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Dem Gründer auf den Zahn gefühlt

"Gründen im Team" - kurz: GiT - heißt eine Initiative, die Arbeitsuchenden beim Start in die berufliche Selbstständigkeit hilft. Einer der Protagonisten auf dem Weg in die Selbstständigkeit hat nun eine Hürde in Angriff genommen, die sich jedem angehenden Unternehmer in den Weg stellt: Er muss Geld beschaffen. Im Fall von Harald Schnitzler ist das noch kein Betriebskapital, sondern erst einmal Geld zum Leben.

Von Andrea Groß | 10.07.2006
    Die Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve ist in einem Büroneubau mit viel Glas untergebracht. Obwohl es draußen drückend heiß ist, herrschen im Innern angenehme Temperaturen. Keine Klimaanlage, sagt eine Mitarbeiterin. Irgendwas Ökologisches mit Grundwasser.

    Harald Schnitzler kommt die Kühle entgegen, denn er ist vor seinem Gespräch mit dem Sachbearbeiter doch ein bisschen nervös. Diesmal geht es schließlich nicht nur darum Wohlwollen zu erringen, sondern um klingende Münze.

    "Bei dem ganzen GiT-Prozess gab es eigentlich zwei Situationen, wo ich ein bisschen vor Bammel hatte. Das war also der Rütteltest, und das war das Gespräch hier. Wobei ich mir selbst sagen muss, eigentlich brauche ich vor so einem Gespräch keinen Bammel haben, weil es ist eigentlich mein Beruf, solche Gespräche zu führen."

    Der Grund, aus dem Harald Schnitzler dieses Gespräch überhaupt führen musste, liegt darin, dass die Arbeitsagentur, bei der er den Antrag auf Überbrückungsgeld gestellt hat, eine fachliche Stellungnahme über die Marktsituation von der Wirtschaftsförderung haben möchte. Sachbearbeiter Norbert Wilder kann sich nun an Berufsverbände und Kammern wenden, um sich ein Bild über das Marktumfeld eines Kostenanalytikers in der Automobilbranche zu machen. Er möchte aber auch Harald Schnitzler persönlich kennen lernen, um zu erfahren, ob dieser auch den nötigen Überblick hat.

    "In diesem konkreten Beispiel des Herrn Schnitzler ist es so, dass es mir ein sehr begrenzter Markt ist, ein sehr spezialisierter Markt auch ist, wo es sicher einige Institutionen gibt, sie sich gerade auch mit dem Bereich der Zulieferindustrie für die Automobilwirtschaft auseinandersetzen. Aber ansonsten ist eine solche Idee, speziell die des Herrn Schnitzler, davon abhängig, dass er selbst die entsprechenden Marktkenntnisse mit einbringt, über ein Netzwerk bereits verfügt, das er nutzen kann um seine Geschäftsidee erfolgreich zu platzieren."

    Norbert Wilder ist zuversichtlich, dass der angehende Kostenanalytiker in der Automobilbranche eine gute Chance auf dem Markt hat. Das Gespräch hat aber nicht nur dem Wirtschaftsförderer Klarheit gebracht. Auch für Harald Schnitzler war es ein großer Schritt auf dem Weg in seine Unternehmertätigkeit.

    "Hier kamen richtige Fragen, wo ich richtig draus schöpfen konnte: Harald, das ist es. Das ist tatsächlich das, was du machen wirst. Denn die Fragen waren ziemlich tiefgründig, man konnte mir folgen, man hat mich verstanden, also besser konnte es gar nicht laufen, als es heute gelaufen ist."

    Das Treffen zwischen dem Wirtschaftsförderer und dem Existenzgründer wird sicher nicht das einzige bleiben. Wenn Harald Schnitzler Betriebskapital braucht, kann er das zwar nur auf dem Kreditweg beantragen. Wirtschaftsförderer Norbert Wilder kann ihm allerdings Tipps geben, welche Möglichkeiten es da gibt und wie man vorgehen muss. Die staatliche Förderschiene ist nach dem Überbrückungsgeld erst einmal ausgeschöpft.

    "Man sollte schon nach einem Jahr spätestens in der Lage sein, dass die betrieblichen Kosten und auch nennenswerte Bereiche des Lebensunterhaltes damit sichergestellt werden können. Dann muss das Unternehmen sich schon tragen können."

    Harald Schnitzler hat sich für sein Unternehmen ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis Weihnachten möchte er herausfinden, ob seine Geschäftsidee auch bei den Kunden ankommt. Beim Erstellen seines Business-Plans, den er auch seinem Antrag auf Überbrückungsgeld beilegen musste, konnte er auf die Erfahrungen seiner Frau zurückgreifen, die sich ebenfalls gerade selbstständig macht.

    "Also ich bin nicht hingegangen und habe gesagt, was für Teile verkaufe ich und was werde ich dafür bekomme, für diese Teile, sondern ich bin hingegangen und habe gesagt, was brauche ich überhaupt am Ende des Jahres? Und das was ich am Ende des Jahres brauchte, habe ich dann eingeteilt in die einzelne Monate. Und dann habe ich mir die Frage gestellt: Aha, ich muss im Monat soundsoviel tausend verdienen – schaffe ich das und wenn ja, wie?. Und darauf habe ich eine Antwort gegeben."

    Die Kostenkalkulation ist für den Wirtschaftsförderer Norbert Wilder ein weiterer Anhaltspunkt dafür, wie intensiv sich Gründer Schnitzler mit der Marktsituation seines künftigen Unternehmens auseinandergesetzt hat. Harald Schnitzler hat für seinen Business-Plan eine Software des Bundeswirtschaftsministeriums verwendet. Das hatten ihm die Mitarbeiterinnen der Initiative "Gründen im Team" empfohlen. Auf dieses Netzwerk vertraut Schnitzler in fast jeder Situation.

    "Vom GiT-Prozess her gibt es eine schöne Internetseite, wo man im Forum jede blöde Frage stellen kann. Man kriegt im Allgemeinen immer eine intelligente Antwort."

    Der Akquise des ersten Auftrags steht also eigentlich nichts mehr im Wege.