Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Das Fußball-Projekt von Red Bull kommt nicht in Fahrt

Kann man sportlichen Erfolg erkaufen? Gerade im Fußball eine gern diskutierte Frage. Nach der TSG Hoffenheim hat der Getränkekonzern Red Bull vor drei Jahren ein ehrgeiziges Fußball-Projekt gestartet. Der neu gegründete Verein "Rasenballsport Leipzig" sollte von der Oberliga in die Bundesliga geführt werden. Aber das Projekt stockt.

Von Peer Vorderwühlbecke | 20.05.2012
    Das war ein richtig bitterer Saisonabschluss für den haushohen Meisterschaftsfavoriten RB Leipzig. Ausgerechnet beim Halleschen FC mussten die Leipziger am letzten Spieltag antre-ten – und zuschauen wie der Underdog aus Halle den Aufstieg feierte. Die eigenen Aufstiegs-hoffnungen hatten die Leipziger schon in der vergangenen Woche begraben müssen. Dafür ernteten sie Spott und Häme und im Halleschen Stadion auch noch Schmährufe der 13.000 Fans.

    "Scheiß Red Bull" das ist nach wie vor ein gängiger Fangesang in der Regionalliga Nord. Der Retortenverein aus Leipzig gilt den Fans der traditionsreichen Klubs als Feindbild und als Inbegriff von Kommerz im Fußball. Red Bull will mit seinem Fußball-Verein in die erste Li-ga, am besten in den europäischen Wettbewerb. Dafür wird geklotzt, nicht gekleckert. Der Regionalligist spielt im Leipziger WM-Stadion - Fassungsvermögen: Knapp 45 000 Zuschau-er. Das neue Trainingszentrum in Sichtweite des Stadions wird nach Bundesligaansprüchen errichtet: 30 Millionen Euro wird es am Ende kosten. Nur mit den Spielern ist es schwieriger. Zwar steht dem Viertligisten mit geschätzten sieben Millionen Euro ein Zweitliga Etat zur Verfügung. Geld alleine reicht aber nicht, offenbarte Trainer Pacult in der Winterpause.

    "Es ist ja nicht so einfach, Spieler in die vierte Liga zu holen. Auch wenn immer kolpor-tiert wird, Geld und, und, und, aber wenn ich mich bei den zwei anderen Vereinen umhöre, da wird auch nicht mit Rosinen gezahlt."

    Stimmt, in Halle und Kiel wird auch unter Vollprofi-Bedingungen gearbeitet – aber ein paar Rosinen mehr kann man aber in Leipzig auf jeden Fall verdienen. Jahresgehälter zwischen 200 und 300 tausend Euro wird an die Spitzenverdiener bezahlt. Das meiste davon als Grund-gehalt – mit leistungsbezogenen Verträgen lassen sich abgezockte Profis nicht in die vierte Liga locken. Die Spitzenverdiener haben sich in Leipzig leider nicht als Spitzen-Spieler er-wiesen. Was dem Team in der Saison gefehlt hat, war eine gesunde Hierarchie.
    Schuld daran ist möglicherweise Pacults Philosophie:

    "Es kann sich keiner seines Stammplatzes sicher sein."

    – Egal, wie er heißt, oder wie viel er verdient. Der Ansatz klingt nachvollziehbar, in der Pra-xis bedeutet das ein andauerndes Rotationsprinzip. Von der Stammformation über die Ersatz-bank bis hin zur Tribüne und dann wieder in die Stammformation - unter Peter Pacult ist das innerhalb von wenigen Wochen problemlos möglich. Die Beweggründe blieben häufig im Verborgenen. Der Österreicher gibt gerne den wortkargen Grantler. Über die Gründe für den diesjährigen Misserfolg spricht er auch nicht gerne. Die Pressekonferenz vor dem letzten Spiel hat er kurzerhand abgesagt und auch nach dem letzten Spieltag ignorierte Pacult alle In-terviewanfragen. Wie tief sein Frust sitzt wurde letzte Woche deutlich, als der mögliche Auf-stieg verspielt worden war: Ein Journalist fragte lediglich nach der Stimmung in der Kabine:

    "Also eine dümmere Frage gibt es jetzt nimmer mehr, oder? Entschuldigen Sie, dass ich das jetzt so sage, aber eine dümmere Frage kann man jetzt nicht stellen, als wie geht’s jetzt den Spielern."

    Der Frust bei Pacult ist verständlich – schließlich ist der dritte Platz ein enormer Rückschlag für das ehrgeizige – und teure - Fußballprojekt von Red Bull. Das Ziel heißt ja bekanntlich erste Bundesliga. Auf dem Weg dorthin war die ein oder andere Warteschleife einkalkuliert – aber gleich zwei Mal in der Regionalliga zu scheitern, dass war sicher nicht vorgesehen. Na-türlich waren alle Spieler enttäuscht, nach dem verpassten Aufstieg. Allen voran Daniel Frahn. Der 24jährige hat nämlich noch nie höher als vierte Liga gespielt, ist aber gerade Regi-onalliga Torschützenkönig geworden und trägt die Kapitänsbinde. Sein Vertrag läuft noch ein weiteres Jahr, deshalb wünscht er sich:

    ."Dass es im Großen und Ganzen so weitergeht, mit dem Trainerteam, mit der Geschäfts-führung, weil die haben ja auch immer Bedenken. Wenn es nicht so läuft, dann wird bei Red Bull ja auch schnell ausgetauscht. Von daher habe ich die Hoffnung, dass das alles so bleibt und wir dann im nächsten Jahr hoffentlich den Schritt in die dritte Liga machen."

    Auf dem Weg in diese dritte Liga hat der Retortenklub in den zurückliegenden drei Jahren reichlich personal benötigt: Drei Präsidenten, drei Trainer, drei Pressesprecher und drei Sportdirektoren. Und dutzende von Spielern. Wahrscheinlich braucht der Verein nicht mehr Geld, sondern Kontinuität und Geduld.