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Das Ende für ISAR 1

Das Kernkraftwerk ISAR 1 ist der Senior unter den deutschen AKWs - seit 31 Jahren am Netz. Höchste Zeit, um über das Abschalten nachzudenken, sagen Kritiker wie Bayerns Grüne, die österreichischen Nachbarn, aber auch ansässige CSU-Vertreter. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen lehnt dies ab.

Von Susanne Lettenbauer | 27.07.2010
    "Ich würde es am liebsten sehen, wenn es abgeschaltet würde, wofür haben wir denn die Solartechnik und den ganzen Schmarrn jetzt gemacht? Aber es kommt wahrscheinlich nicht so."

    "Erst sagen sie abschalten, dann soll's verlängert werden, je nachdem welche Regierung wir haben, da will ich gar nichts mehr zu sagen, da bin ich sauer auf sowas."

    "Das Kernkraftwerk gehört abgeschaltet, weil es ein Gefahrenpotenzial ist."

    Aufregung in Landshut. Seit die CSU-Stadtratsfraktion eine Abschaltung des elf Kilometer entfernten Atomkraftwerkes ISAR 1 gefordert hat, schöpft die Bevölkerung wieder Hoffnung. Längst hat hier in Niederbayern die Energiewende begonnen. Auf den Dächern wurden die Solaranlagen installiert. Gabriele Goderbauer-Marchner, CSU-Stadträtin von Landshut, initiierte den Dringlichkeitsantrag mit, der die Landshuter Stadtratsfraktionen einstimmig von einer Resolution für Berlin überzeugen soll:

    "Es geht uns bei unserem Dringlichkeitsantrag auch darum, dass man eine Entscheidung, die auch von der Energiewirtschaft mitgetragen war, jetzt aufrecht erhält, zumal ISAR 1 jetzt in ein Alter gekommen ist, wo die Abschaltung auch okay ist."

    Die Stadt Landshut setzt seit einigen Jahren verstärkt auf erneuerbare Energien. Nach dem Vorstoß aus Landshut herrscht Verärgerung bei den Christsozialen im Bayerischen Landtag. Dass ausgerechnet die CSU-Stadtratsfraktion von Landshut eine Abschaltung von ISAR 1 fordert und sich sogar mit einer dringenden Resolution an die Bundesregierung wendet, verärgert den CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag Georg Schmidt. Er lässt sich den Unmut aber nicht anmerken:

    "Wenn vor Ort hier aus örtlicher Sicht eine andere Meinung vertreten wird, dann ist das hinzunehmen. Aber das Kernkraftwerk ISAR 1 ist ein sicheres Kraftwerk, entscheidend sind nicht irgendwelche Jahre, sondern die Sicherheit, da sollte man sich nichts anderes einreden lassen."

    Ludwig Hartmann, umweltpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion freut sich über den unerwarteten Rückhalt aus der Landshuter CSU. Dass sich jetzt die Parteien aus dem direkten Umfeld des ISAR-1-Kraftwerkes gegen eine Laufzeitverlängerung aussprechen, sei längst überfällig:

    "Im Jahr 2000 hat man gesagt, bis ungefähr 2020, 2022 geht der letzte Reaktor vom Netz, das ist eine verdammt lange Brücke, die man angeboten hat. Wenn jetzt die Betreiber die letzten zehn Jahre wenig investiert haben in anderen Bereichen – allen voran EOn- dann ist das eigentlich unternehmerisches Versagen. Die haben die Spielregeln gekannt. Es haben dafür x-andere investiert, wenn man durch Bayern fährt, die Solaranlagen sieht, die Bauern, die in Biomasseanlagen investiert haben - es entsteht ja überall was."

    Vor Ort im Informationszentrum des ISAR 1 hält Kraftwerksleiter Erwin Fischer dagegen. Die von den Grünen beauftragten Gutachter hätten sich die Sicherheitsmaßnahmen des Kraftwerk noch nie persönlich angeschaut:

    "Die besagten Gutachter, die Sie ansprechen, sind keine Gutachter, weil die ein Kraftwerk noch nicht von innen gesehen haben. Die waren bei uns noch nie vor Ort, trotz Einladung sind die hier nicht erschienen."

    Solange die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Strom nicht gewährleistet wird, kann ISAR 1 nicht vom Netz gehen, ist der Kraftwerksleiter überzeugt. Auch nach 31 Jahren Laufzeit traut Fischer seinem Kernkraftwerk noch weitere Jahrzehnte sicheren Betriebs zu:

    "Aus heutiger Sicht liegen keine Erkenntnisse vor, die dem widersprechen, eine kerntechnische Anlage auch bis zu 60 Jahren zunächst zu betreiben."

    Heute Abend sind die Mitglieder der CSU-Stadtratsfraktion aus Landshut zu einem Informationsgespräch ins Kraftwerk geladen, am Donnerstag erwartet die Kraftwerksleitung hochrangige Vertreter aus dem Land- und Bundestag.