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Das Internet - ein rechtsfreier Raum?

Während der Staat nach geeigneten Mitteln gegen die Verbreitung von Kinderpornografie oder die Verletzung des Urheberrechts im Internet sucht, sehen Netzaktivisten die Freiheit im Cyberspace bedroht.

Von Philip Banse | 21.08.2009
    Krogmann: "Und deshalb geht es in dieser kontroversen Debatte nicht nur um die Bekämpfung der Kinderpornografie, sondern es geht auch um eine grundsätzliche Frage. Es geht um die Debatte über die notwendigen Grenzen der Freiheit im Internet."

    Doermann: "Das stellt uns vor die ganz grundsätzliche Frage: Ist das Internet ein rechtsfreier Raum?"

    Vetter: "Der Satz, das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, unterstellt eigentlich etwas falsches, nämlich, dass das Internet derzeit ein rechtsfreier Raum ist."

    Hoeren: "Das Internet von seiner Wurzel her ist ein rechtsfreier Raum."

    Wieland: "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, das Internet ist aber auch kein bürgerrechtsfreier Raum."

    Statements anlässlich der Debatte über das Gesetz, das den Zugang zu Internetseiten mit dokumentiertem Kindesmissbrauch erschweren soll. Dieses heftig umstrittene Gesetz war der jüngste Anlass für eine Diskussion, die so alt ist, wie das Internet selbst: Welche Regeln sollen gelten im weltweiten Datennetz? In der Frühzeit des Internets waren jene Stimmen noch laut und dominant, die forderten, der Staat möge sich raushalten aus dem Datennetz. Anlässlich eines neuen Telekommunikations-Gesetzes formulierte der Musiker und Netzaktivist John Perry Barlow 1996 die "Unabhängigkeitserklärungen des Cyberspace":

    "Regierungen der industriellen Welt, Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft bitte ich Euch, Vertreter einer vergangenen Zeit: Lasst uns in Ruhe! Ihr seid bei uns nicht willkommen. Wo wir uns versammeln, besitzt Ihr keine Macht mehr."

    Mittlerweile ist das Netz nicht mehr nur bevölkert von ein paar Hackern, sondern erlebt seit Jahren eine Bevölkerungsexplosion. Heute sind in Deutschland zwei von drei Menschen ab 14 Jahren online. Das hat kürzlich eine repräsentative Umfrage von TNS-Infratest ergeben.

    Das Netz ist gewachsen. Aus einem überschaubaren Rechnerverbund, in dem jeder jeden kannte und simple Umgangsformen das Zusammenleben regelten, ist ein komplexer Sozialraum geworden, der so vielschichtig ist wie das analoge Leben. Der Cyberspace ist heute Zuhause für Milliarden Menschen, die dort einkaufen, Kontakte pflegen, Partner suchen, Geschäfte machen, betrügen, beleidigen und beichten.

    Kaum jemand – auch nicht die viel diskutierte Piraten-Partei - bezweifelt, dass dieser "Sozialraum Internet" Regeln braucht, also kein rechtsfreier Raum sein darf. Doch auch mit diesem kleinsten gemeinsamen Nenner bleiben viele Fragen offen:

    "Welche Regeln sollen gelten im Netz? Was darf der Staat im Internet? Was soll und muss der Staat auch dürfen? Und wo sind die Grenzen? Kann man überhaupt Gesetze aus der realen Welt eins zu eins auf das Internet übertragen? Oder ist das wegen der grenzenlosen und dezentralen Struktur gar nicht durchsetzbar? Aber was ist durchsetzbar und was ist verhältnismäßig?"

    Martina Krogman, Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, in der Debatte über das umstrittene "Zugangserschwerungsgesetz", jenes Gesetz von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, das vor Kinderporno-Webseiten ein Stoppschild stellt.

    "Ich habe auf diese Fragen auch keine abschließenden Antworten. Ich glaube nur, dass wir es versäumt haben, diese notwendige Debatte zu führen und dass dieses Versäumnis mit ein Grund dafür ist, dass es jetzt – wie die 'ZEIT' schreibt – zu einem Kulturkampf kommt."

