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Debatte über Klimaschutz-Politik
Umweltschädliche Subventionen auf dem Prüfstand

Die Große Koalition will, dass neue Klimaschutz-Maßnahmen den Bürger möglichst wenig kosten. Für das Umweltbundesamt firmiert die Förderpolitik für Diesel und Co. unter dem Namen klimaschädliche Subventionen.

Von Johannes Kuhn | 16.09.2019
Vor dem Congress Center an der Messe Frankfurt haben Greenpeace-Demonstranten zur IAA effektvoll gegen den CO2-Ausstoß großer Fahrzeuge demonstriert.
Eine CO2-Steuer soll die globale Erwärmung verringern (picture alliance / Wolfgang Minich)
Die politische Klimawende muss kommen, doch sie soll den Bürger möglichst wenig kosten. Das ist Konsens in der großen Koalition. Und er gilt nach aktuellem Diskussionsstand auch für Subventionen, die bislang zur Steigerung des CO2-Ausstoßes beigetragen haben.
So verteidigte CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am Sonntag bei Anne Will das sogenannte Diesel-Privileg: Wer Diesel tankt, zahlt pro Liter 18 Cent Energiesteuer weniger als Fahrer von Benzinautos.
"Was machen wir denn mit dem Landwirt, der im Umkreis von Freiburg mit dem Sprinter auf den Wochenmarkt fährt und da seine Produkte von Käse bis Fleisch direkt vermarktet? Was machen wir mit dem Handwerker aus Brandenburg, der hier reinfährt? Der kann doch nicht auf die S-Bahn umsteigen."
Viel zu viele klimaschädliche Subventionen
Für das Umweltbundesamt firmiert die Förderpolitik für Diesel und Co. unter dem Namen klimaschädliche Subventionen. Auf 33 Milliarden Euro summieren sich diese Maßnahmen, so die Bilanz in einer Studie. Vor allem im Verkehrs- und Energiesektor gebe die Politik Anreize zu klimaschädigendem Verhalten. Andreas Burger vom Umweltbundesamt nennt Beispiele:
"Im Verkehr ist es zum Beispiel die Entfernungspauschale, die Energiesteuerbefreiung des Kerosins, die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge, natürlich auch die Energiesteuervergünstigung für den Dieselkraftstoff. Und das Dienstwagenprivileg."
Für die einen zu hoch, für die anderen zu niedrig
Gerade die Pendlerpauschale zeigt, wie unterschiedlich solche politischen Maßnahmen wahrgenommen werden. Bundesregierungen begründen sie mit der Entlastung von Arbeitnehmern im ländlichen Raum, das Umweltbundesamt macht sie für die Zunahme von Verkehr und für die zunehmende Zersiedelung verantwortlich.
Und für den Bund der Steuerzahler ist sie sogar zu niedrig angesetzt. Matthias Warnecke, Leiter des Steuerzahlerinstituts des Vereins:
"Bei der Pendlerpauschale ist es so, dass wir als Bund der Steuerzahler generell eine Erhöhung für angezeigt halten. Sie liegt derzeit bei 30 Cent pro Kilometer, wir fordern, dass sie inflationsbereinigt auf 40 Prozent pro Kilometer angehoben wird. Aber das ist auch losgelöst von der Klimadebatte."
Umweltbundesamt: "Zum Teil die Hände gebunden"
Damit liegt der Steuerzahlerbund auf einer Linie mit der Union, die allerdings erstmals "Klimasignale" einbauen möchte – in der Praxis eine höhere Pauschale für Fahrten mit Bus, Bahn oder besonders emissionsarmen Autos. Und auch bei dem günstigen Flugbenzin kann Deutschland zwar alleine kaum handeln, hat aber durchaus in Europa etwas mitzureden. Andreas Burger vom Umweltbundesamt:
"Ja, das stimmt. Also zum Teil sind uns auch ein bisschen die Hände gebunden, wobei auf EU-Ebene sehr vieles umsetzbar wäre. Und die EU ist derzeit auch dabei, im Rahmen der neuen Kommission Überlegungen anzustellen, wie man die Situation hier verbessert – weil sie klar erkannt hat: Die jetzige Energiesteuerrichtlinie entspricht in keiner Weise mehr den Herausforderungen des Klimaschutzes."
Letztlich, so sind sich die Experten einig, sei alles eine Frage des Preises, wie teuer CO2 künftig werde – und wen diese Preissteigerung treffe.