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De-facto-Staaten
Das Schicksal von Ländern ohne internationale Anerkennung

Ob Taiwan, Kosovo oder Nordzypern - die Liste der Länder, die international nicht einheitlich als Staaten betrachtet werden, ist lang. Die Gründe für die fehlende Anerkennung sind unterschiedlich, die Folgen jedoch häufig ähnlich: keine Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen und diplomatische Isolation.

Von Antonia Märzhäuser | 20.09.2021
Blick auf Taipeh, die Hauptstadt eines Landes, das auch als „Taiwan“ bekannt ist – offiziell aber „Republik China“ heißt
Blick auf Taipeh, die Hauptstadt eines Landes, das auch als „Taiwan“ bekannt ist – offiziell aber „Republik China“ heißt ( picture alliance/dpa | Yan Zhihong)
"Good Morning, good afternoon, good evening, Your Excellencies…."
Ende Mai dieses Jahres: 194 Staaten lassen ihre Vertreter an der Weltgesundheitsversammlung teilnehmen, dem höchsten Entscheidungsorgan der Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO. Angesichts der Corona-Pandemie ein wichtiges Treffen. Taiwan darf keinen Vertreter schicken – das Land gehört nicht zu den Mitgliedstaaten. Pünktlich zum Start der Versammlung setzt Taiwans Außenministerium einen Tweet ab.
"There is a cloud over Taiwan. The country is shut out of #WHA74 and can’t fully contribute to achieving #Healthforall. The world and our 23 Million people deserve better."
"Der Himmel über Taiwan verdüstert sich. Das Land ist von der 74. Weltgesundheitsversammlung ausgeschlossen und kann zum Thema "Gesundheit für alle" nichts beitragen. Die Welt und unsere 23 Millionen Einwohner verdienen etwas Besseres."

Taiwan - zwischen 2009 und 2016 immerhin Beobachterstatus

Darunter ein Foto der Hauptstadt Taipeh – die Skyline unter grauem, wolkenverhangenen Himmel. Seit 1997 bewirbt sich Taiwan Jahr für Jahr um eine Teilnahme an dem wichtigen WHO-Treffen. Zwischen 2009 und 2016 wurde dem Land immerhin Beobachterstatus gewährt. Doch die Vollmitgliedschaft auch in der WHO wird von China blockiert. Das änderte sich auch nicht angesichts des weltweiten Gesundheitsnotstandes während der Corona-Pandemie, obwohl Taiwans Umgang mit dem Virus international viel beachtet wurde. Die internationale Isolation von Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern begann 1971. Damals verlor die Republik China, wie Taiwan offiziell heißt, die alleinige chinesische Vertretung bei den Vereinten Nationen an die Volksrepublik China. Die Folge: Taiwan war nun kein Mitglied mehr bei den Vereinten Nationen. Peking verfolgt die sogenannte Ein-China-Politik, derzufolge das gesamte chinesische Festland mit Hongkong und Macao und eben auch der Inselstaat Taiwan zur Volksrepublik gehören. Die allermeisten Länder der Welt akzeptieren diese Prämisse und erkennen Taiwan nicht als souveränen Staat an, das gilt auch für Deutschland. Das Auswärtige Amt schreibt auf seiner Internetseite:
"Die Bundesrepublik Deutschland unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Taiwan und Deutschland sind füreinander wichtige Wertepartner, die durch enge und substantielle wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Beziehungen verbunden sind."
Eine Insel und ihr großes Dilemma
Taiwan ist eine selbstregierte, demokratische Insel. Aber die Volksrepublik China betrachtet sie als ihr Gebiet, droht bei formeller Unabhängigkeit mit militärischen Schritten. Trotzdem drängt die selbstbewusste Jugend auf nationale Selbstbestimmung.

