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Den Bock zum Gärtner machen?

Von der Aufbauhilfe über die Ausbildungsmission bis hin zum Kampfeinsatz: Die Bundeswehrmission in Afghanistan hat in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zahlreiche Wandlungen durchgemacht. Jetzt steht ein erneuter Wechsel in der Strategie an - die Zusammenarbeit mit Warlords der Region.

Von Marc Thörner | 20.07.2010
    "Zur Einsatzunterstützung: Jeder von uns zehn Magazine, dabei zwo Magazine Sperrbestand, MG ist klar, MG 4 1100 Schuss, dabei 100 Sperrbestand. Jeder Nebel dabei, jeder Handgranate dabei."
    Kundus, deutsches Feldlager, Zelt der Sicherungsgruppe. Wenn heute in Kabul die Konferenz über Afghanistans Zukunft zusammensitzt, dann machen sich oben im Norden auch wieder, wie jeden Abend, Bundeswehrkräfte für ihre Patrouillen bereit.

    Aufbauen und den Aufbau schützen, so lautet zwar noch immer offiziell die Kernaufgabe der ISAF, der International Security Assistance Force. Doch was im Zelt der Sicherungsgruppe besprochen wird, gleicht weniger einer zivilmilitärischen Hilfsaktion. Es gleicht eher einem Kriegseinsatz in feindlichem Gelände.
    Hauptfeldwebel: "Koordinaten sind nicht bekannt, ein Überfall auf einen ANP-Checkpoint, wobei ein AP, soweit ich weiß getötet wurde. Also auf der Strecke – die Lage im Allgemeinen: Man muss hier mit allem rechnen. Vorwärts, marsch! Bravo an alle, Abstände vergrößern. Wir erhöhen Geschwindigkeit. Ende."
    Holger – sein Name lautet in der Realität anders und auch seine Stimme haben wir verfremdet – war in Afghanistan in einer Sicherungsgruppe eingesetzt, als Angehöriger der Division Spezielle Operationen.
    Sehr schnell, erzählt er, habe er erlebt, wie weit Anspruch und Wirklichkeit des Einsatzes auseinanderklaffen:

    "Die Soldaten, die jetzt dort im Einsatz sind, gerade oben in Kundus, die gehen garantiert nicht mehr von einem Aufbau- und Stabilisierungseinsatz aus. Dort geht es wirklich um – es geht nur noch um Verteidigung. Man reagiert nur noch, man agiert nicht mehr, stellenweise halt angeleitet durch die Amerikaner gibt es auch diese Aktionen, wo gezielt auch vorgegangen wird gegen, in Anführungsstrichen, die Taliban."

    Kann das bedeuten, dass Führer der Aufständischen gezielt getötet werden?

    "Wie ich gehört habe, werden ja gezielt Personen auch ausgeschaltet, es wird ja wirklich Jagd gemacht auf Personen, es gibt da so eine Art Liste, da wird die Bundeswehr auch dazu benutzt."
    Praktiken, die sich mit dem vom Bundestag erteilten Mandat für die Truppe nicht vereinbaren ließen – und die deshalb von den Regierungsparteien auch immer wieder dementiert werden. Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Bundestagsausschusses:

    "Vom ISAF-Mandat ist gedeckt, bestimmter Personen habhaft zu werden. Darin ist nicht einbegriffen das direkte Ziel - jemanden, statt ihn festzunehmen, ihn umzubringen."
    Anspruch und Wirklichkeit - wo steht der Einsatz heute, im Jahre Neun des Afghanistanmandats?

    Erinnern wir uns. Alles begann mit den Anschlägen des 11. September. Die Talibanregierung gewährte Osama Bin Laden, dem Urheber des Terrors Schutz.

    Unter der Führung der USA formierte sich eine Koalition der Willigen, um in der sogenannten "Operation Enduring Freedom", kurz OEF, das in der UNO-Charta verbriefte Selbstverteidigungsrecht der Völker in Anspruch zu nehmen. Binnen Kurzem wurde die Talibanregierung gestürzt.

