Dienstag, 23. April 2024

Archiv


Deponie für die Ewigkeit

Geologie. - Eine Gruppe von 16 Experten aus Bundesbehörden, Universitäten und Forschungseinrichtungen reist derzeit kreuz und quer durch deutsche Lande. Dabei gilt ihre Aufmerksamkeit allerdings weniger touristischen Attraktionen, sondern der Beschaffenheit des Untergrundes. Besonders willkommen dürften die Wissenschaftler den jeweiligen Anwohnern kaum sein, suchen sie doch nach einer wahrhaft dauerhaften Bleibe für den allseits ungeliebten Atommüll.

23.04.2002
    AKEnd - Arbeitskreis Auswahlverfahren für Endlager, so lautet die trockene Bezeichnung eines Häufleins illustrer Experten, die sich aus höchst unterschiedlichen Institutionen rekrutieren und dennoch ein gemeinsames Ziel teilen: einen geeignete Platz in Deutschland zu finden, an dem Atommüll möglichst sicher dem Untergrund anvertraut werden kann. 1999 wurde das Gremium durch das Bundesumweltministerium ins Leben gerufen und diskutiert seither um Kriterien, die eine solche letzte Ruhestätte erfüllen muss, und das Verfahren, in dem sie gefunden werden soll. Ausdrücklich ausgeschlossen sind dabei Diskussionen um die beiden Endlagerstandorte Gorleben und Schacht Konrad. Seit gestern tagt das Gremium in Köln. Im Vordergrund stehe dabei, so beteuern die Fachleute, die Bürger von Beginn an an dem Verfahren teilhaben zu lassen.

    Zunächst jedoch müssen die Kriterien erarbeitet werden, nach denen ein potentielles Endlager beurteilt wird. Dies dürfte indes das geringere Problem darstellen, gelten die geologischen Grundlagen hierfür doch seit rund 30 Jahren als genügend bekannt. So soll die geologische Struktur, in der eingelagert wird, etwa eine Mindestgröße von zwölf Quadratkilometern besitzen, sofern es kein Salzstock ist. Salzstöcke können wegen ihrer besonderen Eigenschaften etwas kleiner sein. Grundsätzlich sollte sich das Lager in einer Tiefe zwischen 500 und 1500 Metern befinden, um Strahlenschutz und terroristensichere Aufbewahrung zu gewährleisten. Auch will man Granitgesteine vermeiden, da diese oft sehr zerklüftet sind und einen hohen technischen Aufwand erfordern, um Wassereinbruch und das Aussickern gefährlicher Stoffe zu vermeiden. Denn immerhin geht es bei der Deponie um eine Einrichtung für rund eine Million Jahre.

    Salzstöcke und Tonlagen gelten daher als ideale Vorraussetzungen für eine solche Einrichtung. Sie bilden, wie etwa Erfahrungen mit dem Zwischenlager Gorleben zeigen, eine hinreichend feste und trockene Umgebung für ausgedehnten Bergbau. In Frage kommen neben Gorleben verschiedene Salzlager in Nord-, Mittel- sowie Süddeutschland, wenngleich letztere eher klein ausfallen. Dazu kommen Tonsteinschichten in Norden sowie im Schichtstufenland Südwestdeutschlands. Während nach Vorgabe des Bundesumweltministeriums nur ein Standort letztlich ausgewählt werden soll, zeigen sich die Experten eher skeptisch. Dazu Wernt Brewitz, Fachbereichsleiter Sicherheitsforschung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit: "Wir sehen sicherheitstechnische Probleme bei der Endlagerung von gasproduzierenden, schwach- und mittelaktiven Abfällen in sehr dichtem Gestein, denn es könnte zu einem Druckaufbau im Lager kommen, bei dem unsere Prognosemodelle versagen könnten." Brewitz empfiehlt daher eine separate Lagerung dieses Nuklearmülls von den heißen, hochaktiven Brennstoffresten. Bis ein Standort gefunden ist, wird noch einige Zeit vergehen: Die Ergebnisse von AKEnd werden noch in diesem Jahr vorliegen und ab 2004 wird dann ein Standort gesucht, der 2030 in Betrieb gehen soll.

    [Quelle: Dagmar Röhrlich]