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Dauerproblem EU-Finanzierung

Die Europäische Union steckt nicht nur in einer politischen sondern zu allem Überfluss auch in einer finanziellen Krise. Der ewige Streit ums Geld bestimmte zwei EU-Gipfel, auch wenn am Ende doch noch ein Kompromiss erzielt wurde. Doch das Problem bleibt: Wie kann die EU künftig finanziert werden. Der österreichische Bundeskanzler Schüssel schlägt jetzt eine stärkere Eigenfinanzierung vor, sprich eine EU-Steuer.

Von Alois Berger | 18.03.2006
    Nach dem letzten EU-Gipfel waren sich die 25 EU-Regierungschefs ausnahmsweise einig. "So können wir nicht mehr weitermachen," fasste die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen, die EU brauche eine andere Form der Finanzierung.

    Zwei volle EU-Gipfel lang haben die 25 Kanzler und Premierminister der EU im letzten Jahr ums Geld gestritten: Wieviele Milliarden jedes Land in den nächsten sieben Jahren nach Brüssel zahlen muss und wofür das Geld verwendet werden soll. Beim ersten Anlauf im Juni waren sie nach heftigem Streit ohne Ergebnis auseinandergegangen. Nach dem Scheitern der EU-Verfassung bei den Referenden in Frankreich und den Niederlanden stand die EU nun auch noch finanzpolitisch vor einem Trümmerhaufen. Erst im Dezember, nach weiteren zwei Tagen und zwei Nächten im Brüsseler Ministerratsgebäude, schafften die EU-Chefs einen Kompromiss.

    Doch um welchen Preis? Die Beziehungen einiger EU-Länder haben schwer gelitten. Der britische Premierminister Tony Blair hat für die Rettung seines Britenrabatts sämtlichen Kredit bei den mittel- und osteuropäischen Neumitgliedern verspielt, und auch der französische Staatspräsident Jacques Chirac hat für den Erhalt der Mutterkuhprämie ein paar Freunde verloren.

    Die Regierungschefs beauftragten deshalb die Europäische Kommission, sie solle Vorschläge ausarbeiten, wie die EU künftig zu finanzieren sei.

    Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel führt in diesem Halbjahr als Ratspräsident die Geschäfte der EU. Vor dem Europaparlament sagte Schüssel, welche Art der Finanzierung er sich vorstellt.

    "Wir stoßen hier an Grenzen, (...) Wenn wir so weitermachen, dass wir aus den nationalen Budgets die Mitgliedsbeiträge quasi herausoperieren müssen, dann werden wir diesmal das letzte Mal eine Finanzvorschau zusammengebracht haben. Ich sage hier ganz offen, was vielleicht nicht jeder gerne hört: Europa braucht eine stärkere Selbst- oder Eigenfinanzierung."

    Mit der stärkeren Eigenfinanzierung der EU hat der österreichische Ratspräsident nichts anderes gemeint, als eine EU-Steuer. Eine eigene Steuer für die Europäische Union, damit sie nicht länger auf die Beiträge der Mitgliedsländer angewiesen ist.

    Beim europäischen Steuerzahlerbund schrillen seitdem die Alarmglocken. Keine neue Steuerbelastung, warnt Walter Grupp vom Brüsseler Büro der Taxpayer Association of Europe. Wenn die EU erst einmal eine solche Steuer habe, dann werde sie nach aller Erfahrung ständig steigen und lasse sich nie wieder abschaffen.

    "In Deutschland gab’s ne Sektsteuer vor langer Zeit. Mit dieser Sektsteuer wurden damals im ersten Weltkrieg die Flotten finanziert. Die Flotten gibts nicht mehr, aber die Sektsteuer, die gibts nach wie vor. Es wäre allenfalls denkbar, wenn eine EU-Steuer käme, dass natürlich dann entsprechende Prozentpunkte bei der Mehrwertsteuer reduziert werden. Aber das wäre unrealistisch, deshalb sprechen wir uns ganz generell und ganz deutlich gegen diese Pläne aus. Wir wollen keine EU-Steuer."