    Ein Kulturkampf ums Internet? Unstrittig ist, es gibt widerstrebende Meinungen, unterschiedliche Positionen. Haben die einen vor allem Sicherheitsaspekte im Blick, warnen die anderen davor, das weltweite Netz durch - ihrer Ansicht nach – völlig überzogene Gesetze tot zu regulieren. Netzaktivisten fürchten gar um die Bürgerrechte. Und auch Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht in Düsseldorf und Autor des Lawblogs, einem der bekanntesten deutschen Weblogs zu Rechtsfragen, meint: An gesetzlichen Regelungen für das Netz mangele es nicht.

    "Meiner Meinung nach ist das Internet ebenso wenig ein rechtsfreier Raum wie der Rathausvorplatz in meiner Heimatstadt, die Autobahn oder das Büro, in dem ich arbeite. Es gibt genug Gesetze und Regeln, die das Internet ebenso umfassen wie unser wirkliches, also das analoge Leben."

    Die meisten Gesetze, so Anwalt Vetter, gelten dabei sowohl in der analogen wie in der digitalen Welt. Kaufen, verkaufen, Vertragsrecht, Jugendschutz und Persönlichkeitsschutz:

    "Auch hier gelten die ganz normalen Regeln aus dem Strafgesetzbuch, was den Ehrenschutz angeht. Also Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede, falsche Tatsachenbehauptungen sind im Internet durch das Strafgesetzbuch und die zivilrechtlichen Vorschriften ebenso untersagt, wie wenn ich sie im wirklichen Leben ausspreche. Es macht also keinen Unterschied, ob ich in einem Chatraum meinen Nachbarn als kleinen Gartenzwerg beleidige oder ob ich es ihm direkt über den Gartenzaun sage."

    Selbst Vertreter der Unterhaltungsindustrie, deren Produkte im Netz millionenfach illegal kopiert und getauscht werden, klagen selten über einen Mangel an Gesetzen. Christian Sprang, Justiziar beim Börsenverein des deutschen Buchhandels.

    "Nein, es ist teilweise in der Praxis ein rechtsfolgenfreier Raum, aber rechtsfrei ist der Raum sicherlich nicht und unsere Gesellschaft wäre auch nicht gut beraten, wenn sie den zum rechtsfreien Raum erklären würde."

    Das Internet als rechtsfolgenfreier Raum …, damit meint Justiziar Sprang, dass es durchaus genügend Gesetze gebe, sie aber nur zu selten angewendet würden.

    Dennoch gibt es Gesetze, die sich im Internet schwieriger durchsetzen lassen. Zum Beispiel: das Urheberrecht. Das Internet ist eine riesige Kopiermaschine. In Tauschbörsen, im Usenet und auf anderen Plattformen werden Dateien getauscht und befeuern eine neue Art der Kulturproduktion. Unter dem Tauschgut sind jedoch auch Millionen urheberrechtlich geschützter Werke: Fotos, Musik, Filme, Bücher. Die Unterhaltungsindustrie versucht seit Jahren geltendes Urheberrecht auch im Internet durchzusetzen – der Erfolg ist dabei so umstritten wie die Mittel.

    Die Musikindustrie etwa überwacht Internet-Tauschbörsen voll automatisiert und mit hohem Aufwand, um Zehntausende so genannte Raubkopierer abzumahnen. Pro Song fordert die Musikindustrie bis zu 10.000 Euro Schadenersatz. Jährlich verschickt die Unterhaltungsindustrie in Deutschland um die 200.000 Abmahnungen – so viele, dass viele Staatsanwaltschaften die Anzeigen nicht mehr bearbeiten, weil sie sonst zu nichts anderem mehr kämen. Noch drastischere Maßnahmen fordert die CDU. In ihrem Wahlprogramm steht: Wer Rechte verletzt, dem soll nach drei Warnungen der Internetzugang gesperrt werden. Dieser Netzentzug soll in Frankreich bereits im September Gesetz werden.