"Ich heiße auf Chinesisch Shieh Jhy-Wey. Chinesisch weil wir in Taiwan auch Chinesisch sprechen. In Deutschland bin ich ein Diplomat in Anführungszeichen."
Jhy-Wey Shieh ist der Repräsentant Taiwans in Deutschland. Der Einfachheit halber bezeichnet er sich manchmal selbst als Botschafter, aber eben: Botschafter in Anführungszeichen. Das Auswärtige Amt spricht von inoffiziellen Vertretungen Taiwans in Deutschland. Das entspricht dem Willen Chinas. Im Juli dieses Jahres etwa erklärte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums:
"China lehnt jeglichen offiziellen Austausch und die gegenseitige Einrichtung sogenannter "Repräsentanzen" zwischen Taiwan und Ländern mit diplomatischen Beziehungen zu China entschieden ab."

Unterschied zwischen vollständiger und partieller Nicht-Anerkennung

Die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen, offizielle diplomatische Kontakte und Staatsbesuche, gegenseitige Botschafter: All das sind Symbole staatlicher Anerkennung. Taiwan ist eines von vielen Ländern, die international nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Die Liste dieser Länder ist lang – allerdings ist es auch eine Liste großer Unterschiede. So gibt es etwa Staaten, die nur von einzelnen Ländern nicht anerkannt werden, aber dennoch Mitglieder der Vereinten Nationen und damit auch Teil der Internationalen Gemeinschaft sind. Dazu zählen etwa Israel oder auch Südkorea. Die Auswirkungen einer solchen partiellen Nicht-Anerkennung sind gering und machen sich lediglich auf der bilateralen Ebene bemerkbar.
Anders ist es bei Staaten oder staatsähnlichen Gebilden, die nicht Mitglied der UN sind und von mehreren oder keinem einzigen UN-Staat anerkannt werden. Dazu zählen neben Taiwan zum Beispiel Somaliland, Nordzypern, das Kosovo oder auch postsowjetische De-facto-Staaten wie die Republik Arzach, Südossetien und Transnistrien. Solche De-facto-Staaten, also staatsähnliche Gebilde, denen aber die internationale Anerkennung weitgehend verweigert wird, sind das Forschungsthema von James Ker-Lindsay, Politikwissenschaftler an der London School of Economics.
Warnschild aus Südossetien: die Markierung einer völkerrechtswidrigen Grenze
Warnschild aus Südossetien: die Markierung einer völkerrechtswidrigen Grenze (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth / Thomas Franke)
"Lange Zeit war es absolut klar und unumstritten, welches Territorium ein Staat ist und welches nicht. Dann kam das Ende des Kalten Krieges, die Sowjetunion brach zusammen und das ließ eine Reihe von diesen neuen de-facto-Staaten auf die internationale Bühne treten."

