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Debatte über Fake News
Parteien suchen Mittel gegen gezielte Manipulation

Sicherheitsexperten sehen schon länger eine Gefahr für den Bundestagswahlkampf durch absichtlich gefälschte Informationen. Innerhalb der Parteien ist nun eine Diskussion darüber entbrannt, wie sich eine bewusste Manipulation überhaupt verhindern lässt. Im Raum stehen auch Strafen.

Von Marcus Pindur | 13.12.2016
    Ein Mitarbeiter arbeitet an einem Computermonitor, auf dem ein Quellcode angezeigt wird.
    Die Sorge vor einer Wahlmanipulation durch erfundene Meldungen im Internet wächst in der Politik. (dpa)
    Die Debatte wird geführt mit klarem Blick auf die Bundestagswahlen im September 2017. Wie man mit den sogenannten Fake News, also gefälschten Nachrichten im Internet umgehen soll, ist umstritten – einig sind sich jedoch Politiker aller demokratischen Parteien, dass Fake News eine Gefahr für die Demokratie darstellen.
    Fairness-Abkommen als Lösung?
    SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dringt auf ein Fairness-Abkommen der Parteien für den Wahlkampf im Internet. So auch SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel:
    "Wir fordern ausdrücklich mit Blick auf eine demokratische Debattenkultur alle Parteien auf, sich einem gemeinsamen Kanon, einer gemeinsamen Erklärung zuzuwenden, wie wir auch im Online-Bereich mit diesen Wahlkampfmöglichkeiten umgehen, damit klar ist, dass das Netz kein regelfreier Raum ist."
    Fraktionschef Oppermann schlägt vor, dass die Parteien auf sogenannte "Social Bots" verzichten. Das ist eine Software, die im Internet, in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook so tut, als sei sie eine reale Person und massiv Nachrichten in diesen Netzwerken verbreitet.
    Man müsse Verstöße dagegen gemeinsam verfolgen. Wie diese Gegenmaßnahmen aber aussehen können, ist völlig unklar. Wenn sich Parteien wie die AfD oder auch Privatpersonen an solche Vereinbarungen nicht halten, ist dies nicht strafbar und im Zweifelsfall schwer nachweisbar.
    Zu Forderungen aus der Union nach schärferen Gesetzen gegen Manipulationen im Internet äußerte sich Oppermann zurückhaltend. Aus der Union hatte es die Forderung gegeben, die absichtliche Verbreitung sogenannter "Fake News" unter Strafe zu stellen.
    "Wie will man den Urheber ausfindig machen?"
    Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen an eine Gesetzesverschärfung. "Wenn durch gezielte Desinformationen Staaten destabilisiert werden sollen, dann ist das strafwürdiges Verhalten, da sind wir uns schnell einig. Die Frage ist nur, welche praktische Auswirkung hätte eine solche Strafvorschrift, wenn wir mit viel Aufwand feststellen, der Server, die Quelle steht in Usbekistan oder Litauen. Wie will man den Urheber ausfindig machen, welche gerichtsfesten Beweise können wir vorlegen."
    Einigkeit besteht darin, dass das Netzwerk Facebook dazu verpflichtet werden müsse, erwiesene Falschmeldungen schnell zu löschen, so der SPD-Bundestagsabgeordnete und Netzexperte Lars Klingbeil. Es gebe einen Trend, von professionell aufgemachten Webseiten aus gezielt Lügen zu verbreiten.
    "Da macht Facebook bisher nichts. Ich sage als Politiker, wir haben uns das lange genug angeschaut. Aber es muss im Zweifel auch darum gehen, dass man Gesetze auf den Weg bringt, die Facebook verpflichten, dass man dort vorgeht gegen solche Seiten, das ist ein milliardenschweres Unternehmen. Ich finde auch, die müssten über sowas wie eine Stiftung nachdenken, wo man mit Journalistenverbänden und anderen zusammenarbeitet und dann Fake News auch kennzeichnet und dem Nutzer deutlich macht, das hier gezielt falsche Nachrichten in Umlauf gebracht werden."
    Verfassungsschutzchef Maaßen hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sich die Hinweise auf Versuche einer Beeinflussung der Bundestagswahl von russischer Seite verdichteten. Ähnliche Manipulationsvorwürfe gegen Russland gibt es auch in den USA mit Blick auf den zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampf.
    "Populismus muss man entlarven durch Fakten und Gegenrede." Björn Staschen ist Leiter des "Next News Lab" des NDR. Im Interview spricht er über die inhaltliche Verantwortung von Facebook und über die Bedeutung von Zivilcourage im Netz.
    Was können Journalisten hierzulande besser machen, um die Leser nicht an Falschmeldungen und postfaktische Online-Lektüre zu verlieren. Und was müssen IT-Konzerne unternehmen? "Ich glaube, dass Twitter und Facebook, wenn sie mit Live-Streaming Geld verdienen, auch mehr Geld investieren müssen um zu gucken, was sie da für ein Angebot machen." NDR-Journalist Björn Staschen prognostiziert, dass auch die Rundfunkordnung vor einem nachhaltigen Wandel steht: "Fest steht, dass es ungerecht ist, dass die einen vom Aufsichtsgremium kontrolliert werden, während die anderen tun und lassen können, was sie wollen."