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Depression
Gefahren und Auswirkungen für das soziale Umfeld

Die Erkrankung Depression belastet Partnerschaft, Familie und Freunde in hohem Maße: 84 Prozent der Erkrankten ziehen sich während ihrer Depression aus sozialen Beziehungen zurück. Das belegt eine neue Studie der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Und es gibt noch weitere besorgniserregende Zahlen.

von Annegret Faber | 27.11.2018
    Ein Mann sitzt an einem Fenster und schaut raus
    Depressionen können zur Vereinsamung führen (imago/stock&people/Thomas Eisenhuth)
    Uwe Hauck litt viele Jahre an schweren Depressionen und zog sich immer mehr von seiner Familie zurück.
    "Zum einen hatte ich Phase, wo ich nix gefühlt hatte, gar nichts, das war einfach leer, maximal Angst, das war für mich das beherrschende Moment. Als depressiver Mensch denkt man eh immer, dass man schlecht und defizitär ist und das hat 2010, da gab es eine richtigen Zusammenbruch und 2013 gab es eine zweiten Zusammenbruch und ab da ging es permanent bergab, da wurde es immer schlimmer."
    Familien werden belastet
    Statt Hilfe zu suchen wurde Uwe Hauck immer launischer, seine Ängste und Selbstzweifel immer größer. Vertrauen konnte er nicht, weder sich selbst noch Anderen. Aber er forderte es von seinen Kindern und seiner Frau Sibylle.
    "Und irgendwann habe ich einmal den Moment gehabt, wo ich gesagt habe, so, wenn sich jetzt nichts ändert, muss ich ausziehen, der Kinder wegen, damit des denen gut gehen kann."
    So wie ihr geht es vielen PartnernInnen von depressiven Menschen, stellt Professor Ulrich Hegerl nun in einer Studie fest. Der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe kennt die Probleme aus seiner täglichen Arbeit. Aber bisher gab es dazu keine Studien, keine Daten, die das Ausmaß mit Zahlen belegen.
    "Und eine für mich auch sehr beeindruckende Zahl ist, dass von den Betroffenen, von den Erkrankten, 45 Prozent angeben, dass bei ihnen eine Partnerschaft in die Brüche gegangen ist, wegen der Depression."
    Schuldgefühle sind nicht angebracht
    5.000 Menschen wurden für die Studie online befragt. Zur Hälfte Frauen und Männer. 15 Prozent der Befragten gaben an, dass sie derzeit mit einem depressiven Partner zusammen leben. Sie beobachten eine deutliche Verschlechterung der Beziehung und stehen selbst unter einem großen Druck. Jeder Zehnte habe Schuldgefühle gegenüber ihrem erkrankten Partner und fühle sich für die Krankheit und die Genesung verantwortlich.
    "Die fühlen sich hilflos, die Partner und da ist es sehr wichtig, dass man klar macht, die Schuldgefühle sind auf beiden Seiten nicht angebracht. Hier liegt eine Erkrankung vor und die muss behandelt werden. Das ist die richtige Haltung und die Schuldgefühle sind auf beiden Seiten nicht berechtigt."
    Falsche Vorstellungen über Depressionen
    Die Studie zeigt auch. Ein Drittel aller Befragten geht davon aus, man könne die Krankheit selbst heilen. Eine Behandlung sei nicht nötig.
    "Man kann eine Depression mit noch so großer Zuneigung nicht zum Abklingen bringen, man kann sie nicht mit Liebe heilen, genauso wenig wie man eine Diabetes Melitus mit Zuneigung heilen kann."
    Offener Umgang mit der Erkrankung hilft
    30 Prozent der Bevölkerung glaubt außerdem, Depression sei eine Charakterschwäche. Ein großer Trugschluss der Ulrich Hauck beinahe seine Beziehung und auch sein Leben kostete. Deshalb hat er ein Buch darüber geschrieben, hält Vorträge und klärt andere Menschen auf.
    "Mir tut es extrem gut, offen damit umzugehen und das haben mir auch Therapeuten bestätigt, wenn es mir nichts ausmacht und ich kein Problem habe, offen damit umzugehen – machen! Denn es hilft ungemein damit raus zu kommen, an die Öffentlichkeit und es kann auch anderen helfen."
    Und seine Frau Sibylle Hauck ist froh darüber.
    "Weil, ich wusste ja, wie er vorher war, ohne Depression, oder zumindest nicht so massiv und dann dachte ich, wenn das eine Krankheit ist, kann man was tun und muss man was tun, und dann kann das ja besser werden!"
    Auch das bildet die Studie ab. Auf der einen Seite geht fast die Hälfte der Beziehungen auseinander, 45 Prozent. Auf der anderen Seite sagt ein Drittel der Betroffenen, der Partner habe sich ihnen zugewendet, die Beziehung sei sogar intensiver geworden. Wichtig sei es, sich der Krankheit zu stellen und bei Psychotherapeuten professionelle Hilfe zu suchen.