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Datenpanne bei Amazons Alexa
Per Kopfhörer in einer fremden Wohnung

Der Sprachassistent Alexa von Amazon schneidet Unterhaltungen mit Nutzern mit. Nun sind solche Sprachaufnahmen bei jemandem gelandet, den sie überhaupt nichts angingen. Ein Einzelfall, behauptet Amazon. Verbraucherschützer warnen hingegen, das könne jedem passieren.

Von Mischa Ehrhardt | 21.12.2018
    Der Amazon Echo Dot ist ein Lautsprecher, der auf den Namen "Alexa" hört und als Sprach-Schnittstelle zu Amazon-Produkten fungiert. Über den Amazon Echo Dot lassen sich Waren bestellen und Geräte im Haushalt steuern.
    Big Brother am Küchentisch? Ein Alexa-Kunde hat Sprachaufzeichnungen eines anderen Nutzers bekommen (picture alliance/dpa/Markus C. Hurek)
    "Alexa - wo sind meine Daten?"
    "Amazon speichert Deine Daten sicher in der Cloud."
    Amazon speichert eine ganze Menge Nutzerdaten auf seinen Servern - unter anderem auch solche Gesprächsmitschnitte zwischen der Sprachassistentin und dem Nutzer. Einer dieser Nutzer hatte von seinem Recht Gebrauch gemacht, von Amazon Auskunft zu bekommen, welche Daten über ihn gespeichert sind. Das ist möglich nach der neuen Datenschutzgrundverordnung. Er bekam seine Daten - und noch die eines anderen Nutzers. Und zwar die Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen dem fremden Nutzer in seinen vier Wänden und der Amazon-Sprachassistentin.
    Aufnahmen zahlreicher Geräte
    Den Vorfall meldete der Nutzer Amazon. Er bekam zunächst keine Antwort. Also spielte er die Mitschnitte der Computerzeitschrift c't zu.
    "Es war wirklich, muss ich ehrlich sagen, sehr unangenehm", sagt c't-Redakteur Holger Bleich, der die Mitschnitte genauer unter die Lupe nahm. "Sie können sich vorstellen, sie ziehen Kopfhörer auf und hören diese Daten ab und befinden sich plötzlich in einer fremden Wohnung. Es ging um mehrere Alexa-Aufzeichnungsgeräte, also mit Sicherheit ein Handy war noch dabei, dann waren es mindestens zwei Echos, dann war es zum Beispiel auch eine Fire TV Setup Box, das heißt ich wusste auch noch immer, was er guckt."
    Und nicht nur das: Informationen über den beruflichen Stand fanden sich ebenso wie musikalische und andere Vorlieben. Schließlich konnte Bleich über die Gesprächsmitschnitte den Nutzer eindeutig identifizieren:
    "Das war gar nicht schwer, also das hat nur ein paar Stunden gedauert. Es sind zum Beispiel Namen gefallen, dann wurde zum Beispiel nach dem Wetter an bestimmten Orten gefragt. Und dann fängt man halt an, ein bisschen rum zu googeln und findet dann entsprechende Facebook- und Twitter-Profile, die sich perfekt mit dem ergänzen, was man da vorher gehört hat. Da war ich mir schon sehr, sehr sicher, dass ich die Person gefunden habe und das hat sich dann, als ich sie kontaktiert habe auch Bestätigt. Und die war natürlich einigermaßen entsetzt."
    Unternehmen spricht von einem Einzelfall
    Amazon wurde über den Fall informiert. Das Unternehmen spricht von einem "unglücklich Fall", der die Folge eines menschlichen Fehlers und ein isolierter Einzelfall sei. Das Problem sei mittlerweile mit beiden beteiligten Kunden geklärt. Amazon arbeite an Maßnahmen zur Verbesserung seiner Prozesse.
    "Grundsätzlich ist es ja so: Fehler können passieren", meint Kai-Oliver Kruske von der Verbraucherzentrale Hessen. "Das Problem ist nur, dass es bei Amazon und Alexa eben auch ja relativ sensible Daten betrifft, weil es eben in die Privatsphäre und sogar in die Intimsphäre eingreifen kann. Und da wird es dann wirklich gefährlich für die Verbraucherinnen und Verbraucher."
    Deswegen rät der Verbraucherschützer, sich beim Nutzen solcher Sprachassistenzsysteme klar zu machen, was sie im Bezug auf persönliche Daten bedeuten: "Die Geräte haben nun mal Aufnahmefunktionen, die Geräte machen Aufnahmen von Ihnen. Und diese Aufnahmen können möglicherweise auch in falsche Hände geraten. Sei es jetzt durch ein Problem bei Amazon, sei es durch Missbrauch, weil Dritte sich in das System einklinken und Daten abgreifen."
    Hier gilt, wie auch sonst in der digitalen Welt: Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Und die vermeintlichen digitalen Intelligenzen sind bislang eben nur so zuverlässig, wie die Menschen, die sie verwalten und programmieren. Oder, Alexa?
    "Wie gut kennst Du Dich mit Datenschutz aus?"
    "Darauf habe ich leider keine Antwort."