    Selbst führende Vertreter der Musikindustrie halten solche Internetsperren mittlerweile für unverhältnismäßig – wollen damit aber nicht zitiert werden. Die Musikindustrie bezweifelt sogar, dass sie mit Strafen und Repression das illegale Tauschen im Netz verhindern kann. Stefan Michalk, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Musikindustrie:

    "Ich glaube, dass wir da mit Sicherheit im Moment einen Kampf gegen Windmühlen kämpfen. Ich glaube ohnehin, dass man diese Problematik mit rechtlichen Mitteln nur teilweise lösen kann, das ist eher ein taktisches Instrument, was wir einsetzen, weil wir auf der einen Seite sehen, dass Musik heute intensiver denn je genutzt wird, und auf der anderen Seite sehen, dass den Plattenfirmen einfach in den letzten Jahren ungefähr 40 Prozent ihres Geschäfts weg gebrochen ist. Das nimmt natürlich nicht jeder so gern hin."

    Ein "Kampf gegen Windmühlen" als "taktisches Instrument". Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die der Unterhaltungsindustrie vorwerfen, das geltende Urheberrecht mit unverhältnismäßigen Mitteln durchsetzen zu wollen. Josh Wattles ist Professor für Urheberrecht an der Universität von Los Angeles und betrachtete das Urheberrecht von allen Seiten: Als Anwalt vertrat er Musiker, Hollywood-Studios und Tauschbörsen-Anbieter. Dem ZDF sagte Urheberrechts-Professor Wattles: Wenn heutzutage jedermann auf seinem Rechner Musik und Filme erstellen, mischen und veröffentlichen könne, dürfe man ihn nicht verklagen, sondern müsse das Gesetz ändern:

    "Das Urheberrecht ist für diese Medienrevolution nicht geschrieben worden, das war damals undenkbar. Man kann Jugendliche, die ihre Musik ihre Filme aus dem Netz laden, nicht als schreckliche Leute hinstellen. Wir müssen diskutieren, was mit kreativen Werken gemacht werden darf. Aber wir müssen das vor dem Hintergrund des neuen Umfeldes diskutieren mit so wenig Bezug zur Vergangenheit wie möglich. Wenn neue Technik Einzug hält, muss man die Gesetze anpassen."

    Urheberrechts-Experte Wattles sagt, veraltete Gesetze mit Repressionen durchzusetzen, sei nicht verhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist aber von zentraler Bedeutung für den Rechtsstaat. Dieses Prinzip soll verhindern, dass der Staat zu stark in Grundrechte eingreift. Jedes Gesetz muss angemessen sein, muss - zu Deutsch - mehr nutzen als schaden. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit sorgt etwa dafür, dass die Polizei nicht an jeder Ampel Alkoholkontrollen durchführt – obwohl Trunkenheit am Steuer viele Leben kostet. Kritiker monieren, dass dieser wichtige Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kaum mehr etwas gelte, wenn Gesetze für das Internet erlassen werden oder geltendes Recht im Internet durchgesetzt werden soll. Diese Gesetze würden regelmäßig zu stark in Grundrechte eingreifen, und dabei zu wenig bringen.

    Beispiel: das "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen". Dieses Gesetz soll verhindern, dass Surfer eine Website mit Kinderporno-Inhalten aufrufen. Stattdessen bekommt der Nutzer ein rotes Stoppschild zu sehen. Das soll Menschen abschrecken und Kinderpornographie bekämpfen. Ob dieses Gesetz allerdings seinen Zweck erfüllt, bezweifeln viele Experten – etwa der ehemalige Verfassungsrichter Wolfgang Hoffman-Riem:

    "Das Gesetz betrifft nur einen Teil der verfügbaren pornografischen Angebote, insofern kann es allenfalls teilweise geeignet sein. Es ist auch nur deshalb begrenzt geeignet, weil es leichte Umgehungsmöglichkeiten der Stoppschilder gibt. Nun ist ein Gesetz nicht deswegen verfassungswidrig, weil es nur teilweise geeignet ist. Dennoch muss man sich natürlich fragen, ob angesichts der Zweifel an der Wirksamkeit, letztlich nicht doch so etwas wie symbolische Gesetzgebung vorliegt."

