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Dauerausstellung
Museum feiert reiches jüdisches Leben

Gemeinsam mit Israels Präsidenten Reuven Rivlin hat der polnische Staatschef Bronislaw Komorowski die Dauerausstellung im Museum für Geschichte polnischer Juden in Warschau eröffnet. Das Museum feiert das Leben: Tausend Jahre jüdischer Kultur sollen nicht auf den Holocaust reduziert werden.

28.10.2014
    Der Innenbereich des Museums der Geschichte der polnischen Juden in Warschau, aufgenommen am 08.04.2013.
    Der Innenbereich des Museums der Geschichte der polnischen Juden in Warschau. (picture alliance / dpa / Eva Krafczyk)
    Die Hauptausstellung des Museums der polnischen Juden in Warschau würdigt die tausendjährige Geschichte und Kultur der einst größten jüdischen Diaspora: Der kulturelle Reichtum, die religiös-spirituelle Vielfalt, die politische und wirtschaftliche Rolle, die die jüdische Gemeinschaft in Polen spielte, steht im Mittelpunkt der Dauerstellung.
    "Ich hoffe, dass die nichtjüdischen Besucher die Leere begreifen, die die Deutschen mit dem Holocaust hinterlassen haben", sagte Marian Turski, einer der Initiatoren des Museumsprojekts und Auschwitz-Überlebender. "Und ich hoffe, dass die jungen Juden begreifen, dass sie nicht in ein Land voller Friedhöfe reisen, dass es ihre Vorfahren waren, die hier ein reiches Erbe hinterlassen haben."
    Kulturereignis des Jahres
    In Polen gilt die Eröffnung der Hauptausstellung durch die beiden Präsidenten Rivlin und Komorowski als das Kulturereignis des Jahres. Drei Tage lang wird mit Konzerten, Filmvorführungen und nächtlichen Museumsführungen gefeiert. Das Museum selbst öffnete bereits im März vergangenen Jahres am 70. Jahrestag des Warschauer Ghetto-Aufstands. Museumsdirektor Dariusz Stola geht davon aus, dass die Hauptausstellung mit acht Themengalerien jährlich eine halbe Million Besucher haben wird.
    Die ersten Ausstellungsabschnitte zeigen, dass jüdische Händler und Siedler von Anfang an in den mittelalterlichen Städten Polens eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben spielten. Um das jüdische Schtetl geht es in einem anderen Kapitel. Gemeint sind die vielen Städtchen, in denen Juden zwischen 30 und 70 Prozent der Bevölkerung ausmachten. Zu den prächtigsten Exponaten der Ausstellung gehört eine mit historischen Werkzeugen und Materialien nachgebaute Holzsynagoge.
    Diskriminierung, Zwangsarbeit, Ausgrenzung, Mord
    Düster wird es, sobald die Besucher die Galerie Zaglada (Vernichtung) betreten. Die Ausstellung ist vor allem in schwarz-weiß gehalten, wie die Bilder alter Wochenschauen und Zeitungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. "Wir wollen die Geschichte aus der Perspektive der damaligen Menschen zeigen, die nicht wussten, was am Ende stehen würde", sagt der Museumsdirektor. "Diskriminierung, Zwangsarbeit, Ausgrenzung. Bis schließlich Ghettomauern gebaut wurden und die Züge in die Vernichtungslager rollten."
    Das letzte Kapitel der Ausstellung zeigt den schwierigen Neuanfang nach dem Krieg, als sich viele polnische Juden auch angesichts antisemitischen Drucks im kommunistischen Polen die Frage stellten, ob sie noch eine Zukunft haben in dem Land, das tausend Jahre lang ihre Heimat war. "Antwortet, wo seid ihr alle?" steht auf einer Wandseite, die mit Suchkarten des Roten Kreuzes bedeckt ist - symbolisch für die oft vergebliche Suche der Holocaust-Überlebenden nach Familie, Freunden, Nachbarn. Bis zur letzten großen Emigrationswelle 1968 verließen etwa 90 Prozent der 300.000 polnischen Juden, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hatten, das Land.
    (tzi/sima)