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Daten sammeln für Behörden

Die Daten von Fluggästen sollen künftig automatisch an die Sicherheitsbehörden der jeweiligen EU-Länder übermittelt werden. Die Europäische Union legt dazu einen entsprechenden Entwurf vor. Was genau dieser bringen soll, erklärt Doris Simon im Interview.

Doris Simon im Gespräch mit Ursula Mense | 02.02.2011
    Ursula Mense: Die Terrorfahndung fordert offenbar immer neue Einschnitte für Bürger nach orwellscher Manier. Nachdem gestern bekannt wurde, dass SWIFT, das transatlantische Bankdatenabkommen, US-Terrorfahndern noch tiefere Einblicke in die Finanzen europäischer Bankkunden gibt als bislang bekannt, will heute auch die EU eine neue Regelung vorstellen, mit der Behörden leichter an Daten herankommen sollen. Es geht um Fluggastdaten, die gesammelt und weitergegeben werden sollen an Behörden des europäischen Start- und Landelandes. Auch bisher werden ja schon Daten registriert, Doris Simon in Brüssel. Was genau soll dieser neue Richtlinienentwurf denn bringen?

    Doris Simon: Die Europäische Kommission sagt in ihrem Vorschlag, die Bekämpfung von Terror und von Schwerverbrechen soll mithilfe dieser Datensammlung besser werden und damit eben auch die Sicherheit für Bürger. Zugleich soll dieser Entwurf einer Richtlinie verhindern, dass eines Tages in den 27 Mitgliedsländern 27 verschiedene Fluggastdatensysteme parallel nebeneinander bestehen, denn es gibt ja ein Land, Großbritannien, die so etwas bereits haben, und andere Länder, die das jetzt schon planen.

    Mense: Um welche Daten handelt es sich denn überhaupt und wer soll darauf zugreifen dürfen?

    Simon: Es sind Daten, die die Fluggesellschaften schon lange für ihre Zwecke erheben. Sie wissen, zum Beispiel auch wenn Sie in die USA fliegen, werden diese Daten auch in die USA gemeldet, ebenso nach Kanada und nach Australien. Das sind zum Beispiel Name, Anschrift, E-Mail-Adresse, Kreditkartennummer, aber auch zum Beispiel der Sitzplatz, den man im Flugzeug hat, oder die Anzahl der Koffer, die man eingecheckt hat. Zugreifen sollen auf diese Daten immer alle 27 Länder, aber in einem Verfahren, das nicht zentral verwaltet wird, sondern wenn Sie zum Beispiel von Köln aus nach Tunis fliegen, dann werden in Köln Ihre Fluggastdaten erfasst, das heißt, die Fluggesellschaft meldet die automatisch an die jeweilige Behörde in dem Land, in dem Fall in Deutschland weiter, die gucken sich das an, gleichen das ab, und wenn dabei irgendetwas Auffälliges ist, wird es von dort aus weitergegeben an die anderen 26 Behörden in den anderen Mitgliedsstaaten, das heißt ein dezentrales System.

    Mense: Denkt denn die EU auch daran, Auflagen mit der Nutzung zu verbinden?

    Simon: Angaben, die erkennen lassen, woher der Passagier kommt, ethnische Herkunft, welcher Religion er angehört und wo er politisch steht, die dürfen nicht gespeichert werden. Es gibt auch, was die Datenspeicherung angeht, genaue Vorgaben, und zwar dürfen die Daten 30 Tage lang bearbeitet werden, müssen dann anonymisiert werden und können anonymisiert fünf Jahre gespeichert werden und dürfen nur unter strengen Vorgaben, wenn überhaupt, wenn ein ganz klarer Terrorverdacht zum Beispiel vorliegt, auch wieder personalisiert werden.

    Mense: Und gibt es auch Kritik vonseiten der Länder?

    Simon: Eher anders herum. Wie ich anfangs schon sagte: Es gibt ein paar Länder, die das jetzt einführen wollen. Großbritannien hat es, Frankreich, Estland, Dänemark, aber auch die Niederlande finden ein solches System sinnvoll und gut. In Deutschland ist man traditionell bei Datenspeicherung im EU-Vergleich sehr viel zurückhaltender und im Europäischen Parlament haben sich bereits einige Kritiker, vor allem deutsche Abgeordnete, aller Fraktionen gemeldet und haben gesagt, Moment mal, wir haben in der EU doch das Gebot, dass man so wenig wie möglich Daten speichern soll, nutzen wir überhaupt alles, was wir bisher haben, aus. Es gibt ja auch diese Kritik zum Beispiel von einzelnen Landeskriminalämtern, was sollen wir jetzt mit diesen neuen Daten noch weiter und besser machen als bisher. Das heißt, das Meinungsbild ist eher so, dass in der Mehrzahl der Staaten man das eine gute Sache findet, aber wie gesagt in Deutschland doch sehr viel mehr Zurückhaltung sieht.

    Mense: Doris Simon über die Absichten der EU, neue Fluggastdaten zu sammeln und sie europäischen Behörden zur Verfügung zu stellen.