    Einen weiteren Kritikpunkt führt Markus Beckedahl an, Internetaktivist und einer der bekanntesten deutschen Blogger. Er befürchtet, dass das Gesetz eine organisatorische- und technische Infrastruktur schafft, die leicht missbraucht werden könnte.

    "Man schafft eine Zensurinfrastruktur, die sehr leicht ausgedehnt werden kann auf alles, was man mal aus dem Internet raus bekommen möchte. Da gibt es ja lange Wartelisten: Die einen wollen Glücksspiele aus dem Internet raus haben, die anderen wollen Urheberrechtsvergehen aus dem Netz raus haben. Dieses Böse in der Welt ist auch in unserer Gesellschaft vorhanden, man geht aber auch nicht zu Politikern hin und sagt, na ja, wir müssen jetzt mal unbedingt zukünftig in alle Wohnungen rein gucken dürfen, vielleicht wird da ja was Kriminelles getan."

    Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen verteidigt ihr Vorhaben. Sie argumentiert hingegen:
    "Nur Freiheit kann nicht so weit gehen, dass die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Dann endet Freiheit. Also es muss Regeln des Miteinanderlebens auch in der virtuellen Welt geben."
    Bundesjustizministerin Brigitte Zypries weist darauf hin, dass viele Vergehen im Netz bereits heute strafbar seien und geahndet würden. Die SPD-Ministerin hat sich daher gegen Forderungen aus der Union nach verschärfter Kontrolle des Internets ausgesprochen. Wichtig sei vielmehr, eine grundsätzliche Debatte zu führen mit dem Ziel, eine Balance zwischen Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs und Sicherung der Privatsphäre hinzubekommen.

    Dieser Anforderung hielten viele Gesetze für das Internet jedoch nicht stand, monieren Kritiker. Eines der bekanntesten Beispiele: Die Vorratsdatenspeicherung. Das Gesetz schreibt vor, dass die Kommunikationsdaten eines jeden Bürgers gespeichert werden, sechs Monate lang: Wer hat wann mit dem telefoniert? Wer hat wann, wem zu welchem Thema eine Mail geschickt? Gerechtfertigt werden diese Eingriffe damit, Verbrechen besser aufklären und Terroranschläge verhindern zu können. Überzogen und unverhältnismäßig, wettert der Anwalt und Blogger Udo Vetter:

    "Wieso muss der Staat wissen, wann ich online gewesen bin, telefoniert habe oder E-Mails geschickt habe? Das ist natürlich etwas, was man im wirklichen Leben, in der analogen Welt nie akzeptieren würde. Das Internet wird dann als Lebensraum zunichte gemacht und die Freiheit geht letztlich vor die Hunde."

    Wieder wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die tiefen Eingriffe in Grundrechte durch die Vorratsdatenspeicherung gerechtfertigt sind. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001, seit der Staat verstärkt versucht, das Leben im Internet zu regeln, war es immer wieder das höchste deutsche Gericht, das überzogene Gesetze gestoppt oder zumindest zurecht gestutzt hat – oft weil – aus der Sicht der Richter - der Zweck die Mittel nicht heiligte.

    Und dennoch – auch mit all diesen Urteilen ist ein wesentliches Problem des Internets nicht gelöst, lässt sich doch wegen seiner speziellen Technik bestehendes Recht nur schwer durchsetzen:
    Das Netz ist weltumspannend und ignoriert weitgehend die Grenzen der Nationalstaaten, innerhalb derer unterschiedliche Gesetze gelten. Thomas Hoeren, Professor am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster:

    "Das heißt, dass wir im Internet im Grunde so eine Art Deterritorialisierung feststellen. Das heißt, es gibt keine territorialen Grenzen mehr, worauf Juristen ja leider setzen müssen, das heißt, wir haben Schlupflöcher, Rechtsoasen, eigenartige Staaten mit eigenartigen Verhältnissen, Clash of Cultures – all das kommt im Internet zusammen und macht uns als Juristen ziemlich viel Kopfzerbrechen."

