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Den Charme der 50er-Jahre erhalten

Seit mehr als 65 Jahren gibt es das Berrenrather Lichtspiel-Theater - ein kleines Dorfkino in einem Kölner Vorort. Dass das Berli - wie es kurz heißt - noch existiert ist keine Selbstverständlichkeit. Im Laufe der Jahre gab es immer wieder Rückschläge für den Familienbetrieb, etwa die Konkurrenz durch die Eröffnung der ersten großen Multiplex-Kinos.

Von Julia Batist | 07.09.2013
    "Das ist für mich noch der Charme der fünfziger, sechziger Jahre. Dass man dann begrüßt wird, wenn man ins Kino reinkommt, der Platzanweiser ist da, der dann den Platz zeigt. Dass zwischendurch das Eis kommt."

    "Und man kommt hier sehr schnell auch ins Gespräch, ne. Das kenn ich auch von hier, was man sonst in keinem anderen Kino kennt, dass man sich mit den Nachbarn unterhält."

    "Es ist halt auch bezahlbar. In den großen Multiplexkinos da sind dann meterlange Schlangen hier ist es alles ein bisschen kleiner, ein bisschen intimer. Man kennt die Dame an der Kasse und den Herrn, der hinten an der Tür steht."

    Dieser Herr heißt Horst Jansen und führt seinen Familienbetrieb mit viel Engagement. Früher war es ein Nebenjob, heute widmet er sich dem Kino umso mehr. In den fünfziger Jahren hatte noch fast jedes Dorf im Umkreis ein eigenes Kino. Übrig geblieben sind vier. Vergleichbar mit dem Berli ist keines. Horst Jansen kennt sein Erfolgsgeheimnis.

    "Ja ich glaub da haben wir die richtige Einstellung zu, dass wir immer noch das Alte hochhalten aber uns dem Neuen einfach nicht verschließen."

    Im Foyer klebt die schwarz-weiße Original-Tapete aus den Fünfzigern. Die alten Leuchter hängen an der Wand, der blaue Vorhang und der Stoffbezug an den Wänden ist derselbe wie einst. Das Gerät zum Abreißen der Eintrittskarten hat schon Jansens Großvater benutzt. Die Jansens schwören auf familiären Charme und Traditionen wie ihre Eispause.

    "Jetzt bin ich der Eismann. Da gucken sie schon und warten darauf, dass ich komme. Vielen Dank, zwei Euro danke. Zwei Mal Konfekt – vier Euro bitte."

    Seit dem letzten Jahr legt Herr Jansen keine Filmrollen mehr ein, ein Mausklick reicht, um den Film zu starten. Die Verleiher setzen auf neueste, digitale Technik. Und die Kunden auf Sitzkomfort. Nach über einem halben Jahrhundert wurden die alten Holzstühle durch bequeme Polstersitze ersetzt.

    "So ne Digitalisierung kostet zwischen 70 und 80.000 Euro. Die Neubestuhlung hat auch einen großen Batzen an Geld gekostet. Das muss irgendwo herkommen. Da sind wir also für jeden Euro den wir als Unterstützung bekommen dankbar."

    Die Film- und Medienstiftung NRW und die Filmförderungsanstalt in Berlin haben den Jansens geholfen. Ohne diese Förderung gäbe es das Berli nicht mehr. 43 Kinos in Nordrhein Westfalen hat die Filmstiftung seit 2010 bei der Digitalisierung unterstützt. Kostenpunkt: eine Million Euro. Aus einem europäischen Fond stehen aktuell drei Millionen bereit. Bis Ende dieses Jahres sollen weitere 150 kleine Kinos digitalisiert sein. Doch das ist nur der erste Schritt. Andre Jansen, der Junior, will das Berli weiterführen. Einfach wird das nicht.

    "Bei uns kommen die Gäste hin und sind sich vorher im Klaren, welchen Film sie sehen möchten. Wir haben nämlich nur einen Film am Abend. Das ist eben Kino wie es vor 60 Jahren war. Und dazu kommt irgendwie den Spagat zu schaffen zwischen dieser Nostalgie aber dennoch es schaffen durch moderne Vorführtechnik und Projektionstechnik, Tontechnik auch aktuelle Filme zu spielen und eben auch generationsübergreifend – den Spagat zwischen Blockbuster, Mainstream und auch schon mal anspruchsvollem Programmkino. Und das aufm Dorf."

    Aber die Jansens haben einen ganz entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
    Sie arbeiten immer gemeinsam – als Familie. Andre Jansen:

    "Wenn das nicht Familie wäre, würde es eigentlich gar nicht funktionieren. Angestellte und sowas ist überhaupt nicht drin."

    Oma:

    "''Ich freu mich ja, das mein Sohn das macht und mein Enkel auch sich dafür arrangiert und meine Schwiegertochter. Das ist alles wunderbar. Ja, wenn die das ja nit übernommen hätten, dann wäre et ja zu.""

    Mutter:

    "Das hat Zukunft. Es war also glaube ich kein Fehler, dass wir diese ganze Sache gemacht haben. Ich spüre das. Die Leute die sind so begeistert und diese Begeisterung schwappt über."

    Horst Jansen:

    ""Wir müssen uns natürlich jeden Tag neu erfinden. Aber in dieser Gruppe, in dieser Familie so wie die Konstellation ist, wird uns das mit Sicherheit gelingen.""