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Deepwater Horizon
Fünf Jahre nach der Katastrophe

Am 20. April 2010 nahm die Katastrophe ihren Anfang: Die Bohrplattform Deepwater Horizon explodierte. In den folgenden drei Monaten strömten fast 800 Millionen Liter Öl und 500.000 Tonnen Gas in den Golf von Mexiko. Leidtragende sind auch zahlreiche Fische und Delfine.

Von Monika Seynsche | 20.04.2015
    Durch die Havarie der Bohrplattform Deepwater Horizon freigesetztes Öl klebt an einem Handschuh.
    Durch die Havarie der Bohrplattform Deepwater Horizon freigesetztes Öl klebt an einem Handschuh. (picture alliance / dpa - Erik S. Lesser)
    John Lopez steuert sein Boot durch ein Gewirr kleiner und kleinster Wasserwege mitten hinein ins Delta des Mississippi. Rechts und links ziehen sumpfige Inselchen vorbei, auf denen sich grünes Schlickgras im Wind wiegt. Dann stoppt der stämmige Mann mit schwarz-grauem Bart das Boot und klettert ans Ufer. Der Küstenforscher John Lopez arbeitet für die Umweltorganisation Lake Pontchatrain Basin Foundation, und fährt oft in die Küstenmarschen südlich von New Orleans.
    "Dieses Marschland war damals verölt, wenn auch nicht so heftig wie andere Bereiche."
    Etwa 800 Millionen Liter Öl ergossen sich im Frühjahr und Sommer 2010 in den Golf von Mexiko, nach der Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon. Es war der größte Ölunfall der Geschichte.
    "Durch das Öl sind viele Pflanzen direkt gestorben und es hat den Feuchtgebieten langfristig geschadet. Genauso wie den Austern, Krabben, Fischen, Krebsen, Garnelen und anderen Tieren."
    Fische mit Flossenfäule und Geschwüren auf der Haut
    Die sumpfigen Küstenmarschen im Mississippi-Delta bilden die Kinderstube der allermeisten Meeresbewohner im Golf von Mexiko. Genau hier hat das Öl im Frühjahr und Sommer 2010 fast 800 Kilometer Küstenlinie verseucht. Im Jahr darauf fanden Forscher zahlreiche Fische mit Flossenfäule, Geschwüren auf der Haut, krankhaft veränderten Lebern und anderen Missbildungen. Und auch den Delfinen im Golf von Mexiko gehe es heute schlechter als vor dem Ölunfall, sagt die Biologin Ruth Carmichael vom Meeresforschungslabor auf Dauphin Island.
    "Wir wissen, dass während der Ölkatastrophe mehr Große Tümmler gestrandet sind als in den Jahren zuvor. Und einige aktuelle Studien von uns und anderen Arbeitsgruppen konnten zeigen, dass diese Zunahme an Strandungen sowohl zeitlich als auch räumlich mit dem Ölunfall überlappt."
    Seit 2010 sind an der Nordküste des Golfs von Mexiko etwa 1.000 tote Große Tümmler gestrandet – doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. In den vom Ölunfall besonders betroffenen Regionen sind es sogar viermal so viele Tiere. Und dieser Trend hält bis heute an. Im Jahr 2013 untersuchten Wissenschaftler der Nationalen Ozean- und Atmosphärenforschungsbehörde der USA den Gesundheitszustand Großer Tümmler in der Barataria Bay in Louisiana. In diese Bucht sei besonders viel Öl gelangt, erzählt Ryan Fikes von der Umweltorganisation National Wildlife Federation.
    "Sie schauten sich die Delfinpopulationen in dieser Bucht an und entdeckten zahlreiche Symptome, die auf eine Ölvergiftung schließen lassen. Darunter waren krankhafte Veränderungen der Lunge, Probleme der Nebenniere und Zahnverlust. Fast die Hälfte der untersuchten Tiere litt an einem oder mehreren dieser Symptome. Die Forscher gingen davon aus, dass 17 Prozent der Tiere dieser Population nicht überleben würden."
    Allerdings ist unbekannt, wie sich diese Todesfälle auf die Delfinbestände im Golf von Mexiko auswirken. Denn es gibt kaum Daten aus der Zeit vor dem Ölunfall. Andere Arten schienen sich in den ersten Jahren nach der Katastrophe gut zu erholen. Das Öl selbst verschwand innerhalb kürzester Zeit fast komplett von der Bildfläche. 2014 aber brachen die Bestände einiger Fischarten und Krabben ein. Bis heute ist unklar, ob das natürliche Schwankungen sind, oder Langzeitfolgen des Ölunfalls. Diese Fragen werden zwar untersucht, die Ergebnisse aber sind noch unter Verschluss, da sie als Beweismittel vor Gericht verwendet werden sollen, im Prozess gegen die Verursacher der Ölpest. Erst wenn das Urteil gefällt ist, werden alle Folgen der Katastrophe sichtbar werden.