    Viele Anbieter - vor allem urheberrechtlich geschützter Inhalte - reagieren auf diese Grenzenlosigkeit des Netzes, indem sie die Grenzen der Nationalstaaten im Cyberspace nachbauen. Mit moderner Technik lässt sich heute der Standort eines Internetnutzers sehr genau erfassen.

    Wenn die Anbieter jedoch maximale Verbreitung wollen, ist das heute nur schwer zu verhindern. Mit einem deutschen Internetzugang lässt sich Nazi-Propaganda aus den USA laden oder ein Hollywood-Hit aus der Ukraine. Diese Inhalte sind in den jeweiligen Ländern entweder nicht illegal oder werden toleriert. Wer illegale Inhalte im Netz bekämpfen will, hat zwei Möglichkeiten.

    Die erste wird gerade von vielen Staaten favorisiert und steht auch hinter dem deutschen Ansatz zur Bekämpfung der Kinderpornografie: Nicht die Inhalte werden aus dem Netz entfernt, sondern es wird lediglich der Zugang zu Filmen, Fotos und Texten erschwert. Deutschland stellt ein Stopp-Schild davor, die CDU und Frankreich wollen Surfer gleich ganz vom Netz abschneiden. Professor Thomas Hoeren:

    "Das Problem zeigt sich nur schnell wieder, das Problem des Internets als unreglementierbarer Raum, weil jede Form, auf der Access-Ebene, auf der Zugangsebene zu sperren, automatisch ineffizient ist."

    Denn all diese Zugangssperren lassen sich aufgrund der technischen Struktur des Internets umgehen – das bekommen chinesische Zensoren ebenso zu spüren wie die Mullahs im Iran. Das deutsche Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Netz hält Hoeren daher für wenig hilfreich. Der Professor für Medienrecht favorisiert einen zweiten Ansatz, um unerwünschte Inhalte im Netz zu bekämpfen: Die Dateien selbst müssten aus dem Netz genommen werden. Das jedoch sei heute nicht so einfach, sagt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar:

    "Ein Dienst, der nicht in Deutschland beheimatet ist und nicht mal seinen Sitz in Europa hat, sondern auf einem anderen Kontinent, den davon zu überzeugen, dass er sich an bestimmte Vorgaben des deutschen Telemediengesetzes zu halten hat, ist natürlich eine anspruchsvolle Aufgabe, um es vorsichtig auszudrücken."

    Deswegen müssten weltweit einheitliche Standards und Werte entwickelt werden, sagt Medienrechtler Thomas Hoeren:

    "Es muss Regeln geben, aber die müssen anders entwickelt werden, als durch Einzelgänge einzelner Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland bei Kinderpornografie. Sie müssen im Dialog der Nutzer, der Community entwickelt werden. Da müssen neue Internet-Gouvernance-Strukturen geschaffen werden, die nicht nur auf Nationalstaatlichkeit basieren."

    Die Bewohner des Netzes sollen sich also weltweit einigen darüber, was Recht ist im Netz. Einen Rahmen könnte die UNO stellen oder die ICANN, ein noch relativ unbekanntes Selbstregulierungsorgan des Internets. In diesen Foren würden – so schwebt es Thomas Hoeren vor - zunächst gemeinsame Regelungen entworfen, die dann von den Nationalstaaten in Gesetz gegossen werden könnten.

    "Das hat zum Beispiel sehr gut funktioniert im Bereich Computerstrafrecht. Da hatten wir den Europarat, der weit über die Grenzen der EU hinaus tätig ist, der es geschafft hat, einheitliche Regeln erstmal informeller Art zur Bekämpfung von Computerkriminalität zu etablieren, die in der Zwischenzeit von einzelnen Europaratsmitgliedern auch ratifiziert worden sind."