Dienstag, 16. April 2024

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Dennis Schröder
Der deutsche X-Faktor

Der Braunschweiger Dennis Schröder spielt seine zweite NBA-Saison für die Atlanta Hawks. Schröder macht Druck, reißt die Verteidigungsreihen der Gegner auf und sein Spiel wird ständig besser, ebenso das seiner Mannschaft. Wenn in der Nacht zum Sonntag die Playoffs beginnen, wollen Schröder und die Hawks nach dem ganz großen Erfolg greifen.

Von Jürgen Kalwa | 18.04.2015
    Dennis Schröder (r.) spielt seine zweite Saison für die Atlanta Hawks in der NBA.
    Dennis Schröder (r.) spielt seine zweite Saison für die Atlanta Hawks in der NBA. (picture alliance / dpa - Erik S. Lesser)
    Kurz vor jedem Heimspiel der Atlanta Hawks beginnt in der Halle in der Mitte der Stadt ein attraktives Spektakel. Schnell geschnittene Szenen werden minutenlang auf das komplette Spielfeld projiziert, das auf diese Weise in eine einzige Leinwand verwandelt wird. In der Montage der bewegten Bilder werden auch die Spieler vorgestellt. Darunter der Mann mit der Nummer 17: Dennis Schröder aus Braunschweig, 21 Jahre alt und in seiner zweiten Saison in der besten Basketball-Liga der Welt.
    Letzten Montag allerdings versprach die Anfangsshow den Zuschauern zu viel. Dennis Schröder saß das gesamte Match über auf der Bank.
    "Der Coach hat mir gesagt, gestern vorm Spiel, dass ich aussetzen werde, damit ich meine Ruhe bekomme, weil es eine lange Saison war."
    82 Spiele geht so eine NBA-Saison, ehe die Playoffs beginnen. Doch der 21-Jährige macht nicht gerne Pause, wie er hinterher in der Umkleidekabine erzählte:
    "Ich will natürlich jedes Spiel spielen und, ja, alles geben bei jedem Spiel. Ich habe ihm halt auch gesagt, dass ich das auch akzeptiere, aber auf jeden Fall nicht damit zufrieden bin."
    Effizienz bei Einsätzen
    Zwei Tage später durfte er wieder ran und war mit 21 Punkten der beste Schütze seiner Mannschaft. Was gut für ihn war, denn so konnte er seinem Trainer noch einmal zeigen, dass der mit ihm rechnen kann, wenn es morgen in der ersten Playoff-Runde gegen die Brooklyn Nets ernst wird. Coach Mike Budenholzer:
    "Sein Anteil an dem, was wir in dieser Saison erreicht haben, ist enorm. Er steckt viel Zeit in die Arbeit. Er strengt sich an, aber hört auch auf die Trainer und die Mitspieler. Das Resultat sieht man auf dem Platz. Im Angriff und in der Defensive. Wir können froh sein, dass er sich so schnell entwickelt hat und dass noch mehr in ihm steckt."
    Schröder hat sich im zweiten Jahr in der NBA gesteigert. Aber auch das Team ist besser geworden. Was zu einem erheblichen Teil an Budenholzer liegt, der zur gleichen Zeit wie Schröder kam, nachdem er jahrelang in San Antonio als Assistenztrainer einer der Architekten einer Mannschaft war, die viermal Meister wurde.
    Die Hawks gehen als Nummer eins der Setzliste der Eastern Conference in die Playoffs. Was bedeutet, dass man in jeder Runde zunächst mal zwei Heimspiele hat, ehe man zum Gegner reisen muss. Kommt es zu einem entscheidenden siebten Spiel in der Best-of-Seven-Serie, findet auch dieses Match in Atlanta statt.
    Schröder steht meistens nicht in der Startaufstellung. Er kommt von der Bank. Aber er steuert knapp 20 Minuten pro Begegnung bei. Getreu der Philosophie von Budenholzer:
    "Das zeichnet uns halt aus, dass wir als Team verteidigen und in der Offense als Team spielen und den Ball passen wie kein anderer. Wir haben eine sehr gute Saison gespielt als Team. Und ich hoffe auf jeden Fall, dass wir das jetzt weiterführen können in den Playoffs."
    Erinnerungen an den Nowitzki der Neunziger
    Schröder ist dabei so etwas wie ein X-Faktor. Einer der Druck macht und gegnerische Verteidigungsreihen aufreißt, weil er schwer auszurechnen ist.
    Schröders Entwicklung erinnert unweigerlich an die Zeit Ende der neunziger Jahre, als Dirk Nowitzki nach Dallas kam und sich in der ersten Saison ziemlich schwer tat. Aber ab dem zweiten Jahr machte er beständig Fortschritte. Mit einem Unterschied, sagt Holger Geschwindner, Entdecker, Mentor, Trainer und Weggefährte des Würzburgers: Der lange Nowitzki hatte es leichter, sich hineinzufinden.
    "In dem Fall muss man sagen, ist es für einen Playmaker, der jung herein kommt und soll dann den Veterans erklären, wie das alles geht und die führen, schon schwieriger. Er muss der verlängerte Arm vom Coach sein. Dazu muss man nicht nur relativ gut wissen, was der will, sondern auch, was die Spieler wollen. Man ist ja ein Vermittler. Und das ist, glaube ich, mehr Kopfarbeit."
    Budenholzer und Schröder scheinen in diesem Vermittlungsprozess ein gutes Stück weitergekommen sein.
    "Ich weiß jetzt auch, was ich zu tun habe. Das versuche ich jedes Spiel zu bringen. Nach dem Spiel sagt er mir, ob es gepasst hat oder nicht."
    Es passt immer besser. Weshalb der Club vor ein paar Monaten seine Option wahrte und Schröder auch für die kommende Saison an sich band. Egal, wie der Kampf um die Meisterschaft ausgeht.