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Der Fall Kaplan: "Irgend etwas muss schief gelaufen sein"

Durak: Mitgehört hat Hermann Lutz, wir kennen ihn als ehemaligen Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei hier in Deutschland und auch für Europa. Jetzt ist er Pensionier und damit auch vielleicht auskunftsfreudiger als aktive Polizisten, die das gar nicht dürfen. Guten Tag, Herr Lutz.

    Lutz: Einen schönen guten Tag nach Köln.

    Durak: Sie haben ja mit gehört, viele Fragen möchte ich Ihnen stellen, einige kann ich Ihnen nur stellen. Herr Wagner hat gesagt, möglicherweise hat sich Kaplan auch nach Holland abgesetzt. Hätten wir da Möglichkeiten, ihn zu fassen?

    Lutz: Das ist heute kein Problem mehr, das heißt die europäische Zusammenarbeit ist heute so gut geworden, dass es ohne Schwierigkeiten möglich ist, tatsächlich dort einen Haftbefehl zu vollstrecken, einen Haftbefehl, der sicher ja auch zu erwarten war. Aber natürlich bleiben hier einige Fragen offen, das muss man ganz nüchtern sehen. Wer also nur seine Informationen aus den öffentlich zugänglichen Medien nimmt, der versteht natürlich das eine oder andere nicht, gerade in einem solch brisanten politischen Fall.

    Durak: Deshalb fragen wir Sie ja sozusagen und bieten der Öffentlichkeit unser Gespräch an als Informationsquelle. Halten Sie das Vorgehen der Polizei für richtig und als das einzig mögliche?

    Lutz: Die Frage ist natürlich, wer jeweils zuständig war. Natürlich zuerst einmal für die Frage der Abschiebung ist unbestritten die Stadt Köln zuständig, das steht außer Frage. Wobei Köln natürlich nicht die Möglichkeiten hat, die eben der Staat in Gänze hat. Da kommt natürlich ins Geschäft der Verfassungsschutz im weiteren Sinne, ob das Bundesamt oder das Landesamt für Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen und die zuständige Polizei. Hier muss irgendwo etwas falsch gelaufen sein, das ist unbestritten, denn es kann nicht sein, dass in einem Vorgang, den man erwartet hat, jemand sich tatsächlich verdünnisieren kann, wo wir alle davon ausgehen, dass es ein großes Interesse und zwar ein politisches aber auch ein rechtliches Interesse gibt, hier irgendwann einmal eine Schnittstelle zu haben, zu sagen, so geht es nicht weiter. Aus diesem Grunde hätte man Kaplan so observieren müssen, dass er nicht einfach sich in den Untergrund oder wo auch immer hin verdünnisieren kann.

    Durak: Was ist jetzt noch zu retten, wenn überhaupt noch etwas zu retten ist?

    Lutz: Die Frage ist zuerst einmal, wer ist da überhaupt zuständig? Ich kann mir also gar nicht vorstellen, dass die Kölner Polizei, die den Vorgang ja lange gekannt hat, tatsächlich so versagt hat. Ich kenne die handelnde Person von der Spitze her und habe selbst mit ihm, mit Klaus Steffenhagen über viele Jahre zusammengearbeitet. Ich kann mir das kaum vorstellen, dass man in einem solchen Vorgang hier handwerkliche Fehler dieser Art machen würde, aber irgendwo muss irgendetwas schief gelaufen sein und ich gehe davon aus, dass die Pressekonferenz heute Mittag da ein wenig Klarheit bringen wird. Was man jetzt noch machen kann, alles in Bewegung setzen, um Kaplan zu bekommen.

    Durak: Wenn er nicht schon weg ist. Wie kann einem Mann wie Kaplan eine solche Flucht gelingen? Falsche Papiere? Andere Helfershelfer? Abgedunkelte Autos über freie Grenzen?

    Lutz: Das ist heute kein Problem mehr. Ich meine, es gibt keine nahtlose Sicherheit und auch Überprüfung, das haben zuletzt auch die Sicherheitskontrollen am Frankfurter Flughafen sehr deutlich gemacht, dass man eben selbst sogar mit Sprengmitteln ein- und ausreisen kann. Also, solche Dinge passieren, weil es eben eine lückenlose Überwachung nicht gibt, aber es hätte eigentlich gelingen müssen, in dem Objekt, wo er sich über die ganze Zeit aufgehalten hat, zumindest festzustellen, wo er sich hinbewegt und ihn einfach zu observieren, das ist eigentlich eine sachliche Notwendigkeit und dann würde sich diese Frage nicht stellen. Heute ist es natürlich klar, ich kann über die grüne Grenze heute ohne Schwierigkeiten gehen, falsche Ausweispapiere sind überwiegend auch eine Frage des Geldes, das sind Dinge, die denkbar sind. Ich weiß jetzt nicht, welche Ausweispapiere er tatsächlich alle hat, von seiner Staatsangehörigkeit her. Aber im Ausland bekomme ich für einige hundert Euro ein Originalausweispapier mit dem entsprechenden Bild und den Daten, die ich wünsche. Also, die Dinge sind alle denkbar.

    Durak: Damit entlassen Sie uns etwas ratlos aus dem Gespräch, aber danke dennoch. Hermann Lutz, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei war das, schönen Dank, Herr Lutz.

    Lutz: Ok.