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Den Allergieschock verhindern

Endlich. Allerorten grünt und blüht es. Aber den Frühling erleben immer mehr Menschen mit einem lachenden und zwei weinenden Augen. Nicht nur Pollen machen Allergikern zu schaffen. Auch Lebensmittel und Medikamente machen hierzulande 20 Millionen Menschen das Leben schwer.

Von Claudia Altmann | 07.05.2013
    Auch die Zahl derer, die an besonders schweren Reaktionen und Beeinträchtigungen des Atmungs- und Herz-Kreislaufsystems leiden, steigt. Das zeigt das Anaphylaxieregister, das seit sieben Jahren im deutschsprachigen Raum diese Fälle erfasst. Initiatorin war Margitta Worm von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Berliner Charité.

    "Wir wissen, dass schwere allergische Reaktionen in allen Altersgruppen auftreten können. Unser jüngster gemeldeter Patient ist zwei Monate alt, die ältesten Patienten 87. Also eine große Spanne. Wir haben aus den Daten gelernt, dass bei Kindern Nahrungsmittel die häufigsten Auslöser sind, wobei besonders häufig Erdnüsse, aber auch Hühnereiweiß und Haselnüsse infrage kommen. Bei Erwachsenen sehen wir häufiger Insektengifte als Auslöser, Bienen- und Wespengifte und die Medikamente."

    Wurden 2007 168 dieser schweren Fälle registriert, waren es im vergangenen Jahr 960. Die Daten liefern wichtige Erkenntnisse, die beim allergischen Schock helfen können, Leben zu retten.

    "Der allergische Schock ist die schwerste Ausprägung einer Allergie. Dazu gehören nicht nur Symptome an der Haut wie Juckreiz, Quaddeln, Kribbeln der Hände und Füße, sondern eben auch Kreislaufreaktionen. Erst wird dem Betroffenen schwindlig und dann können richtig Bewusstlosigkeit und auch ein Atemstillstand eintreten. Unbehandelt kann der allergische Schock tödlich verlaufen."

    Wie viele Menschen bisher daran gestorben sind, ist bisher nicht genau bekannt. Das Bundesamt für Todesstatistik hat zwischen 2009 und 2011 113 Fälle registriert.

    "Man muss aber davon ausgehen, dass die echte Zahl wahrscheinlich um Faktor zehn oder hundert höher ist."

    Etwa bei Herz-Kreislaufkranken würden viele Ärzte gar nicht an einen Allergieschock, sondern an Herzinfarkt denken. Dabei gehörten gerade diese Erkrankungen zu den Risikofaktoren, weiß Margitta Worm. Aber die Chance, dass schnell die richtige Diagnose gestellt wird, wächst. Denn die Forschung hat in den vergangenen Jahren wichtige Erkenntnisse geliefert.

    "Allergische Reaktionen treten nicht immer auf eine bestimmte Menge des Allergens auf. Wir wissen, dass erst wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, dass die Reaktion dann tatsächlich auftritt."

    Dazu können auch körperliche Anstrengung oder bestimmte Schmerzmedikamente gehören.

    "Wo wir im Moment noch nicht richtig bahnbrechende neue Ergebnisse haben, sind beispielsweise: Wie kann man eine allergische Reaktion oder einen allergischen Schock mit einem Blutstropfen vielleicht ganz schnell diagnostizieren, um den Patienten rasch und richtig zu behandeln. Das wäre ein Ziel, was wir verfolgen. Aber es ist noch nicht so, dass wir in der nächsten Zeit damit rechnen können. Daran arbeiten wir intensiv und ich bin auch guter Hoffnung, dass wir das Ziel erreichen werden."

    Bereits jetzt gibt es Methoden, die Betroffenen und Ärzten helfen. Dazu gehören Notfallset und Notfallpass, in dem auch der Auslöser der Allergie verzeichnet sein sollte. Außerdem können Allergiker Bändchen tragen oder andere Hinweise mit sich führen, die im schlimmsten Fall schnelle Hilfe durch andere möglich machen. Rat kann man sich jederzeit beim Deutschen Allergie- und Asthmabund holen. Darüber hinaus haben die Deutsche Dermatologische Gesellschaft zusammen mit der Arbeitsgruppe um Margitta Worm gerade die bundesweite Aufklärungskampagne "Allergien erkennen – Leben retten" gestartet. Sie richtet sich an Betroffene. Aber auch Ärzte sollen dadurch sensibilisiert werden. Denn die Gefahren nehmen zu. Neben einheimischer Haselnuss, Kuhmilch oder Wespe sind auch immer öfter exotische Früchte, neue Arzneien oder Nahrungsergänzungsmittel die Auslöser