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Debatte um Organspende
Gegenwind für Jens Spahn

Die Zahl der freiwilligen Organspender ist in den letzten Jahren wieder gestiegen. Trotzdem finden weniger Transplantationen statt als möglich wären. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will das ändern, doch er stößt mit seiner Initiative zur Organspende auf Widerspruch.

Von Volker Finthammer | 04.09.2018
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Bundestag
    Nur etwa jeder dritte Bundesbürger hat einen Organspendeausweis (dpa/Michael Kappeler)
    In der CDU ist man hörbar verärgert darüber, dass Gesundheitsminister Jens Spahn in der Frage der Organspende das Pferd von hinten aufsattelt und sich mit seinem Vorstoß zur Widerspruchslösung an die Öffentlichkeit wendet, noch bevor er die organisatorischen Voraussetzungen für verlässliche Strukturen geschaffen hat.
    So geht das nicht, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU Karin Maag gegenüber den Stuttgarter Nachrichten. Damit mache Spahn seine eigenen Gesetzentwurf kaputt, den er erst in der vergangenen Woche vorgelegt habe, weil die Debatte über die Widerspruchslösung jetzt viel zu früh geführt werde.
    84 Prozent der Deutschen finden Organspenden gut und richtig
    Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger kritisierte Spahn gleichermaßen. "Man sollte nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen", sagte er. Die Widerspruchsregelung treffe auf "enorme Ängste und Vorbehalte in der Bevölkerung, löst aber keines der aktuellen Probleme". Der so gescholtene verteidigte sich heute im ARD Morgenmagazin und verwies darauf, es sei wichtig, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen.
    "Ich habe in der letzten Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Organisation, die Strukturen, die Finanzierung in den Kliniken zu verbessern, denn da gibt es ohne Zweifel Probleme. Es geht darum, ob da jemand Zeit hat, um mit den Angehören zu sprechen im Fall der Fälle sprechen. Aber gleichzeitig geht es um die grundsätzliche Debatte. Wissen Sie: 84 Prozent der Deutschen sagen, sie finden Organspende eine gute und eine richtige Sache, aber viel viel weniger haben einen Organspenderausweis. Und wir müssen das schon konkret machen. Die abstrakte Bereitschaft hilft und nicht und hilft auch nicht den 10.000 Menschen, die eben konkret jeden Tag auf ein Organ warten."
    Dabei hat eine in diesem Frühjahr vorgelegte Studie offen gelegt, dass die Zahl der freiwilligen Organspender in den letzten Jahren wieder gestiegen ist, aber faktisch finden weniger Transplantationen statt als möglich wären.
    Organspendeskandal verunsichert Spender und Ärzte
    Denn nach den letzten Änderung im Transplantationsgesetz im Jahr 2012, und der eingeführten Meldepflicht bei der Deutschen Stiftung für Organtransplantation, haben die Kontakte zwischen Stiftung und Kliniken weiter abgenommen, was wohl zu einen daran liegt, dass das Gesetz offen lässt, wann genau eine Meldung von möglichen Spendern erfolgen muss.
    Und auf der anderen Seite hat der vorausgegangene Organspenden-Skandal nicht nur die Spender, sondern auch die Ärzte weiter verunsichert. In Göttingen, Regensburg, München und Leipzig sollen Mediziner Krankenakten gefälscht haben, um ausgewählte Patienten bevorzugt mit Spenderorganen zu versorgen.
    Vor diesem Hintergrund soll die angestoßene Reform die Bedingungen für die Organspende für Ärzte und Betroffene verbessern. Gesundheitsminister Spahn drängt jedoch weiter darauf, beides miteinander zu verknüpfen:
    "Erst einmal finde ich wichtig, dass wir diese Debatte führen und das ist natürlich eine Debatte mit sehr unterschiedlichen, jeweils sehr gewichtigen Argumenten. Die Widerspruchslösung wäre in starker Eingriff in die Freiheit. Das Thema Organspende ist mit viele Ängsten und Fragen verbunden. Das ist richtig. Aber man bearbeitet Ängste am besten, in dem man die Dinge bespracht. Und ich freue mich, dass das jetzt schon so beginnt und ich hoffe, dass wir das jetzt auch so fortsetzen."