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Debatte im Bundestag
Viel Kritik an Gröhes Gesundheitsreform

Mit seinem Versorgungsstärkunsgesetz will Gesundheitsminister Hermann Gröhe die Versorgung mit Ärzten in ländlichen Gebieten verbessern und die Überversorgung in den Ballungszentren abschaffen. Außerdem sollen Kassenpatienten in Zukunft schneller einen Termin bei Fachärzten bekommen. Die Ziele seien richtig, die Umsetzung aber ungenügend, monieren Kritiker.

Von Stefan Maas | 11.06.2015
    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) spricht am 04.07.2014 in Berlin vor dem Bundestag.
    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Bundestag (picture-alliance / dpa / Soeren Stache)
    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat sich einiges vorgenommen mit seinem Versorgungsstärkungsgesetz. Hinter dem sperrigen Namen verbergen sich gleich mehrere bedeutende Reformen, erklärt der CDU-Politiker im Bundestag:
    "Wir stärken die Versorgung im ländlichen Raum. Zweitens, wir stärken die Rechte der Patientinnen und Patienten. Und drittens, wir stärken Innovation in der Versorgung."
    Vor allem geht es der Großen Koalition darum, langfristig die Überversorgung mit Ärzten in Ballungsräumen zu beenden – und gleichzeitig die Unterversorgung in ländlichen Gebieten zu beheben. Ärzte sollen etwa mit einer besseren Vergütung dazu gebracht werden, sich in unterversorgten, vor allem strukturschwachen Regionen niederzulassen.
    Der Opposition geht das Gesetz in diesem Punkt jedoch nicht weit genug, erklärt Maria Klein-Schmeink von den Grünen, denn es sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen die Bedarfsplanung übernimmt:
    "Ein Auftrag an den GBA, der schon vor zwei Jahren nicht in der Lage war, eine vernünftige Planung hin zu bekommen, ist nicht die Lösung des Problems. Da müssen wir weitergehen. Und das wissen Sie auch."
    Doch auch das gegenteilige Problem will der Gesundheitsminister mit seinem Gesetz angehen. Die zu hohe Zahl von Praxen in Ballungsräumen. Künftig soll, wenn ein Arzt seine Praxis aufgibt, diese nur nachbesetzt werden, wenn dies für die Versorgung der Patienten sinnvoll ist. Dabei ist die Große Koalition den Ärztevertretern schon in der Frage entgegengekommen, ab wann eine Region oder ein Bezirk als überversorgt gilt. Dafür würden die Bezirke, die die Berechnungsgröße bilden, verkleinert, erklärt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach:
    "Das haben wir angepasst, und wir machen die Bereiche kleiner. Was nutzt einem ein zu hundert Prozent gedeckter Bedarf, wenn der Bezirk so groß ist, dass es Unter- und Überversorgung nebeneinander gibt. Wenn ein Stadtteil total überversorgt, ein anderer total unterversorgt. Das ist das bisherige Problem."
    Sozialverband vdk kritisiert die Reformpläne
    Doch auch bei einer Überversorgungsquote von 140 Prozent würden keine Praxen geschlossen, die für die medizinische Versorgung notwendig seien, verspricht Gesundheitsminister Gröhe. Die Entscheidung darüber werde vor Ort gefällt.
    Besonders spürbare Erleichterungen für Kassenpatienten soll eine neue Regelung bringen, bei der die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet werden, Terminservicestellen einzurichten. Bekommt ein Patient innerhalb von vier Wochen keinen Termin bei einem Facharzt, kann er sich an diese Stellen wenden, damit sie einen Termin vermitteln. Auf einen Termin bei seinem Wunscharzt kann der Patient aber nicht bestehen. Dennoch, sagt der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach:
    "Ich glaube, dass die vier Wochen-Frist, die Terminservicestellen, ein wichtiger Schritt ist, zum Abbau der Zweiklassenmedizin ist."
    Kann auch damit die vier Wochen-Frist nicht gehalten werden, kann der Patient in ein Krankenhaus zur Behandlung gehen. Ärztevertreter kritisieren die Reform und auch der Sozialverband vdk sieht deutliche Mängel bei der Reform. Eine bedarfsgerechte, flächendeckende und gut erreichbare medizinische Versorgung werde dadurch nicht erreicht, sagt vdk-Präsidentin Ulrike Mascher.