    Afghanistan sollte nie mehr als Brutstätte des Terrors und des islamischen Extremismus die ganze Welt bedrohen. Aufbau, Staatsbildung, Demokratie lautete die Devise. So erklärt es ein Afghanistan-Informationsvideo der Bundesregierung:

    "Mehr als 40 Länder sind dem Aufruf der Vereinten Nationen bis hierher gefolgt. Auch Deutschland hat sich von Anfang an engagiert. Seit 2002 waren insgesamt 30.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz als Teil der internationalen Schutztruppe ISAF. Ihr Ziel: Afghanistan soll seine junge Demokratie und die bisherigen Aufbauerfolge aus eigener Kraft verteidigen können. Denn der Einsatz ist eine Friedensmission, in der sich die deutschen Soldaten als Mittler verstehen."
    In den Petersberger Beschlüssen war im Dezember 2001 das weitere internationale - also auch das deutsche - Engagement an klare Ziele geknüpft worden: An den Aufbau einer Demokratie, eines Rechtstaates, der internationalen Standards genügen sollte. Zum Schutz dieses Aufbaus wurde 2002 die ISAF in Afghanistan stationiert, die International Security Assistance Force.

    Das ISAF-Mandat sieht vor, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um allen Afghanen zu erlauben, ihre unveräußerlichen Rechte und ihre Freiheit ohne Unterdrückung und Terror zu genießen.

    Doch die Talibanbewegung ließ sich nicht aus Afghanistan vertreiben. Als Mitte 2008 die Kämpfe im Süden immer heftiger wurden und unter der US-geführten Operation Enduring Freedom, kurz OEF, immer mehr afghanische Zivilisten starben, begann die Unterstützung für den Afghanistaneinsatz in der deutschen Bevölkerung zu bröckeln – und unter den Politikern der damals noch regierenden Großen Koalition. Um einen Eklat zu vermeiden, trennte sich die Bundesregierung in Afghanistan von diesem offensiv angelegten OEF-Mandat. Das "gute", das Aufbaumandat, sollte nicht durch das "böse", das "Kampfmandat" beschädigt werden.

    "Wir haben diese OEF-Operation seit dem 15. November aus dem Mandat rausgenommen. Derzeit finden im Bereich der ISAF-Nordregion, da wo Deutschland die Verantwortung trägt, keine OEF-Operationen statt," so Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey.

    Heute räumen CDU-Politiker ein, dass der groß angekündigte OEF-Ausstieg ein innenpolitisches Manöver war, in erster Linie für die Öffentlichkeit - und angelegt, die Kritiker des Afghanistaneinsatzes mit ins Boot zu bekommen. Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Bundestagsausschusses:

    "Diesen Schluss kann man, jedenfalls für einen Teil der Kollegen ziehen, die, wie etwa die Grünen und auch Teile der SPD, sich immer vergleichsweise kritisch zur OEF-Mission geäußert haben, ja."
    Sollte also - trotz der Ausstiegsankündigung - die US-geführte, sehr offensive und verlustreiche, "Operation Enduring Freedom" dennoch weiterhin im von Deutschland geführten Regionalkommando stattfinden?

    Polenz: "Ja, sicher."

    Nachdem das Afghanistanmandat im Bundestag erfolgreich verlängert worden war, rückte die Bundesregierung allerdings seit Ende 2008 ohne viel Aufsehens von ihren selbst formulierten Zielen Schritt um Schritt wieder ab. Zuerst geopfert wurde der Anspruch, in Afghanistan eine Demokratie aufzubauen. Ruprecht Polenz:

    "Ich glaube, dass der Start in Petersberg 2001 von einer ganzen Menge von Einschätzungen ausgegangen ist, die sich im Laufe der Zeit so nicht haben halten lassen. Deshalb musste auch die ursprünglich verabredete Strategie immer wieder an die Realität angepasst werden. Es ist immer eine Gratwanderung auf der einen Seite, und da bin ich sehr energisch dafür, an der Universalität der Menschenrechte festzuhalten und auf der anderen Seite aber kulturelle Besonderheiten auch in Rechnung zu stellen."

