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Demokratiedenkmal
Frankfurt will Paulskirche lebendiger machen

Frankfurts Oberbürgermeister will mehr Leben in die Paulskirche bringen. Auch Studierende und Schulklassen sollen das Gebäude für Veranstaltungen nutzen können. Rückendeckung gibt es von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ganz demokratisch soll es im Sommer mit einem großen Bürgerdialog beginnen.

Von Ludger Fittkau | 22.05.2019
Die Paulskirche in der Innenstadt von Frankfurt/ Main
Die Paulskirche wird bald umfangreich saniert - wenn möglich auch inhaltlich (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
Lebendige Pausengespräche im weiten Rund der Paulskirche in Frankfurt am Main unlängst bei einer Veranstaltung zu "100 Jahre Volkshochschulen" in Deutschland. Viel Prominenz ist das weite Rund mit der großen Demokratiegeschichte gekommen. Etwa die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer oder Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes – beide sind leidenschaftliche Unterstützer des Gedankens der politischen und kulturellen Erwachsenenbildung:
"Der Urimpuls von Volkshochschulen und damit auch der Urimpuls von Demokratie ist der Wunsch, sich selbst zu verändern."
"Bildungsträger vor Ort vermitteln kulturelle, rechtliche und geschichtliche Grundlagen, die das in Freiheit und Gleichheit verfasste Zusammenleben in Deutschland erst ermöglichen."
Oberbürgermeister will auch inhaltliche Modernisierung
Prominenz hat die Paulskirche in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder beherbergt und das soll sich auch nach der Sanierung nicht ändern, die bald ansteht. Vor allem das Dach des Denkmals der Demokratiegeschichte ist erneuerungsbedürftig, die Handwerker müssen da bald ran. Doch der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) will diese nötigen Bauarbeiten dazu nutzen, die Paulskirche auch inhaltlich zu modernisieren.
Zu den großen Feierstunden wie der alljährlichen Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels während der Buchmesse sollen vor allem regelmäßige Veranstaltungen für Schüler und Studierende hinzukommen.
"Die Paulskirche steht für die Erfindung unserer deutschen Demokratie. Und selbstverständlich bin ich zutiefst überzeugt, dass nicht nur Studenten, sondern beispielsweise auch unsere Schülervertreter mal dort einige ihrer zentralen Sitzungen machen können. Klar, auf der einen Seite ist die Paulskirche nicht rund um die Uhr zu nutzen, aber jetzt nur den Friedenspreis oder nur die ganz großen Geschichten, das ist mir dann doch ein bisschen zu abgehoben."
Demokratiedenkmal soll lebendiger werden
Feldmann will die aus Sicht vieler etwas zu staatstragend und kühl ausgefallene Atmosphäre der Paulskirche verändern – das Demokratiedenkmal, das etwa 1000 Menschen Platz bietet, soll lebendiger werden:
"Ich glaube, da müssen auch die normalen Menschen Zugang haben. Und ich finde es gut, dass man diesen Demokratieort von einem Monument zu einem Stück mehr gelebte Demokratie macht."
Eine Idee, die in der Frankfurter Schülerschaft und auch bei vielen Studierenden tatsächlich gut ankommt:
"Die Paulskirche jetzt für studentische oder politische Veranstaltungen zu öffnen, ist natürlich gut, weil das ja ein Symbol ist, dass diese Gesellschaft wieder stärker politisiert werden muss."
"Vielleicht auch wegen der Historie, weil es ein anderer Raum ist und sonst ist es ja auch mitten in der Stadt."
"Ich finde es gut, wenn Studierende zu solchen Gebäuden Zutritt haben, weil das sind sonst Sachen, die sonst von Touristen genutzt werden oder vielleicht manchmal für Empfänge oder so und es ist doch schön, wenn es wieder ein bisschen was Politischeres gibt, was mit Teilhabe zu tun hat."
Rückenwind vom Bundespräsidenten
Das sieht Frank-Walter Steinmeier inzwischen genauso. Nach einem Besuch des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann im Berliner Schloss Bellevue hat sich der Bundespräsident inzwischen öffentlich dafür stark gemacht, dass sich auch der Bund an der inhaltlichen Neugestaltung des Geschehens in der Paulskirche beteiligen solle – auch finanziell. Steinmeier bezeichnete die Paulskirche als – so wörtlich – "Deutschlands bekanntesten Ort demokratischen Ringens zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann will mit diesem Rückenwind aus Berlin nach der Sommerpause mit einem großen Bürgerdialog zur Neugestaltung der Paulskirche beginnen:
"Es ist ein Projekt, wo Verschiedene sich einbringen können. Die etwas nostalgischer sind, die Parlamentarismus pur wollen, aber auch diejenigen ,die gewusst haben, das es vielleicht irgendwann in dieser Stadt Schüler gibt, die für ein Ein-Euro-Ticket demonstrieren oder Menschen aus den Stadtteilen, die für einen Mietpreistopp Unterschriften sammeln. Senioren, die das Durchsetzen im Seniorenbeirat, was eigentlich nicht vorgesehen ist, dass sie ein Rede- und Presseveröffentlichungsrecht haben. Das heißt, die verschiedenen Stränge sozialer Auseinandersetzungen und Bedürfnisse, die sich artikulieren, eben nicht nur auf der Straße, sondern auch institutionell einzubringen, ist doch die Botschaft der Paulskirche und ist auch die Botschaft unserer Stadt – unserer Heimatstadt Frankfurt am Main."