    Steuern, das ist ein Reizwort, das alle Politiker gerne vermeiden würden. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hat noch vor fünf Jahren flammende Zeitungsartikel gegen eine Europäische Steuer geschrieben. Brüssel dürfe nie eigene Einnahmen bekommen. Das würde der Verschwendung Tür und Tor öffnen, schrieb Ferber damals. Doch der CSU-Abgeordente hat seine Meinung geändert:

    "Die EU, wie sie sich vor fünf Jahren dargestellt hat, hat auf eine Reihe von Fragen keine vernünftige Antworten gegeben. Wir hätten mit der Einführung einer EU-Steuer eine Perpetuierung falscher Politik bekommen. Ich glaube, dass wir jetzt in einen Diskussionsstatus gekommen sind, wo wir über Britenrabatt, über Agrarpolitik über die Sinnhaftigkeit der Strukturpolitik sehr viel offener miteinander reden können, und wenn man die EU auf politisch gesunde Füße stellen will, ihre Aufgabe in der Welt erfüllen lassen will, dann muss sie auch über stabile Einnahmen verfügen."

    Nicht nur der CSU-Abgeordnete Marcus Ferber, fast alle EU-Abgeordneten treten inzwischen für eine EU-Steuer ein. Selbst britische Tory-Abgeordente, deren Parteiführung offiziell gegen jede EU-Steuer wettert, räumen hinter vorgehaltener Hand ein, dass sie eine EU-Steuer für notwendig halten. Die Argumente sind dieselben wie des CSU-Abgeordenten Markus Ferber:

    "Die Europäische Union braucht eine dauerhafte und stabile Einnahmequelle. Darüber verfügen wir zur Zeit nicht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Gebühren oder Steuern. Gebühren kommen für die EU nur sehr eingeschränkt in Frage, deshalb halte ich eine EU-Steuer dauerhaft für unabdingbar. Es kann nicht sein, dass die Außenminister durch die Lande reisen und verkünden, wo Europa überall helfen soll und die Finanzminister dann kommen und sagen, dafür haben wir aber kein Geld zur Verfügung. Das muss gelöst werden, und dafür brauchen wir eine stabile, sichere Einnahmequelle."

    Lange Zeit hat sich die EU überwiegend aus den Zolleinnahmen finanziert. Alles, was in die EU eingeführt wurde, vor allem Agrarprodukte, musste verzollt werden. Dazu kam dann noch ein Anteil an der Mehrwertsteuer von einem Prozent, den die Mitgliedsländer nach Brüssel abführten. Bis Ende der achtziger Jahre reichte das, um fast alle Ausgaben der Europäischen Gemeinschaft zu bestreiten. Doch bald wurden die Zölle aufgrund internationaler Handelsverträge schrittweise reduziert, während die Ausgaben weiter stiegen.

    Heute machen die Zölle nur noch ein Zehntel des EU-Budgets aus und die Mehrwertsteuer knapp 25 Prozent. Fast zwei Drittel des EU-Haushalts kommen dagegen durch Beiträge der Mitgliedsländer zusammen. Diese Beiträge berechnen sich nach dem Bruttosozialprodukt. Theoretisch ist das die gerechteste Lösung. Je größer der Wohlstand eines Landes, desto höher ist der finanzielle Beitrag. Reiche Länder zahlen mehr, arme Länder zahlen weniger. Jedenfalls in der Theorie.

    In der Praxis jedoch ist das System längst aus den Fugen geraten. Hauptursache für die wachsende Schieflage der EU-Finanzierung sind die Folgen des Britenrabatts.

    Denn die Beitragsermäßigung, die die britische Premierministerin Margaret Thatcher 1984 erstritt, zog eine ganze Serie von Nachbesserungen und Ausgleichszahlungen nach sich. Rund fünf Milliarden Euro spart London jedes Jahr, die Kosten werden auf die anderen EU-Mitglieder verteilt.

    Doch das war nur der Anfang. Weil Deutschland ohnehin den größten Brocken des EU-Haushalts aufbringt, verlangte und bekam das größte Mitgliedsland einen Nachlass auf die Finanzierung des Britenrabatts, was dann bei den Niederländern zu Unmut führte, die ebenfalls weit mehr in die EU-Kasse einzahlen, als sie von Brüssel an Agrarsubventionen und Strukturhilfen zurückbekommen. Deshalb dürfen die Niederländer ein Viertel der Zölle behalten, die am Rotterdamer Hafen anfallen.