    "Wir müssen aufpassen, dass wir den Afghanen nicht etwas überstülpen, was weder zu deren Kultur, noch zu deren Religion passt. Wir haben ja in der Region durchaus andere Länder – Saudi Arabien – die Rechtssysteme haben, die mit unseren nicht vergleichbar sind. Und ich glaube nicht, dass es Aufgabe von ISAF ist, hier Vormund zu spielen," sagt Thomas Kossendey, parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium.

    Auch das Argument einer zu schützenden afghanischen Kultur, ist inzwischen immer seltener zu hören; immer häufiger jedoch die Forderung, das Wort Krieg zu akzeptieren und in Afghanistan zunächst die militärische Strategie der Aufstandsbekämpfung zu entfalten, unter der Führung der darin erfahrenen US-Armee.

    Die ist inzwischen drauf und dran, ihre vermeintlich erfolgreichen Konzepte aus dem Irak auf Afghanistan zu übertragen. Mit dem Argument, die Taliban so besser zu bekämpfen, verbünden ihre Kommandeure sich mit, wie es im euphemistischen NATO-Jargon heißt: lokalen Power Brokers, Strippenziehern der Macht also.

    Vorbild sind die Methoden der US-Armee im Irak. Durch Allianzen mit sunnitischen Stammeschefs gelang es dort, 2006 und 2007 anscheinend den Aufstand einzudämmen.

    Bei seinem ersten Treffen mit Präsident Karsai, forderte General Petreaus, der neu ernannte US Befehlshaber in Afghanistan, vor wenigen Tagen dieses Milizenkonzept auf ganz Afghanistan zu übertragen.

    Colonel Greg Julian, Sprecher der US-Armee in Kabul erläutert:

    "Die Doktrin der Aufstandsbekämpfung lässt sich so ziemlich universell anwenden. Mit einzelnen kleinen Abweichungen von einer gesellschaftlichen Gruppe zur anderen. Es gibt viele Lehren, die sich aus unserer Erfahrung im Irak auf Afghanistan übertragen lassen. Es gibt da eine Menge Ähnlichkeiten. Einer der Aspekte die sich ebenso gut in Afghanistan anwenden lassen, ist das Programm, eine lokal verwurzelte Schutzmiliz zu bilden, mit der die Einwohner die Sicherheit ihrer eigenen Gouverneure und Einrichtungen gewährleisten."
    In der deutschen Politik, der Bundeswehr, der veröffentlichten Meinung, den Zeitungen und der populär gehaltenen Fachpresse mehren sich die Stimmen, die die Verantwortlichen im Berliner Verteidigungsministerium auffordern, nicht weiter von Bundeswehrsoldaten als Brunnenbohrern zu reden, sondern sich endlich das US-Konzept der Aufstandsbekämpfung zu eigen zu machen.

    Marc Lindemann war bis 2009 Nachrichtenoffizier der Bundeswehr in Kundus. Mit seinem Buch "Unter Beschuss" setzte er sich Anfang 2010 an die Spitze der Pragmatiker, die ein neues Denken in der Bundeswehr verlangten. Unterstützt wird er von vielen noch aktiven Kameraden und einem beträchtlichen Teil der Fachpresse. Lindemann fordert Aufstandsbekämpfung ohne wenn und aber, und das heißt für ihn:

    "Selbstverständlich die afghanischen Sicherheitskräfte auszubilden, diese aber letzten Endes als eine Art Regulativ zu verstehen, was dann zentral geführt in innerafghanische Konflikte, die es immer geben wird, eingreifen kann. Ich muss aber dringend eine regionale Lösung anstreben, das heißt, die einzelnen Ethnien, die einzelnen starken Männer, diese Warlords in den Regionen beteiligen, ihnen in einer Art Milizsystem Macht übertragen, sie vielleicht auch ausstatten, technisch wie auch finanziell, um das Land zur Ruhe zu bringen."
    Was im sunnitischen Dreieck des Irak die Stammeschefs sind, sind in Lindemanns Optik die afghanischen Warlords: die alten Mudschaheddinkommandeure aus den Zeiten des Kampfes gegen die Sowjets und des anschließenden afghanischen Bürgerkrieges.
    In erster Linie gehe es darum, die Taliban zu besiegen. Insofern sei die Strategie der Amerikaner folgerichtig. Logisch sei es, sich in Afghanistan mit den erklärten Feinden der Taliban zu verbünden. Notfalls auch mit Kriegsverbrechern und Massenmördern wie dem Usbekengeneral Raschid Dostum.

