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Das Ende einer Vampirsaga

Banal, kitschig, reaktionär schimpften die Kritiker, ein vorwiegend junges und weibliches Publikum bescherte der "Twilight"-Vampirsaga trotzdem glänzende Zahlen. Doch diese Woche fällt mit dem fünften Teil endgültig der Vorhang - bis zum nächsten Morgengrauen.

Von Jörg Albrecht | 21.11.2012
    Es ist geschafft!

    "Hey Bella, du bist viel stärker als ich momentan. ... Ich liebe dich. ..."

    Aus und vorbei!

    " ... Ich liebe dich."

    Endgültig und unwiderruflich!

    "Ihr zwei seid wirklich ein tolles Paar."

    Wäre die Erleichterung über das Ende von "Twilight" ein Kriterium, das in die Bewertung eines Films mit einfließen würde - das Finale der Blutsauger-Seifenoper hätte sich einen Bonuspunkt redlich verdient. Das war's dann also mit dieser lachhaften Mär von der Reinheit der Liebe, die auf die Bevölkerungsgruppe mit den zwei X-Chromosomen eine so einzigartige Wirkung ausübt.

    "Gut gemacht, Bella! Für eine Neugeborene hattest du dich echt gut im Griff. ... Sie ist so zahm. ... Sie ist die Stärkste von uns allen."

    Eigentlich könnte Bella Swan - allein ihr Name lässt auf mangelnde Durchblutung im Gehirn der Autorin schließen - eigentlich könnte diese Bella, die sich in der Zwischenzeit in Ehefrau, Mutti und Vampir verwandelt hat, schon längst an der Seite von Blutsauger-Gemahl Edward die - Zitat Stephanie Meyer - "Reise in den kleinen, aber vollkommenen Teil ihrer Ewigkeit" angetreten haben. Doch nach geschlagenen 493 Minuten, die bereits auf vier Filme verteilt worden sind, steht ja noch die für Fantasyabenteuer obligatorische Entscheidungsschlacht ins Haus. Oder um es mit Goethe zu sagen: Getretener Quark wird breit, nicht stark.

    "Was ist los, Alice? - Die Volturi. Sie greifen uns an."

    Und siehe da: Am Ende wartet diese gähnend langweilige und blutleere, mies inszenierte und noch mieser gespielte Saga doch glatt mit einer Pointe auf. Diese einsame originelle Idee aber vermag "Twilight" auch nicht mehr zu retten.

    "Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht, Teil 2" von Bill Condon - Bis auf Nimmerwiedersehen!


    " Wir müssen uns trennen. Keiner weiß, dass wir zusammen gehören. ... Diese Idee gefällt mir nicht. ... Wir dürfen uns nicht trennen."

    Von den sterilen, weil künstlich verschneiten Bildern in "Twilight" in die spürbar eisige, weil echte Landschaft Michigans. In der spielt "Cold Blood", das Hollywood-Debüt des österreichischen Regisseurs Stefan Ruzowitzky, dessen Film "Die Fälscher" vor vier Jahren mit dem Oscar für die beste fremdsprachige Produktion ausgezeichnet worden ist.

    Ruzowitzky schickt Eric Bana und Olivia Wilde als Geschwisterpaar nach einem Casinoüberfall auf einen blutigen Trip durch den Norden der USA. Dabei interessiert den Regisseur nicht nur vordergründige Action, sondern auch das Seelenleben seiner Figuren. Die weiteren Akteure im Schneetreiben, dass auf einen westernähnlichen Showdown in einem Haus an der kanadischen Grenze zusteuert: Ein Sheriff und seine Tochter sowie ein Ex-Sträfling und dessen Eltern.

    "Cold Blood" ist ein gradliniger, spannender Actionthriller und genauso empfehlenswert wie der Horrortrip "Sinister" mit Ethan Hawke in der Rolle eines Schriftstellers, der mit seiner Familie ein neues Eigenheim mit blutiger Vergangenheit bezieht.

    "Bevor die Stevensons hergezogen sind, wohnten sie in dem Haus, in dem die Millers ermordet wurden. Großer Gott!"

    Ein unheimliches Haus, verstörendes Super-8-Material und ein Serienmörder. Das sind die Zutaten in einer - zugegeben - geradezu abenteuerlich anmutenden Geschichte. Doch so wackelig die Konstruktion auch sein mag - mit seiner Inszenierung sorgt Regisseur Scott Derrickson für Gänsehautmomente, wie es sie schon lange nicht mehr im Kino gegeben hat.


    Vom Mainstream aus Hollywood zum südamerikanischen Kino. "3 / Tres" hat der aus Uruguay stammende Regisseur Pablo Stoll seinen Film genannt. Drei Personen, die früher eine Einheit gebildet haben. Rodolfo, Graciela und Ana waren einmal eine Familie. Zehn Jahre nach ihrer Trennung sucht Rodolfo, der in der Midlife-Crisis steckt, wieder den Kontakt zu Graciela. Die aber hat ihren Ex-Ehemann endgültig abgeschlossen und ist dabei, sich gerade neu zu verlieben. Bleibt noch die pubertierende Tochter Ana, die mehr Spaß am Sex hat als an der Schule.

    "3 / Tres" ist eine ganz und gar unspektakuläre Geschichte. Ein Film, der sich auf die Beschreibung von manchmal etwas zähen Alltagssituationen beschränkt und den Zuschauer zum Beobachter macht. Hier wird nicht dramatisiert und nicht analysiert.

    "Ganz einfach hast du es auch nicht, was? Ich ein Loser, du ein Loser. Fett bist du auch. Und du kannst noch nicht mal quatschen. Ich denke mal, es läuft bei den Puppen genauso mies wie bei mir. ... Immerhin haben wir uns."

    Noch eine Dreierkonstellation. Eine wie es sie wohl nur im Film geben kann. Bomber, ein schnoddriger Berliner Kurierfahrer, trifft auf seiner Rückfahrt von Paris nach Berlin auf den dicken, stummen Bruno und die blinde, schwangere Europe.

    "Puppe, Icke & der Dicke" ist weniger stringentes Erzählkino. Vielmehr ist der lakonische Film ganz auf seine skurrilen Figuren zugeschnitten und die Situationen, in die sie stolpern. Felix Stienz, Regisseur ohne Filmhochschule, was direkt im Vorspann geradezu genüsslich betont wird, hat einen kleinen, sympathischen, gleichwohl seltsamen und etwas bemühten Film gedreht.

    "Puppe, Icke & Der Dicke" von Felix Stienz und "3 / Tres" von Pablo Stoll - beide akzeptabel!