    Rotterdam ist der wichtigste Europäische Hafen. Der größte Teil aller europäischen Einfuhren kommt in Rotterdam an und wird dort verzollt. Es sind EU-Zölle, die nach Brüssel abgeführt werden müssten. Dass die Niederlande ein Viertel dieser Zölle behalten dürfen, bedeutet für die EU einen Verzicht auf fast eine Milliarde Euro.

    Das fanden dann wieder die ärmeren Länder ungerecht und erkämpften eine Erleichterung bei den Mehrwertsteuerabgaben. Was sofort neuen Neid weckte - und neue Absurditäten nach sich zog. Ralf Walter ist Vizepräsident des EU-Haushaltsausschusses:

    "Da hat man zwei Sonderregelungen eingeführt: einmal für besonders arme Staaten, weil die Mehrwertsteuer natürlich auf jeden täglichen Bedarf erhoben wird und jeder Mensch die zahlt und insofern wären arme Länder übermäßig beteiligt gewesen, obwohl sie nicht so große Vorteile vom Markt und der Wirtschaftskraft erreichen. Deshalb hat man denen eine Kappungsgrenze gegeben. Zum anderen hat man auch zusätzliche Kappungsgrenzen für die besonders Reichen eingebaut, damit deren Anteil an der Finanzierung ein Stück weit reduziert wird. Also eine Regel, die schon an mehreren Stellen durch Kappungsgrenzen und Sonderregelungen versehen ist, was das ganze undurchschaubar macht und deshalb müssen wir das System renovieren."

    Weil es bei der Finanzierung der EU längst mehr Ausnahmen als Regeln gibt, kämpft jede Regierung nur noch darum, möglichst wenig einzuzahlen und möglichst viel herauszubekommen. Und weil für das EU-Budget die Zustimmung aller Regierungen notwendig ist, wurden in der Vergangenheit so gut wie alle Wünsche erfüllt.

    Fast 50 verschiedene Beitragsnachlässe und Sonderzuschüsse haben die europäischen Regierungschefs beim letzten EU-Gipfel im Dezember bestätigt oder sogar neu beschlossen. Vom
    Fünf-Milliarden-schweren Britenrabatt bis zum 75-Millionen-Scheck für die bayerische Grenzlandförderung. Vom Zuschuss für französische Beschäftigungsgesellschaften bis zur Unterstützung von Madeira, weil es eine Insel ist. Die Begründung ist unwichtig, was zählt ist das Geld, weil die jeweilige Regierung dem Gesamtpaket sonst nicht zugestimmt hätte.

    Eine EU-Steuer würde diesem Kuhhandel ein Ende machen, glaubt die dänische Europaabgeordnete Anne Jensen. Europa könnte sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.

    "Der Vorteil wäre, dass die Dinge transparenter würden. Wenn Finanzminister über die EU-Ausgaben reden, dann haben sie immer diese "Ich will mein Geld zurück"-Attitüde. Das steckt denen im Rückgrat. Ich denke, wir könnten alle Diskussionen über Britenrabatt und alle anderen Sonderregelungen auf einen Schlag los werden. Das sind Vergünstigungen, die total lächerlich und gleichzeitig eine Art Religion geworden sind in einigen Mitgliedsstaaten. Das heißt, wir helfen den Finanzministern, wenn wir das System ändern."

    Anne Jensen ist Mitglied der dänischen Liberalen. Ihre Partei ist schon aus Prinzip strikt gegen jede neue Steuer. Sie versteht das, sagt die Europaabgeordnete Jensen, aber es gebe keinen anderen Weg.

    "Die Leute hassen Steuern und sie hassen die Idee, dass es verschiedene politische Ebenen gibt, die ihnen in die Tasche greifen können. Kommunen, Regionen, Staaten - und jetzt auch noch Europa. Ich denke, dass es deshalb sehr wichtig ist, die Menschen zu beruhigen, indem man sicherstellt, dass die Einnahmen der Europäischen Union nicht ausufern."

