Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

De Maizière zum DOSB
"Diese ganze Atmosphäre muss enden"

Der Chef der DOSB-Ethikkommission, Thomas de Maizière, fordert im Dlf einen kulturellen Wandel im Deutschen Olympischen Sportbund. Es gebe "Verbesserungsbedarf auf allen Seiten", bei den Problemen im Verband gehe es nicht nur um das Präsidium oder den Präsidenten.

Thomas De Maizière im Gespräch mit Marina Schweizer | 13.06.2021
Thomas de Maizière
Thomas de Maizière (imago/ZUMA Press)
Nach Klagen aus der Belegschaft über die Führungskultur im Verband hatte die Ethikkommission um de Maizière zu Beginn der Woche einen Untersuchungsbericht veröffentlicht. In den Augen des Ethikchefs braucht der Olympische Dachverband Veränderungen in der Verbandskultur: "Da geht es um wechselseitiges Vertrauen, da geht es um Selbstbespiegelung, die wir übertrieben finden und das betrifft viele im DOSB und nicht allein Herrn Hörmann oder das Präsidium". Insbesondere Verbandspräsident Alfons Hörmann und sein Führungsstil waren in einem Brief angeprangert worden, unterzeichnet mit "DOSB Mitarbeiter*innen".
"Diese ganze Atmosphäre muss enden und dazu braucht man einen Prozess und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen", so de Maizière, der bereits der für den Sport zuständige Bundesinnenminister war. Dazu werde man auch nach einer möglichen Wahl Zeit brauchen. "Zu glauben, dass rund um eine Person das Thema dann gelöst wäre, der verkennt die Tiefe des Problems", so de Maizière.
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), bei der offiziellen Präsentation der Outfits für die deutsche Olympia- und Paralympics-Mannschaft
DOSB-Ethikkommission rät zu Vertrauensfrage - Chance für einen Neuanfang
Die Ethik-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) empfiehlt der in die Kritik geratenen Verbandsspitze, die Vertrauensfrage zu stellen. Damit hat sie Kritikern, aber auch der amtierenden Führungsriege Möglichkeiten des Handelns auf dem Silbertablett serviert, meint Andrea Schültke.
Alle Beteiligten müssten sich jetzt überlegen, was verändert werden könne, nicht nur das Präsidium. "Es geht um einen Prozess, dass man aufhört, schlecht über andere zu reden – wer und worüber auch immer und da müssen sich ganz viele an die eigene Nase fassen." Dieser Prozess müsse jetzt beginnen.

Vertrauensfrage ohne Neuwahl

Auf die Frage, ob der deutsche Sport für das steht, wofür er wirbt: Integrität, Fairplay, Professionalität, sagte de Maizière unter anderem: man habe sich auch mit dem Thema Klima, Kultur, Führungskultur, Zusammenarbeit beschäftigt "und da ist Verbesserungsbedarf auf allen Seiten".
Eine vorgezogene Vertrauensfrage des DOSB-Präsidiums nach den Olympischen Spielen, wie sie nun der DOSB angekündigt hat, sieht de Maizière nicht als problematisch an. Obwohl seine Kommission der DOSB-Verbandsspitze dies in einem Untersuchungsbericht zur Führungskultur des Sportdachverbands verbunden mit einer Neuwahl für Dezember vorgeschlagen hatte.
Weikert spricht ernst in ein Mikrofon und gestikuliert.
Welt-Tischtennis-Präsident Weikert zum DOSB - "Ein Prozent Misstrauen ist hundert Prozent Misstrauen"
Thomas Weikert, der Präsident des Welt-Tischtennis-Verbandes, sieht beim DOSB externen Aufklärungsbedarf. Das Vertrauen der Mitarbeiter nach innen sei möglicherweise nicht mehr da. Als möglichen Nachfolger an der Spitze des Verbandes sieht er sich selbst aber aktuell nicht.
"Wir haben dabei daran gedacht, dass der DOSB nicht ohne Führung sein sollte für den Fall, dass eine Vertrauensfrage für das Präsidium negativ beantwortet worden wäre." Alleine die Vertrauensfrage, wie nun vom DOSB nach den Olympischen Spielen angekündigt, auch ohne direkte Neuwahlen sieht de Maizière nicht als entscheidend an. "Das ist nicht meine Aufgabe, das zu bewerten", sagte der ehemalige Bundesinnenminister im Deutschlandfunk.
Um die Glaubwürdigkeit der Ethikkommission mache er sich keine Sorgen, auch, wenn die Empfehlung nicht eingehalten werde. Die Kommission sei für Empfehlungen verantwortlich und könne nichts befehlen.
Das ganze Interview gibt es am Sonntag im Deutschlandfunk in der Sendung Sport am Sonntag.