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"Das ist eine richtig große Krise"

Prof. Jochen Taupitz macht den Mangel an internen Kontrollen und fehlende staatliche Vorgaben für den aktuellen Transplantationsskandal verantwortlich. Allerdings warnt der stellvertretende Vorsitzender des Deutschen Ethikrates vor Schnellschüssen: Bevor nun das ganze System auf den Kopf gestellt würde, sollte zunächst die Aufarbeitung der Staatsanwaltschaften abgewartet werden.

Christian Floto sprach mit Jochen Taupitz | 07.08.2012
    Das deutsche System für Organtransplantationen ist offenbar anfällig für Manipulation. Da hat ein Mediziner erst in Regensburg und dann in Göttingen Laborwerte seiner Patienten gefälscht, damit sie auf der Warteliste einen günstigeren Platz erreichen.

    Bedenklich ist auch, was die Frankfurter Rundschau heute meldet: Viele Organe würden im beschleunigten Verfahren vermittelt. Der Hintergrund: Ist ein Organspender alt, oder litt an einer Tumor- oder Viruskrankheit, findet sich eventuell kein geeigneter Empfänger. Lehnen drei - beziehungsweise bei Nieren fünf Kliniken das Angebot aus medizinischen Gründen ab, können die Organe dann von der Klinik, in der sich der Spender befindet, selbst zugeteilt werden.

    Was als Ausnahmeregelung gedacht war, ist inzwischen häufige Praxis. Jede dritte Leber und beinahe jede zweite Bauchspeicheldrüse wird nach dem beschleunigten Verfahren verteilt – an der Warteliste vorbei.

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