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Das freie Uganda kommt nicht zur Ruhe

Ugandas Bürger feierten am 9. Oktober 1962 nach 70 Jahren Kolonialherrschaft ihre Unabhängigkeit. Menschenrechtsverletzungen, Militärputsche und Vetternwirtschaft sind seitdem Alltag.

Von Birgit Morgenrath | 09.10.2012
    Milton Obote, der neue Premier Ugandas schwört den Amtseid. Am 9. Oktober 1962 feiern die Menschen im Herzen Afrikas begeistert ihre Unabhängigkeit. Obote hatte seine politische Karriere in Kenia begonnen und später in Uganda mehrere Parteien gegründet, die im kolonialen Scheinparlament gegen die Kolonialherrschaft opponierten.

    Im Gefolge protestantischer Missionare und der kommerziellen Vorhut der "Imperial British African Company" hatte das britische Empire Uganda 1894 zum Protektorat erklärt.

    Fast 70 Jahre beherrschten die Kolonialherren die Bevölkerung nach dem bewährten Prinzip des "Teile und Herrsche". Buganda im Süden war wirtschaftlich am ergiebigsten für die Besatzer: Elfenbeinhandel, später Kaffee- und Baumwollanbau brachten Geld ein. Überdies hatte der nach Vorherrschaft strebende König von Buganda Missionare und Gouverneure mit offenen Armen empfangen.

    Also setzten die Kolonialherren Chiefs aus Buganda in nicht-bugandischem Gebiet ein, was den Gegensatz zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen verschärfte. Im wenig fruchtbaren Norden, den nilotische Gruppen besiedelten, hatten die Briten keine soziale Infrastruktur vorgefunden. Daher wurden die "Northerner" vernachlässigt und lediglich in Militär und Polizei rekrutiert.

    Doch ab den 20er-Jahren gründeten schwarze Ugander – Intellektuelle, Landbesitzer, Händler und Beamte – eigene Organisationen und forderten mehr Einfluss auf die Geschicke des Landes. Der Druck auf die britische Kolonialmacht wuchs. 1958 ließ sie erstmals direkte Wahlen zum Legislativrat zu und nach den Wahlen von 1962 wurde Milton Obote als Führer einer Koalition Regierungschef des Landes und führte es in die Unabhängigkeit. Aber Milton Obote erwies sich als unfähiger Premier und stürzte das Land ins Chaos. Ebenso sein Nachfolger, Armeechef Idi Amin, der sich 1971 an die Macht putschte.

    Der General, gebürtig aus dem Südsudan, war ein brutaler Schlächter, der in den 70er-Jahren 300 000 Oppositionelle kaltblütig ermorden ließ. 1980 kam nach manipulierten Wahlen erneut der Northerner Milton Obote an die Macht. Unter ihm wurden die Bewohner Bugandas aufs Schlimmste gefoltert, eine Million Menschen kam ums Leben. Auch im Krieg gegen die Guerilla von Obotes hartnäckigstem Gegner, Yoweri Museveni.

    Als der "Befreiungsheld" 1986 die Macht übernahm, schöpfte das Land Hoffnung. Der Westen feierte Yoweri Museveni als Vertreter der neuen, modernen Generation afrikanischer Anführer. Er beeindruckte mit seiner vorbildlichen AIDS-Politik, neo-liberaler Wirtschaftspolitik und mit seiner Freundschaft zu den USA. In den meisten Landesteilen kehrte Frieden ein. Doch der bekannte ugandische Politikwissenschaftler Mahmood Mamdani kritisiert:

    "Museveni schloss die Tür für die Politiker des Nordens. Seine Bewegung lehnte eine politische Lösung mit den Anführern des Volkes der Acholi ab, zum Beispiel mit dem Priester Joseph Kony."
    Der Oppositionspolitiker Ronald Okumu erinnert sich:

    "Präsident Museveni mochte die Acholi nicht, die [unter Obote] die Armee dominiert hatten. Als er die Macht übernahm, sagte er zu uns: 'Ich werde Euch Acholi wie Heuschrecken in eine Flasche einschließen. Ihr werdet Nahrung suchen, aber keine bekommen. Dann beginnt Ihr, euch gegenseitig aufzufressen.'"
    Seit mehr als 20 Jahren jagt die ugandische Armee die mittlerweile stark geschwächte Lord's Resistance Army Joseph Konys, eine der grausamsten Milizen Afrikas. 25 000 Kinder entführte sie bisher und richtete sie zu Soldaten ab. Doch auch die Politik Musevenis war von äußerster Brutalität gekennzeichnet gewesen: Auch er hatte in seinem Guerilla-Kampf gegen Obote Kindersoldaten rekrutiert. Viele Acholi ließ er in Lager umsiedeln, in denen Tausende an Hunger und Krankheiten starben.

    Jüngste Proteste gegen hohe Benzin- und Lebensmittelpreise wurden von Soldaten mit scharfer Munition niedergeschlagen. Korruption ist allgegenwärtig und die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Mit einer Mischung aus Repression und Klientelpolitik hält sich Museveni nach wie vor hartnäckig an der Macht.