Die vier Voraussetzungen staatlicher Souveränität


Aber welche Kriterien müssen überhaupt erfüllt sein, damit ein Staat als Staat gilt? Dafür wird auch heute noch die Konvention von Montevideo herangezogen: Dieser Vertrag wurde 1933 von 16 Süd-, Mittel-, und Nordamerikanischen Staaten ausgehandelt und er definiert vier Voraussetzungen staatlicher Souveränität: erstens eine permanente Bevölkerung, zweitens ein definiertes Staatsgebiet, drittens eine Regierung und viertens die Fähigkeit, mit anderen Staaten in Beziehung zu treten.
Allerdings sind diese Kriterien kein international bindendes Regelwerk. Für die politische Praxis bedeutet das: Die Entscheidung, einen Staat anzuerkennen oder eben nicht, obliegt der jeweiligen Regierung. Und die Faktoren für oder gegen eine Anerkennung sind meist politische. Es kann darum gehen, Konflikte in einer Region nicht weiter anzuheizen oder die Beziehungen zu einem dritten Staat, von dem sich ein Land beispielsweise abspalten will, nicht zu gefährden. Manchmal gibt es auch innenpolitische Gründe, weil regionale Autonomiebestrebungen im eigenen Land nicht gestärkt werden sollen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kosovo, das von den meisten EU-Ländern als eigenständiger Staat anerkannt wird, während fünf EU-Staaten das Land nicht anerkennen. Dazu gehört Spanien, das mit einer Anerkennung des Kosovos wohl fürchten würde, den katalanischen Separatisten im eigenen Land Auftrieb zu geben. Generell gilt: Die Frage der Anerkennung kann nur bilateral, also zwischen zwei Staaten, erfolgen. Trotzdem kommt den Vereinten Nationen bei der Frage nach internationaler Anerkennung eine zentrale Rolle zu, erklärt Politikwissenschaftler James Ker-Lindsay:
"Die Idee ist, wenn ein Land Mitglied der UN wird, wird es universell anerkannt. Das ist der Goldstandard: Jedes aufstrebende Land will Mitglied der Vereinten Nationen werden. Das hat eine symbolische Kraft, aber auch viele praktische Gründe, denn dazu gehören ja viele nachgeordnete Organisationen."
Allerdings ist die Eintrittshürde für eine Aufnahme in die internationale Staatengemeinschaft hoch. In der über 70-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen wurden neue Staatsgründungen von der internationalen Gemeinschaft meistens verurteilt, wenn sie eine einseitige Abspaltung vom Ursprungsland darstellten. Lediglich Bangladesch wurde nach der Abspaltung von Pakistan in den 70er-Jahren von der UN aufgenommen. Doch nicht alle De-facto-Staaten bemühen sich überhaupt um eine internationale Anerkennung. So geben sich selbsternannte Staaten wie die Republik Abchasien, die unter dem starken Einfluss Russlands steht, mit der selbst erklärten Unabhängigkeit zufrieden. Ähnlich ist es bei Nordzypern und dessen enger Bindung an die Türkei. Andere Länder streben eine Aufnahme in die internationale Gemeinschaft aktiv an.
Alltag auf den Straßes von Hargeisa
Alltag auf den Straßes von Hargeisa - der De-Facto-Haupstadt von Somaliland. (SIMON MAINA / AFP)
"Somaliland ist dafür ein gutes Beispiel. Es will unabhängig sein und ist sehr daran interessiert, diese Anerkennung auch zu bekommen. Genauso ist es mit dem Kosovo."

Obwohl das Kosovo nach seiner Unabhängigkeitserklärung 2008 von mittlerweile 117 UNO-Mitgliedsstaaten anerkannt wurde, ist eine Aufnahme in die Vereinten Nationen unwahrscheinlich. Der Grund dafür sind Russland und China, zwei Verbündete Serbiens, wie Majda Ruge vom European Council on Foreign Relations erklärt:
"Das ist natürlich sehr wichtig, weil sie permanente Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats sind und als Folge dessen blockieren die ja die Mitgliedschaft in der UNO für Kosovo. Das heißt es fehlt Kosovo nicht nur die bilaterale Anerkennung von diesen Einzelstaaten. Aber es fehlt Kosovo auch diese multilaterale Anerkennung, die sich durch die Mitgliedschaft in der UNO materialisiert."