    Rund 100 Milliarden Euro kostet die Europäische Union derzeit. Umgerechnet auf jeden EU-Bürger sind das 20 Euro im Monat. So wie es aussieht, denkt die Mehrheit im Europaparlament nicht an eine neue Steuer, vielmehr soll eine bestehende Steuer umgewidmet werden. Martin Schulz, Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, schlägt dafür die Tabaksteuer vor, Ingo Friedrich von der CSU fände es besser, wenn die Energiesteuer künftig nicht mehr nach Berlin, sondern nach Brüssel fließen würde.

    Im Kern geht es fast allen Europaabgeordneten darum, dass die EU eigene Einnahmen haben soll, ohne dass den Bürgern dadurch neue Belastungen entstehen. Mit anderen Worten: Die 25 nationalen Regierungen sollten zugunsten der EU auf einen Teil ihrer Steuereinnahmen verzichten. Im Gegenzug bräuchten die EU-Mitgliedsländer keine Milliardenbeiträge mehr nach Brüssel zu überweisen.

    Aber das ist bisher nur im Europaparlament vorherrschende Meinung. In einigen nationalen Regierungen denkt man weiter und will für die EU neue Quellen erschließen. Der österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel, zum Beispiel, hofft, auf diesem Weg den eigenen Haushalt zu entlasten.

    "Es ist doch absurd, dass heute die kurzfristigen Finanzspekulationen vollkommen steuerfrei über die Bühne gehen. Es ist doch absurd, dass es Steuerlücken gibt, die den internationalen Verkehr, ob zu Schiff oder in der Luftfahrt praktisch überhaupt nicht besteuern. Da kann doch Europa nicht zuschauen, während auf der anderen Seite wichtige Aufgaben nicht finanziert werden können."

    Steuern auf Finanzspekulationen und auf Flugbenzin, das hört sich gut an, hat aber einen Haken: Die Chancen sind klein, dass sich solche Steuern jemals durchsetzen lassen.

    An der Flugsteuer haben sich die Finanzminister der EU schon vor ein paar Monaten die Zähne ausgebissen. Damals wollten sie die Entwicklungshilfe damit finanzieren. Das Projekt scheiterte daran, dass einige Regierungen, vor allem die britische, jede neue Steuer aus Prinzip ablehnen.

    Nicht besser sieht es für die Steuer auf Spekulationsgewinne aus. Selbst wenn man sie für richtig und wichtig hält, sollte man nicht die Finanzierung der ganzen Europäischen Union davon abhängig machen. Auf solch unsichere Einnahmen kann man nicht bauen, meint Karel Lannoo vom Zentrum für Politikstudien in Brüssel:

    "Es macht keinen Sinn, eine Steuer auf Spekulationsgewinne zu erheben, ganz einfach, weil sie so leicht zu umgehen ist. Wenn man eine solche Steuer in der EU erhebt, dann werden die Transaktionen eben in der Schweiz gemacht. Und die Schweiz, das wissen wir, wird eine solche Steuer ganz bestimmt nicht einführen."

    Für den Politikwissenschaftler Karel Lannoo zeigt die derzeitige Diskussion um die EU-Steuer vor allem die Unentschlossenheit der EU-Regierungen. Sie hätten zwar gerne die Probleme bei der Finanzierung der EU vom Hals. Doch wer über die Einnahmen bestimmt, der hat auch die Macht über die EU. Und diese Macht wollten die Regierungschefs nicht wirklich aus den Händen geben.

    Die dänische Europaabgeordnete Anne Jensen macht bei den Regierungschefs die alten Reflexe aus: Jeder sucht solche Einnahmen für die EU, für die sein Land am wenigsten aufkommen muss:

    "Die Leute kommen mit sehr eigenartigen Ideen an, hinter denen sich offensichtlich die Überzeugung verbirgt, dass überall eine Menge Geld herumliegen muss, das man nur aufheben müsste. Die spontane Reaktion auf Herrn Schüssels Idee war, dass die Leute in Großbritannien gesagt haben: Schaut hin, die Österreicher schlagen etwas vor, was sie nicht selbst betrifft, weil sie keinen großen Finanzplatz haben wie London City. Wir müssten das alles bezahlen. Da ist man sofort wieder bei den alten Auseinandersetzungen."

