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Demonstrationen in Frankreich
Gemeinsam gegen Antisemitismus

Tausende Menschen haben in Frankreich gegen Antisemitismus demonstriert. Die Zahl der antisemitischen Straftaten war zuletzt stark gestiegen. Bei der zentralen Kundgebung in Paris nahmen auch Premierminister Edouard Philippe und mehr als die Hälfte der Kabinettsmitglieder teil.

Von Jürgen König | 20.02.2019
    Demonstrationen gegen Antisemitismus in Paris
    Demonstrationen gegen Antisemitismus in Paris (dpa/ picture alliance/ Samuel Boivin)
    "Ca suffit - es reicht!" – viele Transparente mit dieser Aufschrift wurden am Abend bei Demonstrationszügen gegen den Antisemitismus durch Städte in ganz Frankreich getragen. An der zentralen Veranstaltung in Paris versammelten sich Tausende Menschen an der Place de la République, darunter Vertreter von über 20 Parteien und vielen Vereinen, Verbänden, Organisationen, Gewerkschaften. Die Regierung war durch Premierminister Edouard Philippe sowie 23 Minister und Staatssekretäre vertreten; Staatspräsident Emmanuel Macron indes fehlte – wohl um Konfrontationen mit Vertretern der Gelbwesten zu vermeiden. Stattdessen besuchte er in Paris die Erinnerungsstätte Mémorial de la Shoah, zusammen mit den Vorsitzenden der beiden Kammern des Parlaments – auch das ein Zeichen. Der Präsident äußerte sich nicht, wohl aber Senatspräsident Gerard Larcher von den konservativen "Republikanern":
    "Das ist ein Symbol: der Präsident der Republik als Exekutive und die Vertreter beider Parlamentskammern stehen hier vereint: wollen ein Zeichen setzen, wollen unseren jüdischen Mitbürgern sagen: Frankreich ist Ihr Land!"
    Der Präsident der Nationalversammlung, Richard Ferrand von "La République en marche": "Wir sind gemeinsam hier, um zu demonstrieren, dass die gesamte Staatsführung zusammensteht - um die schmerzlichen Erinnerungen zu teilen, und um auf die Gefahren, aufmerksam zu machen, die uns bedrohen, diese unerträgliche Gewalt. Dieser widerliche Irrsinn des Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Republik!"
    Auch der frühere Staatspräsident Francois Hollande äußerte sich kurz: "Der Antisemitismus ist eine Plage, ist ein Angriff auf die Republik. Er ist keine Angelegenheit der Juden, er ist eine Angelegenheit aller Franzosen."
    Eine Stunde des stillen Gedenkens
    Es war eine überwiegend stille Stunde des Gedenkens - ohne offizielle Reden. Jugendliche lasen kurze Texte jüdischer Autorinnen und Autoren, gemeinsam wurde die Marseillaise gesungen – dann war die Zeremonie zu Ende, doch lösten sich die Menschenmengen erst sehr langsam auf.
    Einzig Marine Le Pen vom Rassemblement National war nicht eingeladen worden, die Partei organisierte eine eigene Gedenkstunde; Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei La France Insoumise nahm an einer ähnlichen Veranstaltung in Marseille teil. Nahezu alle anderen Parteien waren in Paris vertreten – was reihum als starkes Signal gewertet wurde: so viele und so unterschiedliche Parteien traten in Frankreich schon lange nicht mehr für eine gemeinsame Sache ein.