Henry van de Velde ist heute als ein Hauptvertreter des Jugendstils bekannt, aber er selbst hat sich nie als Jugendstilkünstler gesehen – folgt man der These von Ausstellungskuratorin Sabine Walter im Neuen Museum Weimar:
"Er hat niemals zum Beispiel figurative Ornamentik gemacht. Sie werden niemals irgendwie Jungfrauen mit wallenden Haaren als Dekorelemente haben; Sie haben niemals irgendwelche Käfer wie zum Beispiel bei der École de Nancy oder Blätterwerk. Aber das war für ihn eben auch eine Entwicklung, überhaupt dahin zu kommen."
Van de Veldes stilistische Entwicklung überhaupt museal zu erfassen, ist eine Herausforderung, denn sie ist ständigen Wechseln unterworfen. Nach seinen Anfängen als Maler in Antwerpen unter dem Einfluss des Impressionismus erfasste ihn um 1890 ein "Gefühl von Unruhe und mangelnder Befriedigung", wie van de Velde selbst später schrieb, und sah die Beschränkung auf ein einziges traditionell-künstlerisches Genre als nicht mehr zeitgemäß an. Verantwortlich dafür war mutmaßlich, wie bei vielen seiner Zeitgenossen, Nietzsches Lehre vom Neuen Menschen, der eine zeitgemäße Ausdrucksform brauche. Der einst von Richard Wagner populär gemachte Begriff des Gesamtkunstwerks schien auf diese Anforderung zu passen.
Vorbild war unter anderem die englische "Arts and Crafts"-Bewegung um Charles Rennie Macintosh, die den Kunstbegriff auf Fragen der Gestaltung ganzer Lebensumgebungen ausweitete, von der Architektur über die Gartengestaltung bis hin zum Möbel- und Besteckdesign. Anders als seine großen Konkurrenten wie Jugendstil-Großmeister Victor Horta in Brüssel verzichtete van de Velde allerdings auf die Produktion von Luxusgütern, sondern orientierte sich ganz am Gedanken der Alltagsfunktionalität und der klaren Linienführung. Dekorelemente wurden immer mit bestimmten Funktionen versehen, seine Entwürfe waren grundsätzlich immer auch für bürgerliche Kunden erschwinglich. Innerhalb kurzer Zeit machte er sich dadurch einen Namen auch in Deutschland und wurde kurz nach der Jahrhundertwende zum Gründer der Großherzoglich Sächsischen Kunstgewerbeschule in Weimar berufen, für deren Gebäude er selbst die Entwürfe lieferte. Noch heute ist van de Velde in die Stadtgeschichte Weimars weitaus stärker integriert als etwa das Bauhaus, das er selbst maßgeblich inspirierte.
"Das hat bestimmt damit zu tun, dass van de Velde viel stärker als die Bauhaus-Meister mit den hiesigen Kunsthandwerkern gearbeitet hat. Also die haben zum Teil wirklich ihre Belegschaft verdoppeln und verdreifachen können, denken Sie an Theodor Müller, den Juwelier hier in Weimar, Scheidemantel, die Tischlerei, die Korbflechter in Tannroda, die Elfenbeinschnitzer in Ruhla - also der war hier viel eher in das Handwerk verwurzelt als die Bauhaus-Meister, die hier für die Weimarer und in Thüringen eigentlich nur absolute Spinner waren."
Die an sich zunächst so erfolgreiche Zeit in Deutschland endete schmählich im Zerwürfnis mit dem Weimarer Hof. Die Kunstgewerbeschule wurde 1915 geschlossen, van de Velde verließ 1917 Deutschland ins Schweizer Exil, vertrieben nicht zuletzt von ausländerfeindlichen Ressentiments am Ende des Ersten Weltkriegs.
So ist die Weimarer Ausstellung auch eine Aufarbeitung eines ambivalenten Teils der Moderne in Deutschland - darüber hinaus jedoch eine auf ihre Weise einzigartige Gelegenheit, komplette Ausstattungsserien und Interieurs zu besichtigen, die aus Privatbesitz stammen und von Museen zweifellos kaum in diesem Umfang noch ausgeliehen würden.