    Dabei ist ohnehin klar, dass nur eine Steuer in Frage kommt, die der EU gleichbleibende Einnahmen sichert und die Belastung fair auf alle Bürger verteilt. Tabak- und Energiesteuer scheiden schon deshalb aus. Britische Raucher zahlen auf Zigaretten fast viermal soviel Steuern wie beispielsweise Luxemburger. Zudem sollen Steuern auf Tabak oder Energie die Bürger anhalten, weniger zu rauchen und Energie zu sparen. Aber wenn die Bürger das dann irgendwann tun, hat die EU keine Einnahmen mehr. Die meisten Experten sind sich einig, dass es am sinnvollsten wäre, der EU einen festen Anteil an der Mehrwertsteuer zu geben. Das wäre auch aus psychologischen Gründen das Einfachste, meint Karel Lannoo vom Zentrum für Politikstudien:

    "Ich denke, es ist leichter, die Mehrwertsteuer zu nehmen. Wenn man einen Prozentsatz des Bruttoinlandsproduktes nimmt, wie das jetzt der Fall ist, dann haben die Regierungen den Eindruck, dass sie dieses Geld aufbringen müssen. Die Mehrwertsteuer dagegen basiert auf den wirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes. Das schafft den Eindruck, dass es nicht das Land ist, das den Beitrag für die EU aufbringt, sondern die wirtschaftlichen Akteure eines Landes."

    Die Größenordnung, um die es geht, liegt bei etwa drei Prozentpunkte der Mehrwertsteuer. Nationale Regierungen müssten auf diese drei Prozent verzichten und sie direkt an die EU nach Brüssel weiterleiten. Dafür würden sie ihre Beiträge zum EU-Budget einsparen.

    Das wäre die klarste und transparenteste Lösung. Kein Streit mehr um die Beiträge und auch das Europaparlament wüsste, wie viel Geld es ausgeben darf, vor allem aber: wo die finanziellen Grenzen sind. Bisher ist es so, dass das EU-Parlament stets mehr fordert als die Regierungen zugestehen wollen. Das EU-Budget ist in den letzten Jahren weit stärker gewachsen als die nationalen Haushalte.

    Doch auch einfache Lösungen sind in der EU nicht leicht durchzusetzen. Regierungen müssen sich erst an neue Ideen gewöhnen. Die Europäische Kommission, die Vorschläge für eine Reform des EU-Haushalts machen soll, spielt deshalb auf Zeit. Nicht nur die Einnahmen, auch die Ausgabenblöcke der EU müssten geprüft und überdacht werden, sagt die zuständige EU-Kommissarin Dalia Grybauskaite.

    Dahinter steht die Überzeugung in der EU-Kommission, dass mit dem derzeit regierenden Personal ohnehin keine ernsthafte Reform möglich ist. Der britische Premier Tony Blair blockiert die Steuerdiskussion, der französische Präsident Jacques Chirac die Reform der Agrarpolitik. Die beiden Reformen hängen eng zusammen.

    Doch Blair und Chirac stehen am Ende ihrer Laufbahn. In spätestens drei Jahren werden sie im Ruhestand sein. Bis dahin wird die EU-Kommission voraussichtlich keine grundlegenden Vorschläge für die Neuordnung des Haushaltes machen. Auch der österreichische Kanzler und amtierende EU-Ratspräsident Wolfgang Schüssel scheint es nicht mehr eilig zu haben. Auf dem Gipfel nächste Woche wird es vermutlich erst einmal um das aktuelle Budget gehen. Das Europaparlament fordert wie üblich mehr Geld. Die Regierungen sperren sich. Die EU-Steuer dürfte allenfalls am Rande eine Rolle spielen.

    Die Zeit drängt nicht. Die Finanzvorschau, auf die sich die 25 Regierungen im Dezember nach langem Ringen geeinigt haben, regelt die EU-Einnahmen bis 2013. Bis dahin zahlen die EU-Regierungen ihre Beiträge. Die jetzt diskutierte EU-Steuer ist für die Zeit danach. Europa hat lange Vorlaufzeiten.