    Lindemann: "Ob so ein Bündnispartner jetzt der General Dostum sein muss oder nicht, darüber kann man natürlich streiten. Er kann es sein, es kann auch ein anderer sein. Wenn es keinen anderen gibt, dann muss ich mit ihm vorlieb nehmen, das hilft leider nichts. Im Übrigen habe ich mich derer schon einmal bedient, die Amerikaner haben es jedenfalls getan in ihrem Feldzug 2001, das war die sogenannte Nordallianz. Das waren die Guten und die Taliban waren die Bösen. Nun, wenn das so ist, dann kann ich jetzt auch mit ihnen zusammenarbeiten. Noch mal: Es geht um Pragmatismus und Stabilisierung des Landes."
    Als 2001 das ISAF-Mandat formuliert wurde, lag das Primat eindeutig bei der Politik. Inzwischen folgt die Politik dem Militär und dessen Argumentation. Warlord-Milizen als schlagkräftige Partner – warum nicht, meint Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Bundestagsausschusses. Deren Führer müssten sich nur vorher zur afghanischen Verfassung bekennen, der Gewalt bei der Durchsetzung eigener politischer Ziele abschwören und keine Verbindungen zu El Kaida unterhalten:

    "Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann kann es denkbar sein, solche Gruppen auch einzubeziehen in Aufgaben zur Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit, allerdings nur in klarer Abstimmung mit der afghanischen Regierung, den afghanischen Sicherheitskräften, weil man sonst letztlich ein Chaos anrichtet."
    Eine gute Idee – aber womöglich nur sandkastentauglich. In der Realität lässt sie einen wichtigen Faktor außer Acht: Warlords wie General Dostum verfolgen keine Ideologie. Und auch Schwüre auf die Verfassung gelten ihnen wenig. Ein offenes Geheimnis sind unter der Bevölkerung auch die Verbindungen, die Warlords wie Dostum zu den Taliban unterhalten.

    Assadullah Ishaqzai Chef einer paschtunischen Gemeinde in General Dostums Hochburg Sar-e Pol:

    "Die Kommandeure aus Dostums Miliz unterstützen selbst die Taliban, sie versorgen sie mit Waffen. Was wir hier haben, sind keine echten Taliban, das sind Dostums Taliban. Dostum hilft ihnen, weil er weiß: Nur so lange die Aufständischen hier anscheinend aktiv sind, werden seine Milizen ja von den Regierenden gebraucht."
    Und noch etwas anderes lässt das Milizenkonzept, lässt die Kooperation der internationalen Schutztruppen mit den regionalen Anführern, außer acht: Die ethnischen Konflikte. Mit Rückendeckung der ISAF drangsalieren beispielsweise die tadschikischen und usbekischen Warlord-Milizen im Norden die Angehörigen der paschtunischen Minderheit. Die sehen in den – ebenfalls paschtunische Taliban – Verbündete und helfen diesen, um sich selbst zu schützen.

    Neben der Kooperation mit den Warlords stützt sich die Strategie der Aufstandsbekämpfung aber noch auf eine zweite Säule: auf Spezialoperationen. Operationen, die die US-Armee bestimmt. Die anderen ISAF-Streitkräfte - und somit auch die Bundeswehr – werden dabei von der US-Armee de facto als eine Art Hilfstruppe verwandt.

    US-Kommandos schweben nach Belieben ein, verlangen von der Bundeswehr, ihre Maschinen zu warten, aufzutanken und bestimmte Gebiete von Bundeswehrkräften zu räumen.

