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Dauerthema Atommüll
Streit um Sicherheit von Zwischenlagern

Die Endlager-Suche für hoch radioaktiven Atommüll wird mindestens noch Jahrzehnte dauern. Doch der Widerstand der Bevölkerung in Gemeinden rund um bestehende Zwischenlager wächst. Anderswo in Deutschland neue Zwischenlager zu bauen, lehnt der Chef des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit aber ab.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 12.04.2018
    Mitglieder des Beladeteams beobachten am 12.12.2015 auf dem Gelände des Atomkraftwerks Biblis (Hessen) das Absenken eines beladenen Castor-Behälters mit Hilfe des Krans am Hubgerüst von Block A. Als Vorbereitung für den geplanten Rückbau sind am stillgelegten Atomkraftwerk Biblis die ersten Brennelemente aus dem Block A ins benachbarte Standort-Zwischenlager gebracht worden.
    Als Vorbereitung für den geplanten Rückbau sind am stillgelegten Atomkraftwerk Biblis die ersten Brennelemente aus dem Block A ins benachbarte Standort-Zwischenlager gebracht worden. (dpa / RWE Power AG)
    Den Atommüll einfach verbuddeln, ihn ins Ausland verschiffen oder in den Weltraum schießen, das geht so nicht. Was flapsig klingt, meint Wolfram König ganz ernst. Wer glaube, dass das Thema nach dem deutschen Ausstiegsbeschluss beendet sei, der täuscht sich, sagt der Chef des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit. Denn die Endlager-Suche wird mindestens noch Jahrzehnte andauern:
    "In der Zwischenzeit brauchen wir die Gewährleistung, dass die hoch radioaktiven Abfälle dauerhaft bis zur Endlagerung sicher gelagert werden. Dass das ein sperriges Thema ist, ist nicht verwunderlich."
    Streit um Sicherheit der bestehenden Zwischenlager
    Dass König sich jetzt dennoch an die Öffentlichkeit wendet, hat einen konkreten Grund: Der Widerstand der Bevölkerung in den Gemeinden rund um die bestehenden Zwischenlager wächst:
    "Hier haben wir die Situation, dass die Standortgemeinden sagen, wenn die Kraftwerke abgeschaltet sind, möchten wir auch möglich schnell diese Lager geräumt haben."
    Doch diesen Forderungen hält das Bundesamt – als zuständige Genehmigungsbehörde – ein tief rotes Stoppschild entgegen. Bestehende Zwischenlager zu schließen und dafür anderswo in Deutschland neue zu bauen, lehnt Wolfram König ab. Erstens seien die bestehenden Zwischenlager sicher.
    Die Umweltschutzorganisation BUND widerspricht, aus ihrer Sicht gibt es Defizite etwa beim Schutz gegen Terroranschläge. Wolfram König hingegen nennt ein zweites Argument für die Nutzung der bestehenden Standorte: Jeder Neubau würde neue hochgefährliche Atommüll-Transporte über Straßen und Schienen bedeuten:
    "Das schnelle Räumen ohne Sicherheitsdefizite ist etwas, was nicht realistisch ist und wo es zwangsläufig zu erheblichen Enttäuschungen kommen muss."
    Verantwortung liegt bald beim Bund
    Spätestens, wenn die nächsten Castor-Behälter aus La Hague in Frankreich und Sellafield in Großbritannien nach Deutschland zurück rollen, wird die Debatte um die Zwischenlager neue Fahrt aufnehmen, davon ist König überzeugt. Deutschland hat sich zur Rücknahme der radioaktiven Abfälle aus den Wiederaufbereitungsanlagen im Ausland verpflichtet.
    Wann das sein wird, ist derzeit offen. Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" bietet der Energiekonzern RWE aber an, einen Teil der Abfälle im hessischen Biblis unterzubringen. Das Bundesamt für Entsorgungssicherheit prüft derzeit, ob Biblis dafür sicher genug ist. Weitere Risiko-Bewertungen laufen an den Zwischenlager-Standorten Isar, Philippsburg und Brokdorf. Nächstes Jahr dann geht die Verantwortung für die dezentralen Zwischenlager von den AKW-Betreibern auf den Bund über:
    "Dieses soll sicherstellen, dass eben dauerhaft bis zu einem Endlager auch die Sicherheiten gewährleistet sind und dass nicht zum Beispiel finanzielle Interessen und Kapitalinteressen Auswirkungen haben können auf die Sicherheitsfragen."
    Frühestens – und das sehen auch nur Optimisten so – könnte im Jahre 2031 ein Standort für ein Atommüll-Endlager gefunden sein. Mögliche Lagerstätten werden derzeit gesucht. Wegen ihrer Geologie sind als Standorte immer wieder die Bundesländer Niedersachsen, Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen im Gespräch.