Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Daueraufschwung
Staat erzielt Rekordüberschuss

Wegen der guten Konjunktur schreibt der Staat seit Jahren schwarze Zahlen: Sprudelnde Steuereinnahmen haben den öffentlichen Kassen jetzt im ersten Halbjahr einen noch höheren Überschuss beschert. Die Einnahmen übertreffen die Ausgaben um fast 50 Milliarden Euro.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 24.08.2018
    "Dieser Bundesregierung steht das Geld bis zum Hals"
    Staat erzielt Rekordüberschuss (picture-alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Höhere Löhne, eine historisch gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und sehr konsumfreudige Verbraucher – diese und andere Gründe bescheren dem Staat ein sattes Plus – und das auf allen Ebenen. Bund, Länder, Kommunen und die Sozialversicherungen erzielten von Januar bis Juni einen Überschuss von 48,1 Milliarden Euro:
    "Dieser Bundesregierung steht das Geld im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals", meint Christian Dürr. Angesichts der Zusatzeinnahmen – 19,1 Milliarden Euro sind es allein für den Bund – fordert der FDP-Fraktionsvize im Bundestag die Bürger stärker zu entlasten, am besten durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlages:
    "Der Soli muss komplett fallen. Das wäre jetzt die richtige Antwort, und ich glaube, die Menschen in Deutschland warten darauf, dass die Politik hier ihre Versprechen aus den 90er Jahren einlöst."
    SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs warnt hingegen vor übereilten Reaktionen, zumal das Geld ja nicht allein dem Bund zusteht:
    "Kommunen und Länder sind natürlich auch alle dabei. Zum anderen ist es so, dass das eine Halbjahresprognose ist. Das sind noch keine realen Haushaltszahlen, das kann sich zum Jahresende noch deutlich verschlechtern. Und im Moment würde ich da keine Forderungen draus ableiten."
    Bund der Steuerzahler fordert Entlastungen
    Schon 2017 hatten die öffentlichen Haushalte einen Finanzierungsüberschuss erreicht, dieses Jahr jedoch fällt er noch einmal knapp zwölf Milliarden Euro höher aus. Der Staat nahm im ersten Halbjahr 761,8 Milliarden Euro ein, gab aber nur 713,7 Milliarden Euro aus.
    "Die Zahlen beweisen, dass der Staat quasi durchaus gut finanziert ist, dass er mehr Geld zur Verfügung hat als er ausgibt. Und deswegen sollten jetzt auch schnell Entlastungen durchgeführt werden. Das hilft übrigens auch, um die Binnenkonjunktur zu stabilisieren und langfristig auch diese guten Steuereinnahmen für den Staat sichern", sagt Reiner Holznagel. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler wiederholt deshalb ebenfalls seinen Wunsch, den Soli abzuschaffen. Und Holznagel blickt auf das Thema, nämlich den Wohnungsmarkt:
    "Hier empfehle ich, dass der Staat die Rahmenbedingungen besser macht. Wenn Sie heute eine Wohnung bauen oder kaufen wollen, dann sind die Steuern und Abgaben dermaßen hoch, dass viele Familien das gar nicht mehr können."
    Mehr Geld für den Wohnungsbau sei grundsätzlich keine schlechte Idee, erwidert Johannes Kahrs, aber die Hürden sieht er woanders:
    "Wir haben das Problem, dass es uns zurzeit an genehmigungsreifen Wohnungen fehlt. Ich bin immer dafür, und das sind auch Einmal-Investitionen. Das ist eine gute Sache, aber dann würde ich mir einfach mal angucken, wie da Jahr am Ende abschließt."
    Mehr Geld für Verteidigung und Entwicklungshilfe?
    Da deutet sich schon an, dass es mit dem Koalitionspartner CDU/CSU noch schwierig werden könnte beim Geld. Die Unions-geführten Ministerien fordern schon seit Monaten mehr Geld unter anderem für Verteidigung, für Entwicklungshilfe… " und gleichzeitig die Schwarze Null. Wenn man so weitermacht, wird das langsam ein unlösbares Verfahren."
    Das Verteidigungsministerium bekomme ja den vorhandenen Etat nicht einmal ausgegeben, spottet der Sozialdemokrat – dann könne man das Geld besser ausgeben als für Verteidigung:
    "Da geht man jetzt Richtung 1,5 Prozent, und ehrlicherweise muss man sich immer mal angucken, was das heißt für die ganzen anderen sozialen Bereiche, aber das machen wir im Rahmen eines geordneten Haushaltsaufstellungsverfahrens auf der Grundlage gesicherter Zahlen."
    Und was ist mit den Kosten für den Klimawandel? Bundesumweltministerin Schulze, SPD, will 2019 ein Klimaschutzgesetz verabschieden:
    "Jedes einzelne Ministerium, das Verkehrsministerium, das Wirtschaftsministerium, das Landwirtschaftsministerium, die werden jeweils ihren Beitrag in diesem Gesetz liefern. Und wir werden das festschreiben, den Weg hin zu mehr Klimaneutralität. Und wer das dann nicht erfüllt, der wird das dann auch spüren. Denn dafür wird man dann zahlen müssen."
    Der Klimaschutz wird also Geld kosten. Bisher haben Schulzes Kabinettskollegen von Union und SPD diese Warnung aber ignoriert.