Freitag, 29. März 2024

Archiv


Das Grab des Herodes

Archäologie. - Herodes der Große war einer der schillerndsten und erfolgreichsten Herrscher der Antike - und einer der meistgehassten. Am Dienstag meldeten israelische Forscher, auf das Grab des Königs von Judäa gestoßen zu sein.

Monika Seynsche im Gespräch mit Wolfgang Zwickel | 08.05.2007
    Monika Seynsche: Herr Zwickel, sie sind Professor für Altes Testament und Biblische Archäologie an der Universität Mainz. Wie realistisch ist es, dass es sich wirklich um das Grab des Herodes handelt?

    Wolfgang Zwickel: Obwohl ich noch keine Bilde davon gesehen habe, sondern bisher nur die Pressemeldung der hebräischen Universität und die Meldung von Haaretz von gestern kenne, glaube ich, dass das sehr zuverlässig ist. Es gab heute morgen eine Pressekonferenz in Jerusalem an der hebräischen Universität, in der die Funde vorgestellt wurden, wo auch Fachleute da waren. Und einer der Kollegen, der also wirklich hoch sachkundig ist, war doch sehr beeindruckt davon. Es scheint also, im Gegensatz zu vielen anderen Meldungen, die wir in der letzten Zeit hatten - ich denke an das angebliche Jesusgrab, das am Karfreitag im Fernsehen gezeigt wurde - scheint dies doch eine sehr zuverlässige Sache zu sein. Das Grab wurde auch genau da gefunden, wo man es erwartet hat: nämlich in Herodium, das ist eine Anlage, die Herodes gebaut hat in der judäischen Wüste, etwa 15 Kilometer östlich von Bethlehem. Dort berichtet auch Josephus, dass Herodes dort bestattet wurde. Und es gab eigentlich nur noch eine einzige Stelle, wo man das Grab hat suchen können - alles andere wurde bisher ausgegraben. Und da hat man es nun auch gefunden, wenn auch der Sarkophag in einem total zerschmetterten Zustand gefunden wurde. Offensichtlich haben Gegner des Herodes 70 nach Christus vermutlich den Sarkophag zerstört.

    Seynsche: Was hat man denn noch gefunden?

    Zwickel: Bisher kann ich dazu nicht allzu viel sagen. Es geht im Wesentlichen immer um diesen Sarkophag und um einige andere kleine Funde, die aber alle noch nicht mit Bildern belegt sind. Das wird erst noch entsprechend herumgeschickt und bekannt gegeben werden. Das ist ein ganz aktuelle und neuer Fund, der gestern durch eine Pressemeldung bekannt wurde, sollte offensichtlich verheimlicht und erst heute auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben werden. Von daher kann ich über das Umfeld bisher gar nicht so viel sagen, was da sonst gefunden wurde.

    Seynsche: Wenn wir davon ausgehen, das es wirklich das Grab des Herodes ist, welche Bedeutung hätte das denn für die Forschung?

    Zwickel: Gut, die Bedeutung ist, dass wir sagen können, dass Herodes definitiv hier bestattet wurde. Es gibt eine ganze Reihe von Aufsätzen, wo das immer wieder diskutiert wurde, weil man eben diesen Bau, dieses Herodium größtenteils umgegraben hat und bislang das Grab nicht gefunden hat. Das war bislang immer heiß umstritten - stimmt die Angabe des Josephus? Es zeigt sich jetzt offensichtlich, dass sie zutreffend ist. Wir können damit auch ein Stück weit einen weiteren Blick von archäologischer Seite auf Herodes werfen. Nicht unbedingt von seinem Charakter her, aber doch die Art und Weise, wie er bestattet wurde in einem Sarkophag, wie er völlig unüblich offensichtlich ist. Wie gesagt, ich kenne bisher nur diese Texte. Aber es scheint so verziert zu sein wie Ossuar mit Rosetten auf der Außenseite, und damit bekommen wir einen neuen Eindruck von der Bestattungsweise von Königen in dieser Zeit. Wir haben sonst keine Königsgräber, die uns irgendwie Aufschluss über die Bestattung der absoluten Oberschicht in dieser Zeit berichten können.

    Seynsche: Der Sarkophag ist anscheinend mutwillig zerstört worden. Warum ist er zerstört worden?

    Zwickel: Herodes war nicht unbedingt ein beliebter Mensch. Er hat einen Großteil seiner Familie töten lassen, alle Leute, die ihm missliebig waren. Er hat mit harter Hand regiert. Der Kindermord von Bethlehem ist wahrscheinlich nur eine historische Legende, die nicht zutreffend ist. Aber es trifft ein Stück weit, dass Richtige, was hier beschrieben ist: die Härte, mit der er durchgegriffen hat gegen alle seine Feinde. Da ist es nicht verwunderlich, dass hier Leute, die Herodes hassten, als sie die Möglichkeit hatten - das dürfte im Rahmen der römischen Belagerung Judäas gewesen sein - diesen Sarkophag zerstört haben, um sich nachträglich viele Jahrzehnte später an diesem unbeliebten Mann zu rächen.