"Er hat niemals zum Beispiel figurative Ornamentik gemacht. Sie werden niemals irgendwie Jungfrauen mit wallenden Haaren als Dekorelemente haben; Sie haben niemals irgendwelche Käfer wie zum Beispiel bei der École de Nancy oder Blätterwerk. Aber das war für ihn eben auch eine Entwicklung, überhaupt dahin zu kommen."
Van de Veldes stilistische Entwicklung überhaupt museal zu erfassen, ist eine Herausforderung, denn sie ist ständigen Wechseln unterworfen. Nach seinen Anfängen als Maler in Antwerpen unter dem Einfluss des Impressionismus erfasste ihn um 1890 ein "Gefühl von Unruhe und mangelnder Befriedigung", wie van de Velde selbst später schrieb, und sah die Beschränkung auf ein einziges traditionell-künstlerisches Genre als nicht mehr zeitgemäß an. Verantwortlich dafür war mutmaßlich, wie bei vielen seiner Zeitgenossen, Nietzsches Lehre vom Neuen Menschen, der eine zeitgemäße Ausdrucksform brauche. Der einst von Richard Wagner populär gemachte Begriff des Gesamtkunstwerks schien auf diese Anforderung zu passen.
Vorbild war unter anderem die englische "Arts and Crafts"-Bewegung um Charles Rennie Macintosh, die den Kunstbegriff auf Fragen der Gestaltung ganzer Lebensumgebungen ausweitete, von der Architektur über die Gartengestaltung bis hin zum Möbel- und Besteckdesign. Anders als seine großen Konkurrenten wie Jugendstil-Großmeister Victor Horta in Brüssel verzichtete van de Velde allerdings auf die Produktion von Luxusgütern, sondern orientierte sich ganz am Gedanken der Alltagsfunktionalität und der klaren Linienführung. Dekorelemente wurden immer mit bestimmten Funktionen versehen, seine Entwürfe waren grundsätzlich immer auch für bürgerliche Kunden erschwinglich. Innerhalb kurzer Zeit machte er sich dadurch einen Namen auch in Deutschland und wurde kurz nach der Jahrhundertwende zum Gründer der Großherzoglich Sächsischen Kunstgewerbeschule in Weimar berufen, für deren Gebäude er selbst die Entwürfe lieferte. Noch heute ist van de Velde in die Stadtgeschichte Weimars weitaus stärker integriert als etwa das Bauhaus, das er selbst maßgeblich inspirierte.
"Das hat bestimmt damit zu tun, dass van de Velde viel stärker als die Bauhaus-Meister mit den hiesigen Kunsthandwerkern gearbeitet hat. Also die haben zum Teil wirklich ihre Belegschaft verdoppeln und verdreifachen können, denken Sie an Theodor Müller, den Juwelier hier in Weimar, Scheidemantel, die Tischlerei, die Korbflechter in Tannroda, die Elfenbeinschnitzer in Ruhla - also der war hier viel eher in das Handwerk verwurzelt als die Bauhaus-Meister, die hier für die Weimarer und in Thüringen eigentlich nur absolute Spinner waren."
Die an sich zunächst so erfolgreiche Zeit in Deutschland endete schmählich im Zerwürfnis mit dem Weimarer Hof. Die Kunstgewerbeschule wurde 1915 geschlossen, van de Velde verließ 1917 Deutschland ins Schweizer Exil, vertrieben nicht zuletzt von ausländerfeindlichen Ressentiments am Ende des Ersten Weltkriegs.
So ist die Weimarer Ausstellung auch eine Aufarbeitung eines ambivalenten Teils der Moderne in Deutschland - darüber hinaus jedoch eine auf ihre Weise einzigartige Gelegenheit, komplette Ausstattungsserien und Interieurs zu besichtigen, die aus Privatbesitz stammen und von Museen zweifellos kaum in diesem Umfang noch ausgeliehen würden.