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Das große Brennen

Umwelt. - Zwar wurden viele der Brände, die Portugal in den vergangenen Wochen verwüsteten, vorsätzlich gelegt. Dennoch erörtern Experten, ob die Feuer normale Phänomene oder doch Anzeichen für den von Menschen verursachten Klimawandel sind.

Von Mirko Smiljanic | 05.09.2005
    So etwas hatte Margarida Oliveira aus Zentralportugal noch nicht erlebt. Riesige Rauchwolken verdunkelten den Himmel, als sich plötzlich eine Feuerwand mit hoher Geschwindigkeit auf ihr Dorf zu bewegte. Kiefern, Olivenbäume, Buschwerk – alles brannte lichterloh. "Dies ist das Ende der Welt", sagte sie, und die vielen Tausend Bewohner der Region konnten es nachempfinden. Selten hat Portugal Vergleichbares erlebt, selten waren die Bedingungen für Waldbrände aber auch so günstig wie in diesem Jahr.

    "Erst einmal ist Portugal ein riesiges Waldland, das ist hier relativ unbekannt, und wenn es viele Wälder gibt, viel Biomasse, dann ist einfach im Mittelmeerklima die Wahrscheinlichkeit einfach höher, dass es brennt, und in diesem Jahr gibt es eine große Trockenheit, das ist die größte seit 60 Jahren, und da haben wir schon zwei Randbedingungen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass es brennt."

    Was fehlt, sagt Christophe Neff, Feuerökologe am Institut für Geografie und Geoökologie der Universität Karlsruhe, ist nur noch ein brennendes Streichholz oder ein Blitz – und schon nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Wobei der Begriff "Katastrophe" sich auf das Leid und die Not der Menschen bezieht – für Flora und Fauna sind die Brände notwendig.

    "Man spricht ja auch davon, dass der Mittelmeerraum, also der geografisch-ökologische Mittelmeerraum, darum zählt ja auch Portugal dazu, eine Feuerlandschaft ist, und eigentlich ist das Feuer mit dem Menschen der aktive Gestalter der Mittelmeerlandschaft, also das Feuer gehört dazu und wenn man es ausschließen möchte, fährt man eigentlich geradezu in die Katastrophe."

    Und zwar aus zwei Gründen: Die Brände säubern die Wälder von abgestorbener Biomasse und schaffen so Platz für das Wachstum neuer Pflanzen. Werden Waldbrände über längere Zeit künstlich verhindert, sammelt sich so viel Biomasse an, dass es zu Großfeuern mit wirklich verheerenden Folgen kommt. Außerdem haben sich die meisten Mittelmeerpflanzen hervorragend an die regelmäßigen Waldbrände angepasst,…

    "…entweder als Reseeder, das heißt, ihre Samen keimen unter Hitze oder als Resprouter, dann kommt es zum Stockausschlag."

    Allerdings beobachten Forscher, dass die Zahl der Waldbrände im Mittelmeerraum kontinuierlich zunimmt. Die Ursache dafür vermuten manche im Klimawandel: Die durchschnittlichen Temperaturen steigen und damit steigt natürlich auch das Waldbrandrisiko. Christophe Neff von der Universität Karlsruhe sieht das anders. Für ihn liegen selbst die verheerenden Brände in Portugal im statistischen Rahmen.

    "Meine Meinung, ist, dass das nur das natürlich Rauschen ist, das gehört zum Mittelmeerklima, das ist hochvariabel, da gehören einfach große Trockenheiten dazu, das geht ein bisschen unter, da gehören auch Hitzewellen dazu, also ich würde das unter dem natürlichen Rauschen einordnen."

    Trotzdem überlegen Feuerökologen, zumindest die Großfeuer einzudämmen. Dazu müssen sie die brennbare Biomasse des Waldes gezielt reduzieren. Entweder durch eine extensive Bewirtschaftung des Waldes oder durch kontrolliert gelegte Waldbrände, mit denen etwa kleine Teile der französischen Pyrenäen regelmäßig gesäubert werden. Komplett herunter fahren lässt sich die Zahl der Waldbrände aber auch so nicht.

    "Einfach aus der Tatsache heraus, dass der Mensche sich aus der Fläche zurückzieht, immer mehr altes Kulturland verbuscht, das heißt, es gibt immer mehr Busch- und Waldfläche. Man hat immer so das Gefühl, dass immer mehr Wald verbrennt, aber das stimmt eigentlich nicht. Es gibt immer mehr Wald und deswegen gibt es immer mehr Waldbrände."

    Wobei der Klimawandel zwar nicht Auslöser der Waldbrände ist, allerdings als verstärkender Faktor eingeplant werden muss,…

    "…aber es wird auf jeden Fall auch ohne Klimawandel mehr Waldbrände geben, das ist eine Tatsache!"