Folgen für nicht-anerkannte Staaten

Wenn ein Staat nicht international anerkannt und auch kein Mitglied der Vereinten Nationen ist, kann sich das auch im Alltag der betroffenen Bevölkerung niederschlagen. So wird beispielsweise der Zugang zu Diensten wie grenzüberschreitenden Postzustellungen und Geldüberweisungen erschwert. Das Kosovo hatte lange Zeit kein eigenes Postsystem für Paketzustellungen aus dem Ausland. Die Zustellung wurde von der albanischen Post übernommen, was kompliziert und teuer war. Ähnliches gilt für Geldüberweisungen. Mit großer Verspätung wurde das Kosovo an das internationale Swift System angeschlossen. Zuvor liefen internationale Überweisungen nur über zwischengeschaltete Banken.
Bleibt einem Land der Zugang zur internationalen Staatengemeinschaft verwehrt, werden bilaterale Beziehungen umso wichtiger. Die Diplomatie findet dann oft auf Umwegen statt: Staatsbesuche und Botschaften gibt es nicht, vielleicht aber einen lebhaften Handel oder Zusammenarbeit in Kultur und Wissenschaft. Manchmal entstehen im diplomatischen Kontakt mit nicht-anerkannten Staaten allerdings absurde Situationen, erzählt James Ker-Lindsay anhand eines Beispiels zwischen Griechenland und dem Kosovo.
"Vor einigen Jahren hat der griechische Außenminister seinen kosovarischen Kollegen nach Athen eingeladen. Wenn wir über De-facto-Staaten sprechen, dann gibt es eine Person, die man tunlichst nicht treffen sollte, weil das als Zeichen der Anerkennung gewertet würde: und das ist der Außenminister. Denn nur Staaten haben Außenminister, nicht Territorien."
Griechenland empfing also den Außenminister eines Landes, das es gar nicht anerkennt. Möglich war das, weil ein kleiner Satz den Unterschied markierte:
"Die griechische Seite sagt zu Beginn der Pressekonferenz: "Ich heiße den kosovarischen Außenminister willkommen, aber bestätige, dass wir Kosovo nicht anerkennen." Das war‘s. Das war Beweis genug, dass Griechenland das Kosovo nicht anerkennt, und trotzdem Treffen mit hochrangigen kosovarischen Ministern abhalten kann, um alle möglichen politischen Fragen zu diskutieren. Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie viel Spielraum es im Umgang miteinander gibt."
Im Fall von Taiwan wäre ein solches Treffen mit der Bundesrepublik auf Ministerebene nicht möglich, es gibt konkrete Regeln, die das verbieten. Dazu gehört, dass auf den obersten staatlichen Ebenen keine offiziellen Kontakte stattfinden dürfen, vom Bundespräsidenten über das Kanzleramt, Außen- und Verteidigungsministerium bis zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Deutschland ist in Taiwan dennoch vielfältig vertreten. Politisch mit dem Deutschen Institut Taipeh, einer De-facto-Botschaft. Außerdem sind mehr als 300 deutsche Firmen in Taiwan tätig und es gibt zahlreiche Partnerschaften zwischen taiwanischen und deutschen Universitäten. Ähnlich verhält es sich auf EU Ebene. Die EU ist der größte Investor in Taiwan. Eine stärkere Bindung Taiwans an die EU wäre umso wichtiger, sagt Zsuzsa Anna Ferenczy, Fellow bei der Taiwanischen Denkfabrik NextGen und langjährige Politik-Beraterin im Europäischen Parlament:
"Wir sprechen hier von ökonomischen Interessen. Die Mitgliedsstaaten und auch die Europäische Union als Ganzes müssen verstehen, dass es um ihre eigenen Interessen geht. Es ist im Interesse der EU sicherzustellen, dass Taiwan eine sichtbarere Rolle in dem internationalen Gefüge einer Post-Pandemie Weltordnung einnimmt."
Länder am Rande der Legitimität
Manche Staaten sind so entrückt, dass sie auf keiner Karte zu finden sind. Sie wurden entweder nie anerkannt oder in Kriegen erobert. Der Geograf Nick Middelton setzt sich in seinem Buch "Atlas der Länder, die es nicht gibt" mit ihrem Schicksal auseinander.
Taiwan mag diplomatisch isoliert sein, dennoch ist es dem Land gelungen, Kontakte und Handelsbeziehungen zu pflegen und auszubauen. Hilfreich war dabei eine Strategie, die in der Diplomatie in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat, die sogenannte "City Diplomacy". Cathryn Clüver Ashbrook, Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik:
"Taiwan hat da in den letzten Jahren sehr interessant agiert und sich nicht unbedingt als Land, sondern vor allem mit seiner Hauptstadt positioniert, so dass dort, wo Beziehungen wirtschaftlicher oder soziokultureller Art aufgebaut werden sollten zu anderen Ländern dann eher mit der Hauptstadt im Titel oder im Namen gearbeitet wurde anstatt mit Taiwan an sich."
Welche Konsequenzen ein Abweichen von diesem Pfad haben kann, wurde im Juli dieses Jahres deutlich, als Litauen erklärte, dass in der Hauptstadt Vilnius die erste diplomatische Taiwan-Vertretung öffnen wird, die den Namen Taiwan auch offiziell im Namen trägt und nicht wie in den anderen europäischen Hauptstädten üblich nur "Taipeh Vertretung" heißt. Die Reaktion Chinas folgte prompt: Peking zog seinen Botschafter aus Litauen ab. Es bleibt die Frage: Warum überhaupt Beziehungen mit teil-, oder nicht-anerkannten Staaten vertiefen, wenn darin so viel diplomatisches Konfliktpotential steckt? Gerade im Fall der postsowjetischen De-facto-Staaten seien stabile Beziehungen wichtig, sagt James Ker-Lindsay, schließlich gehe es darum, einem Land wie Russland hier nicht allein die Einflusssphäre zu überlassen.
"Wenn man versuchen will, einer wie auch immer gearteten politischen Lösung den Weg zu ebnen, muss man sich mit den Staaten beschäftigen, damit diese Türen offen bleiben und sie nicht noch abhängiger von ihrer Schutzmacht werden. Und dann muss man die Interaktion so zuschneiden, dass sie zu den spezifischen Umständen passt."
Die Ausgangslage im Fall von Taiwan ist eine völlig andere. Dennoch geht es wohl auch hier darum, Chinas expansive Politik nicht einfach hinzunehmen. Reinhard Bütikofer ist Europaabgeordneter für die Grünen und Mitglied im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments. Dort unterstützt Bütikofer die Strategie, die Kontakte zwischen EU und Taiwan zu stärken:
"Was uns dabei sehr stark motiviert ist der Eindruck, dass von Seiten Pekings die Drohungen gegenüber Taiwan immer stärker geworden sind. Auf den verschiedensten Ebenen. Wir haben genug erlebt, wie China im Falle des Südchinesischen Meeres, im Falle von Hongkong mit einer Salamitaktik Stück für Stück die Realitäten geändert hat und das wollen wir nicht, dass das gegenüber der Taiwanesischen Demokratie auch stattfindet."

