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"Das Bistum ist in einer ganz schwierigen Situation"

Der Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche" Christian Weisner sieht das Bistum Limburg in einer schwierigen Lage. Der Papst müsse jemanden schicken, der dort vermitteln könne, so Weisner. Dass zu den Kosten verschiedene Zahlen kursieren, sei unerträglich.

Christian Weisner im Gespräch mit Mario Dobovisek | 21.10.2013
    Mario Dobovisek: Mitgehört hat Christian Weisner, einer der Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche". Guten Morgen, Herr Weisner!

    Christian Weisner: Guten Morgen, Herr Dobovisek.

    Dobovisek: Nach einer Woche des Wartens in Rom wird Tebartz-van Elst heute also nun eine Audienz beim Papst bekommen. Was erwarten Sie von diesem Treffen?

    Weisner: Das ist wirklich ein sehr delikater Termin, der ja auch noch umgeben ist mit anderen Treffen, dass eben Kardinal Meisner aus Köln, der bisher lange und, glaube ich, zu lange die Hand über Tebartz-van Elst gehalten hat, sich zuletzt aber schon distanziert hat, dass auch der mit dem Papst sprechen wird. Es ist wirklich eine sehr delikate Situation, denn Papst Franziskus wird jetzt mit dem Wort Barmherzigkeit sehr verbunden sein. Aber ich denke, wir brauchen hier nicht nur Barmherzigkeit, sondern wir brauchen hier auch ein Rechtsverfahren. Am Ende, denke ich, sollte herauskommen, dass Bischof Tebartz-van Elst weiter Bischof bleibt, auf jeden Fall, aber dass er, denke ich, ganz dringend und ganz schnell vor allen Dingen auch, jemand an seine Seite gestellt bekommt, der im Augenblick auch wieder in dem Bistum das Vertrauen wieder aufbauen kann.(*Anmerkung der Redaktion) Denn bei allem Verständnis und Mitleid für die tragische Situation von Tebartz-van Elst, ich denke, wir müssen auch sehen: Das Bistum ist in einer ganz schwierigen Situation. Die Menschen, die in den letzten Jahren von Tebartz-van Elst abgesetzt worden sind, haben ja auch sehr gelitten. Also wir brauchen da im Grunde jemand, ich will mal fast sagen, wie einen Sanitäter, den der Papst möglichst schnell nach Limburg schicken sollte.

    Dobovisek: Kommen wir zurück zu dem praktischen Punkt, zu den Kirchenfinanzen. Sie haben den Herrn Generalvikar gehört. Was denken Sie, wenn Sie Argumente hören wie "Immobilien sind schwer zu bewerten", "die kirchliche Buchhaltung ist eine andere", "das braucht Zeit"?

    Weisner: Ja das macht mich irgendwie ärgerlich und traurig zugleich. Dabei ist das Bistum Rottenburg-Stuttgart, glaube ich, noch eines, was mit den Finanzen immer schon auch vorher, vor diesem Skandal, vergleichsweise transparent und auch mit Mitbestimmung umgegangen ist. Da ist noch gewissermaßen ein guter Generalvikar. Aber die Krisenkommunikation, die wir im Augenblick wieder erleben, diese Zerstückelung, und dass Zahlen in den Raum geworfen werden, das ist natürlich vollkommen unerträglich, und ich finde es manchmal besser, wenn hier in Rottenburg-Stuttgart gesagt wird, wir können im Augenblick nichts veröffentlichen, weil wir das nicht richtig klarstellen können. Aber es gibt natürlich auch noch andere Darstellungen. Wenn ich aus Paderborn lese, der bischöfliche Stuhl, das ist das Tafelsilber des Bischofs, das ist eine vollkommen falsche Einstellung. Oder wenn man aus dem Bistum Köln hört, ja eigentlich brauchen wir die Kirchensteuer gar nicht, wir können uns auch selber so finanzieren. Ich glaube, an diesem Fall wird exemplarisch noch mal das gesamte Finanzierungssystem der Katholischen Kirche auf den Prüfstand gestellt.

    Dobovisek: Wie kann und muss sich das verbessern?

    Weisner: Das muss sich verbessern. Aus der Erfahrung mit dem sexuellen Missbrauch vor dreieinhalb Jahren, da ist ja auch ein großer Vertrauensschaden entstanden und der ist immer noch nicht geklärt. Aus der Erfahrung von damals: Ich glaube, wir brauchen eine unabhängige Kommission, die erst mal auflistet, nach welchen Kriterien überhaupt die Haushalte aufgestellt werden sollten. Wir müssen wissen, wie viel Geld fließt von Deutschland nach Rom, der sogenannte Peterspfennig. Das ist natürlich auch eine euphemistische Bezeichnung. Da fehlt ja viel dazu. Und wir haben natürlich das große Problem – das ist nicht einfach, das dauert Jahre -, dass Kirche sich zwar als Gesamtes darstellt, aber natürlich aufgesplittet ist in viele Diözesen in Deutschland, aber auch in die Orden, in die Kirchenstiftungen. Aber wir kommen, glaube ich, nicht mehr da herum, diese Transparenz zu schaffen, wenn ein Küster noch am nächsten Sonntag den Klingelbeutel rumreichen will und auch Geld haben will.

    Dobovisek: …, sagt Christian Weisner von der Reformbewegung "Wir sind Kirche". Vielen Dank für das Gespräch.

    *Anmerkung der Onlineredaktion: Herr Weisner möchte klar stellen, dass er die Passage im folgenden Sinne gemeint hat: "Der Bischof müsse schnellstmöglich jemanden an die Seite gestellt bekommen, bis dann nach endgültiger Klärung der Papst über die Zukunft des Bischofs entscheiden kann. Diese Zukunft kann nach Ansicht Weisners nicht im Bistum Limburg liegen, da sei das Vertrauen zerstört."

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.