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Der Donauausbau stockt

Mit einer Donauraum-Strategie versucht die EU seit anderthalb Jahren, die Donauregion wirtschaftlich auszubauen. Der Fluss soll Anrainerstaaten wie Deutschland, Ungarn, Bulgarien, Tschechien und andere miteinander vernetzen - doch die Idee verwässert.

Von Susanne Lettenbauer | 28.11.2012
    Die Idee ist faszinierend: Ein mittelständisches Unternehmen aus Bulgarien bekommt seine Waren von einem Kunden aus den USA direkt über den Hafen von Rotterdam über die Donau, ein kroatischer Zwischenhändler lädt in Vukovar Waren hinzu, dann geht es per Schiff weiter bis zum Hafen von Ruse, von dort per Schiene direkt ins Firmenlager. Glaubt man der europäischen Donauraumstrategie, dann soll dieses Szenario bis 2020 Wirklichkeit werden. Eine durchgängig schiffbare Donau, wirtschaftlich rentabel. Doch vor allem die deutsche Donau ist nicht ganzjährig schiffbar, eine Tatsache, die in der Vergangenheit oft bemängelt wurden von den anderen Anrainerstaaten. Auf dem ersten Treffen der Donauanrainerstaaten in Regensburg klingen die Vorwürfe nicht mehr ganz so scharf. Miodrag Poledica vom serbischen Ministerium für Infrastruktur und Energie:

    "Wir können bei der Suche nach einem geeigneten Transportsystem keine schnelle Lösung erwarten, denn dessen Ausbau ist sehr teuer. Wir reden hier über die teuersten Projekte der Donauregion, rund elf Billionen Euro. Da können wir nicht schnell entscheiden. Ich denke, wenn es in Deutschland beim Ausbau hakt, ist noch nichts verloren."

    Serbien weiß, dass Deutschland der wichtigste Kooperationspartner ist, wenn es um den Ausbau der Donau geht. So koordiniert Baden-Württemberg gemeinsam mit Kroatien die ökologischen Maßnahmen für die Donau-Wasserstraßen. Vor allem von den deutschen mittelständischen Unternehmen erhoffen sich die Balkanstaaten in der aktuellen Krise neue wirtschaftliche Impulse. Denn die Transportmöglichkeit auf den angrenzenden Flüssen wie zum Beispiel auf der Save, Sloweniens größtem Fluss, wurden bislang bei den Transportkapazitäten noch gar nicht eingerechnet, betont Bozo Cera, Staatssekretär im slowenischen Außenministerium.
    Sein Kollege Franc Zepic, der Vertreter des slowenischen Verkehrsministeriums auf dem Jahresforum in Regensburg, begrüßt die Anstrengungen der deutschen Seite, das Nadelöhr bei Deggendorf ökologisch zu meistern:

    "Ich finde nicht, dass Deutschland hinterherhinkt beim Ausbau, zuallererst müssten die Anrainerstaaten ein gemeinsames Nutzungskonzept finden, dass klar ist, was die einzelnen Staaten beitragen können zu einem vernünftigen Transportsystem in der Donauregion. Ich bin überzeugt, Deutschland leistet dazu einen großen Beitrag."

    Genau bei der Koordination eines gemeinsamen Wasserstraßennetzes aber hakt es gewaltig, macht das Jahresforum deutlich. Gut 90 Prozent der Kapazitäten der Donau würden heute nicht genutzt.

    Vor allem, weil jeder der 14 Anrainerstaaten sein eigenes Konzept verfolgt, kritisiert der für Regionalpolitik zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn. Der Ausbau der Autostraßen, der Ausbau der Schienenwege – sie müssten besser koordiniert werden, um ein effizientes Transportsystem im Donauraum zu ermöglichen. Ein Ausbau der Donau in Deutschland mache deshalb gar keinen Sinn, sagt Kurt Schmid vom Bund Naturschutz Bayern:

    "Deshalb bin ich und der Bund Naturschutz überzeugt, dass die Betonfraktion der CSU ein Umdenkprozess beginnt und die Pläne für einen zerstörerischen Ausbau der Donau endlich in der Mottenkiste versenkt werden."

    Rund 69 Kilometer Donau mit wechselndem Wasserstand verhindern auf deutschem Gebiet bislang eine wirtschaftliche Nutzung. Rund 12,8 Millionen Tonnen wären möglich, zeigen vorläufige Ergebnisse der dringend erwarteten EU-Studie. Rainhard Vorderwinkel, der Verantwortliche für die Wasserstraßen im österreichischen Verkehrsministerium, lehnt sich in Regensburg entspannt zurück. Seiner Meinung nach steht Deutschland nicht unter Druck:

    "Ich will nicht sagen, das einzige Problem ist Deutschland. Es ist sicherlich eine Schlechtstrecke, ein Flaschenhals, aber es ist die Aufgabe eines jeden Landes, mit dem umzugehen. Es wäre sicher wünschenswert, wenn sich hier was rührt. Wenn man sagt, man will von Amsterdam nach Constanza fahren, dann ist das nicht realistisch, diese Relationen gibt es nicht."

    Der Traum vom bulgarischen oder auch kroatischen Mittelständler, der direkt beliefert wird von Rotterdam über die Donau sei ein Hirngespinst, sagt Vonderwinkel. Größere Potenziale sieht er in dem zunehmenden Schiffstourismus. Der benötige keinen flächendeckenden teuren Donauausbau. Die wendigen Flusskreuzfahrtschiffe verfügen über weniger Tiefgang als die Lastschiffe, belasten die Umwelt weniger und das Naturerlebnis würde nicht beeinträchtigt werden durch begradigte Flussläufe wie bei Deggendorf geplant. Mehr Naturerlebnis, weniger Lastschiffe - das kann ein Wirtschaftsfaktor werden für den Donauraum. Laut Vonderwinkel würde der Komplettausbau der Donau nach wirtschaftlichen und ökologischen Richtlinien rund vier Milliarden Euro kosten, rechnet Verkehrsexperte Vonderwinkel vor. Ein Bruchteil der Kosten, die für den Ausbau des Straßenverkehrs ausgegeben werden.