Übergeordnete geopolitische Faktoren

Cathryn Clüver Ashbrook, Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, betont, dass es auch beim Kosovo um übergeordnete geopolitische Faktoren gehe. Vor allem um Stabilität für die gesamte Region. Die Frage nach der Anerkennung komme erst danach.
"Es geht immer darum abzuschätzen, in einer Interessenlage oder Gemengelage von Interessen, welche Interessen dann die Leitfunktion vorgeben und im Sinne des Kosovo ist es schon so, dass die Europäische Union, auch wenn es dann in der Nuancierung für einzelne Länder schwierig werden würde, Kosovo als Staat diplomatisch anzuerkennen. Trägt doch das gemeinsame Interesse was die 27 eint, nämlich das Umland der EU so stabil und sicher zu behalten und es vor der Einflussnahme von Russland und anderen Kräften zu schützen."
So sehr sich die nicht oder nur teilweise anerkannten Staaten in ihrer Geschichte und Gegenwart voneinander unterscheiden, so verschieden ist auch der politische Umgang mit ihnen. Es gibt kein diplomatisches Patentrezept, keinen diplomatischen Werkzeugkasten, der sich pauschal anwenden ließe. Und somit ist der Prozess im Umgang miteinander auf dem internationalen diplomatischen Parkett ein ständiges Austarieren. Jhy-Wey Shieh, Taiwans inoffizieller Vertreter in Deutschland, findet dafür in einem deutschen Sprichwort Hoffnung:
"Eile mit Weile. Es gibt diese graduelle Entwicklung und das heißt, wir erwarten, dass Gleichgesinnte in der Lage sind, sich in unsere Schuhe zu versetzen. Aber das gleiche müssen wir auch mit denen machen. Wir müssen die Grenzen erkennen, sonst machen wir uns unbeliebt und das muss ein Diplomat auch berücksichtigen."