputzt.

    "Und deswegen ist es nicht so einfach, zu trennen zwischen den reinen Hausmeister-Funktionen – darunter versteht man niederwertige Arbeiten, wie man so sagt, wie putzen, wie aufräumen, wie reparieren - aber das ist einfach unabdinglich. Die Station kann nur auf solche Weise funktionieren. Und dann gibt es halt den experimentellen Bereich."

    Der moderne Astronaut oder Kosmonaut von heute ist eben Mädchen für alles. An Bord der ISS rangiert die Haushaltsführung – was den Aufwand und die Arbeitszeit angeht - sogar vor der Wissenschaft. Gewaschen und gebügelt wird im All nicht – schmutzige Wäsche gilt als Abfall und kommt in eine Progress-Kapsel. Ist diese außer-irdische Waschtrommel voll, wird sie abgekoppelt und zum ultimativen Waschgang bei 1600 Grad zum Verglühen Richtung Erdatmosphäre geschickt.

    "Im Moment brauchen wir etwa zweieinhalb Personen, um die Raumstation überhaupt in Betrieb zu halten. Das bedeutet, wenn wir eine Crew von drei haben, dass im Prinzip nur eine halbe Person während dieser Zeitspanne für Wissenschaft zur Verfügung steht."

    Gerhard Thiele, der im Jahr 2000 ebenfalls mit einer amerikanischen Raumfähre die Erde umkreist hat. Derzeit halten ein Amerikaner, ein Russe und - für die europäische Weltraumagentur ESA - der Deutsche Thomas Reiter den Betrieb der ISS aufrecht. Womit sie denn auch fast den ganzen Tag zu tun haben. Ernst Messerschmidt:

    "Es geht nicht nur um die Crew-Zeit, sondern eigentlich auch um die Verfügbarkeit unseres Labors, des Columbus-Labors, das ja gegen Herbst nächsten Jahres gestartet wird. Dann haben wir erst unsere Anlagen für Materialforschung, für Kristallzüchtung, und dann geht es für uns richtig los. Alles vorher war im Grunde genommen so eine Art Notbetrieb, auch für die Wissenschaft. Das heißt, dann wird vor allem für die europäischen Astronauten die Hausmeister-Funktion zunehmend oder fast ausschließlich durch die Wissenschaft ergänzt."

    Je größer die ISS wird, desto mehr Astronauten wird sie verkraften können. Insbesondere auf Drängen Europas wird die Crew-Stärke verdoppelt werden, sobald die erhöhte Stromversorgung sichergestellt ist und weitere Module angedockt sind.

    "Es bleibt bei drei Astronauten, bis wir ein zusätzliches Lebenserhaltungssystem haben, das dauerhaft dann auch sechs Leute versorgen kann. Und wir brauchen vor allem dann auch noch ein Unterbringungsmodul, wo eben die drei zusätzlichen Astronauten dauerhaft dann schlafen und wohnen können. Das wird etwa so gegen 2009 sein."

    Wenn dies in drei Jahren im All sein wird, werden auch die internationalen Labore bereits angedockt sein, so dass eine vergrößerte Mannschaft nicht nur weiß, wo sie wohnen, sondern auch genug zu tun haben wird. Damit könnte die wissenschaftliche Arbeit an Bord der ISS dann endlich richtig beginnen. Gerhard Thiele:

    "Wenn wir auf sechs Crewleute hochgehen, dann haben wir statt einem halben Mann pro sechs Monate dreieinhalb pro sechs Monate, die Wissenschaft betreiben können. Das ist also nicht eine Verdopplung im Bereich der Wissenschaft, weil wir doppelt so viele Astronauten oben haben, sondern eine Versiebenfachung an wissenschaftlichem Output. Und deswegen ist diese Vergrößerung so entscheidend."