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Der Gründermarkt als Generalprobe

In den ersten drei Monaten werden die Jungunternehmer von "Gründen im Team" noch an die Hand genommen, nehmen an Workshops und Seminaren teil. Danach müssen sie auf eigenen Beinen stehen. Dieser Moment ist jetzt gekommen: Auf dem "Gründermarkt" in Gladeck präsentieren die Gründerinnen und Gründer ihre Geschäftsideen. Eingeladen sind Freunde und Bekannte, die örtliche Presse, Banken und Sparkassen, IHK und Wirtschaftsprüfer. Die Generalprobe für die frischgebackenen Unternehmer.

Von Svenja Üing | 21.06.2006
    Heute morgen wurden noch die letzten Tische gerückt und Stellwände dekoriert, bevor in wenigen Minuten, um Punkt 15 Uhr, der Startschuss fällt: für den so genannten "Gründermarkt" des Gladbecker GiT-Teams. Gabriele Zimmermann, Leiterin von Gründen im Team, kurz GiT, geht noch einmal von Gruppe zu Gruppe, um Mut zu machen und praktische Tipps zu geben. Sie weiß, wie viel Aufregung bei Einzelnen im Spiel ist:

    " Der heutige Tag ist für die Teilnehmer und auch für uns erstmal ein ganz spannender, mit vielen Höhen und Tiefen begleitet im Vorfeld. Es kommen Ängste auf: Gehe ich da überhaupt noch mal hin? Wir mussten also auch noch einiges telefonieren und wieder Mut machen, weil einige Teilnehmer sagten: Ach, ich weiß nicht meine Idee ist doch noch nicht so weit, ob ich die schon präsentieren kann?"

    Birgit Lerch gehört zu denen, die heute nicht teilnehmen. Allerdings nicht aus Angst vor der Präsentation, sondern weil sie in wenigen Tagen umzieht und ihr die Zeit für die Vorbereitungen auf den "Gründermarkt" fehlte. Und auch Harald Schnitzler wäre beinahe nicht dabei gewesen: In dieser Woche finden zwei wichtige Messen der Automobil- und Fertigungsbranche in Düsseldorf und Leipzig statt. Reizvolle Gelegenheiten für den angehenden Industriellen Kostenanalytiker, mit dem bei GiT erworbenen Wissen in die Öffentlichkeit zu gehen:

    " Momentan bin ich soweit, dass ich das, was ich hier üben kann, zur Not auch mal selbst an eine Messe bringen kann. Denn mit dem Stand, mit dem ich hier auftreten werde, kann ich mir durchaus vorstellen, in Wolfsburg, in Leipzig oder auch in Düsseldorf aufzutreten."

    Dann hat er sich aber doch entschlossen, seine Ideen heute auf dem "Gründermarkt" in Gladbeck zu präsentieren. Allerdings nicht ohne Probleme: Die gemeinsamen Vorbereitungen heute Morgen gingen erst einmal ohne ihn los, weil Harald Schnitzlers Drucker streikte. Die ausgedruckten Folien braucht er aber für die Darstellung seiner Gründungsidee. Dazu werden heute Nachmittag Freunde und Bekannte der GiT-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer erwartet, die örtliche Presse ist eingeladen und auch die regionalen Netzwerkpartner von GiT, also Vertreter von Banken und Sparkassen, von Kammern und Wirtschaftsprüfungsinstituten. Ein halb-öffentlicher Event also, der für Christa Fisch, Gründungskollegin von Harald Schnitzler, dennoch Bedeutung hat:

    " Allem voran die Bedeutung, dass das der Abschluss ist und dass wir uns da noch mal richtig prüfen können und die Resonanz sehen. Ja, ob das alles klappt. Man weiß ja auch noch nicht genau, was einen erwartet."

    Der Gründermarkt funktioniert im Prinzip wie eine Unternehmer-Messe, bei der jede Gruppe die Gelegenheit hat, ihr Angebot potentiellen Kunden in fünf Minuten schmackhaft zu machen. Wie viele andere muss auch Harald Schnitzler aber noch ein wenig an sich arbeiten:

    " Also es gibt einige Punkte, auf die ich achten muss und die kommen müssen. Ein Leistungspaket ordentlich zu beschreiben, sich abzugrenzen gegenüber dem Wettbewerb, darzustellen, was das besondere an dem ist, was ich anbiete. Da war ich ein bisschen schlaksig vorher und ich glaube, da habe ich eine ganze Menge dazu gelernt."

    Einerseits ist der "Gründermarkt" also eine Wertschätzung der Arbeit der vergangenen drei Monate. Andererseits können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hier spielerisch auf den Ernst des Unternehmer-Daseins vorbereiten, erklärt Brigitte Leitner, Moderatorin bei Gründen im Team. Vor allem auf die Herausforderungen der Kundenacquise:

    " Und mit diesem Frust und auch mit der Existenzangst dann klarzukommen, mit den Hindernissen, und dafür wieder Lösungen zu finden, da wird sich in der Folgezeit die Spreu vom Weizen trennen. Was wir einfach hoffen ist, dass die Gründer in diesen zwei, drei Monaten und auch durch ihr Netzwerk - dass sie sich gegenseitig kennen und unterstützen können - dass sie da einfach stabil sind, um mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden."

    Doch selbst wenn auch heute Nachmittag bei der Generalprobe fürs "echte Leben" nicht alles reibungslos verläuft, sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das nicht allzu hoch hängen, sagt Brigitte Leitners Kollege Karl-Heinz Pohl. Am "Gründermarkt" sei noch kein Vorhaben gescheitert:

    " Also ich habe eben häufig erlebt, dass Ideen, die ich so nach meinem persönlichen Dafürhalten auch vor dem Hintergrundlanger Erfahrung für sehr marktfähig gehalten habe, aus irgendwelchen Gründen, die zum Teil in der Person der Leute, in der Konstellation, im Wegbrechen eines Teammitgliedes, im Entstehen einer nicht erwarteten Konkurrenz in dieser Marktnische liegen, dann eben doch nicht an dem Markt gehen, während andere Dinge, wo ich eher sagen würde: Ach, das ist ja fast Hobby oder so Nebenerwerb, die gehen an den Markt und sind erfolgreich. Also, da muss man wirklich ganz, ganz vorsichtig sein."


    "Gründen im Team" - kurz: GiT - so heißt eine Initiative, die Arbeitsuchenden beim Start in die berufliche Selbstständigkeit hilft. Finanziert wird GiT vom Land NRW und der Europäischen Union. Campus und Karriere begleitet zwei der angehenden Existenzgründer ein Jahr lang: Harald Schnitzler und Birgit Lerch. Die bisherigen Folgen:

    Campus & Karriere 2006-05-09 - "Gründen im Team"
    Campus & Karriere begleitet ExistenzgründerInnen *

    Campus & Karriere 2006-05-09 - Der Rütteltest
    Serie: "Gründen im Team" *

    Campus & Karriere 2006-05-19 - Das Unternehmerfrühstück
    Serie: Gründen im Team *

    Campus & Karriere 2006-06-16 - Bei Existenzgründern unterm Sofa
    Serie: Gründen im Team *