    Informationen über Motive und Ziele solcher Operationen geben die USA ihren Verbündeten allerdings nicht.

    Hauptmann Marc Lindemann - damals Nachrichtenoffizier in Kundus - erinnert sich an eine solche Aktion im Frühjahr 2009:

    "Ich lief halt zufällig gerade neben dem amerikanischen Verbindungsoffizier, als der diese Nachricht bekam. Ja – und dann konnten wir im Prinzip nur zuschauen, wie die Amerikaner ihren Zugriff, ihre militärische Aktion in unserem Gebiet durchgeführt haben. Für uns grenzt es an eine Demütigung. Wir stehen daneben, werden nicht mal informiert – es ist unser Zuständigkeitsgebiet, wir haben dort normalerweise das Kommando und dann kommen amerikanische Spezialkräfte und die interessieren sich dafür nicht."
    Kein Einzelfall. Überall im deutschen Regionalkommando landen inzwischen Hubschrauber, denen US-Spezialkräfte entsteigen, die den Gegner töten oder auch Gefangene machen und wieder abfliegen.

    Lindemann: "Das sind Einsätze, die direkt an den Mandaten ISAF und OEF, also Operation Enduring Freedom vorbeilaufen, direkt vom Pentagon rein national befohlen werden. Das ist so. Ich kann mich echauffieren und drüber aufregen, das wird aber nichts ändern."
    Entspricht es ihrem Mandat, dass die Bundeswehr militärischen Aktionen assistiert, die weder im Rahmen der ISAF, noch von "Operation Enduring Freedom" gedeckt sind; Aktionen die von geheimen Schaltstallen im Pentagon angeordnet werden und die sich in keinem Einsatzbericht finden?

    CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz hat darauf eine verblüffende Antwort. Juristisch kein Problem, meint er:

    "Also, wer nicht informiert ist, assistiert nicht, sondern der ist im Grunde dann außen vor."
    Der einst mit Spezialaufgaben beauftragte Soldat "Holger" sagt: Die juristische Haarspalterei, um den eigentlichen Kurs zu vernebeln, die Salamitaktik, mit der nur auf Nachfrage immer ein bisschen mehr zugegeben wird, dieser Stil deutscher Politiker sei es, der ihn bewogen habe, der Bundeswehr den Rücken zu kehren:

    "Ich bin auch der Meinung, dass von Anfang an das Parlament belogen wurde oder die Öffentlichkeit. So massiv Truppen reinzubringen, damit bekämpft man keinen Terrorismus."
    Altbundespräsident Köhler, meint der Soldat, habe eigentlich mit seiner Äußerung den Nagel auf den Kopf getroffen, dass es um wirtschaftliche und geostrategische Interessen gehe, auch wenn das Bundespräsidialamt nach dem Interview ausdrücklich darauf bestand, Köhler habe die Äußerungen nicht im Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan gemacht.

    "Er hat, auch wenn er es nicht wollte, die Wahrheit gesagt. Er hat zumindest mit dem Bild aufgeräumt, dass es hier um einen Aufbaueinsatz geht. Ich gehe davon aus, dass man einfach so viel wie möglich Truppen dort haben möchte, die Lage dort natürlich, die Nähe zu China, zu Russland."
    Anspruch und Wirklichkeit des Afghanistaneinsatzes – dem Angehörigen der Division Spezielle Operationen schienen die Widersprüche nicht mehr tragbar. Als seine Dienstzeit am Hindukusch beendet war, entschloss er sich, aus der Bundeswehr auszuscheiden.

    "Der Afghanistaneinsatz hat mich nur bestärkt, dass hier Dinge einfach auseinanderlaufen, dass diese Armee, wie sie eingesetzt wird, nicht dem entspricht, was den Leuten verkauft wird. Wenn man dann nicht mehr dahintersteht. Dieses Politische, das Missfallen über diese Einsätze hat schon überwogen, sodass ich das eigentlich nicht mehr so machen konnte, weil es ja gelogen war eigentlich, was da gelaufen ist."