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Der "kleine Tiger" schärft die Krallen

So klingt Erfolg. Trung Nguyens Coffeeshop in der Rue Pasteur in Saigons Altstadt ist wieder rappelvoll. Wenn die Kaffeemühle röhrt, klingelt die Kasse. Seit morgens um Sieben schon dudelt der Breitwand-Fernseher im Hintergrund das Dauervideo mit den spektakulärsten Autorenn-Unfällen aus aller Welt ab. So etwas zieht Kunden. Wer in Vietnams Wirtschafts-Zentrum in sein will, schlürft seinen Kaffee bei Trung Nguyen.

Von Gerd Wolff | 10.04.2004
    Kaffee – das ist der Geschmack des Lebens, sagt der junge Mann, der sich durchaus schon zu Vietnams neuer Mittelschicht zählen darf. Er ist 25 und arbeitet als Redakteur für Tourismusfragen bei der Frauenzeitschrift "Die Rolle der Frau". Mittelschicht: das heißt ein Jahreseinkommen über umgerechnet 1000 Dollar, eigenes Moped, Markenklamotten. Trung Nguyen bedient gerne die, die es geschafft haben. Die Kaffeekette hat über 400 Filialen im ganzen Land. Trung Nguyen ist so etwas wie der 'Starbucks' Vietnams, auch wenn der Verkaufsdirektor diesen Vergleich gar nicht gerne hört.

    Erstens, das ist die Qualität, und letztlich: das Franchising-System.

    Natürlich spricht der Manager Deutsch, wie 70.000 weitere Vietnamesen, von denen viele aus der DDR zurückkehrten. Herr Dieu kann auch Englisch und arbeitet an seinem Japanisch: seine Firma hat bereits Verkaufsbüros und Cafés in Tokio, Bangkok und Singapur.

    Vietnam ist nach Brasilien der zweitgrößte Kaffee-Exporteur der Welt. Doch die Preise für Rohkaffee sind im Keller. Im Zentralen Hochland in der Provinz Daklak mühen sich die Kaffeebauern auf ihren gerade aufgebauten Plantagen ab, deren Bäume viel mehr hergeben, als verkauft werden kann. Wenn die Preise an den Rohkaffee-Märkten schwanken, spüren es die Menschen hier am heftigsten. Das ist die andere Seite eines Landes, das sich neuerdings viel traut und ausprobiert, das sich erneuert, und doch dogmatisch bleibt. Wo das kommunistische Zentralkomitee die Marktwirtschaft umarmt hat, aber die allumfassende Kontrolle nicht abgeben mag. Doch davon später.
    Trung Nguyen jedenfalls schlägt Kapital aus der Röstung der grünen Kaffee-Bohnen. Robusta heißt die Sorte, ein bitterer Koffein-Schub, der für westlichen Geschmack nur mit süßer Sahne und auf Eis einigermaßen zu ertragen ist. Immer mehr Vietnamesen setzen auf den Schwung, der aus der Bohne kommt. Das dunkle Gebräu soll die Kraft für den Alltag liefern, der ganz auf Geldverdienen ausgerichtet ist. Und Trung Nguyen verdient mit. In der sozialistischen Volksrepublik Vietnam etablierte sich die Café- und Restaurant-Kette dank einer ur-kapitalistischen Verkaufsidee: Franchising. Es war so etwas wie eine kleine Revolution, sagt Herr Dieu.

    Dieses Geschäftsmodell ist ja eigentlich bekannt, es hat sich in den USA sehr bewährt, aber für uns hier ist es vollkommen neu. Bis heute sind wir die einzigen, die so arbeiten. Franchising hier ist etwas Neues, etwas Besonderes, etwas Kreatives, und es ist der Grundstein für unseren Erfolg.

    Der Erfinder dieser vietnamesischen Geschäfts-Revolution, Firmenchef Dang Le Ngyuen, hat seinen Markennamen an hunderte Subunternehmer verkauft. Den Kaffee, die Tassen mit dem Logo und die einheitlichen Werbetafeln liefert er gleich mit. An jeder dritten Straßenecke Saigons steht mittlerweile ein Trung-Coffee-Shop - gerne dort, wo mittags die Arbeiter und Angestellten aus Fabriken und Behörden in die Pause huschen. Jung-Unternehmerinnen wie Madame Thi haben für die Lizenz zum Kaffeeverkauf umgerechnet immerhin 15.000 Dollar an die Hauptfirma überwiesen. Es ist die Lizenz zum Geldverdienen:

    Hihi, sagt Madame Thi, während der Regen auf das Dach ihres Ladens hämmert, als Geschäftsfrau verdiene ich heute doppelt so viel wie früher und verglichen mit dem Durchschnitt in Vietnam. Sie ist 36, und wenn das Geschäft mit dem Kaffee weiter brummt, will sie heiraten. Aber erst dann.

    Das Unternehmensgesetz, dass die Führung in Hanoi vor drei Jahren erlassen hat, gab die Wirtschaft frei. Jeder, der es wagen wollte, konnte sich selbstständig machen. Zehntausende haben sich getraut, Start-Up ist in Vietnam kein Schimpfwort.

    Junge Unternehmer produzieren überall im Land Bambus-Waren für Ikea. Sie beliefern die Märkte in aller Welt mit Shrimps und Fischsoße. Manche bauen eigene DVD-Spieler, die angeblich sogar ohne die Tücken der japanischen Konkurrenzmodelle laufen. Die Unternehmen verdienen Geld und schaffen Arbeitsplätze. Fast die Hälfte aller vietnamesischen Exportprodukte kommen mittlerweile aus der Privatwirtschaft. Seit Jahren bleiben die Erfolgs-Zahlen stabil – sieben Prozent Wachstum sind für 2003 vorausgesagt. Alles natürlich in dem Rahmen, in dem ein neuer kleiner südostasiatischer Tiger die Krallen schärfen kann: 80 Millionen Vietnamesen erwirtschaften ein Brutto-Inlandsprodukt, das ungefähr vergleichbar ist mit dem von Mecklenburg-Vorpommern.

    Jürgen Braunbach ist der Chef der German Business Association, die die deutschen Geschäftsleute in Vietnam vertritt, und seit zehn Jahren im Land:

    Mittlerweile entwickelt sich Vietnam dahin, ein kleiner Tiger zu werden. Die vorschnelle Euphorie Anfang und Mitte der 90er Jahre, Vietnam zu den ,Tiger-Cups' zu zählen, die hat sich damals mit der Asienkrise als vorschnell erwiesen. Aber durch die in den letzten zwei, drei Jahren in die Wege geleiteten ernsthaften Reformen und die Wirtschaftsentwicklung wird Vietnam nun durchaus ernst genommen und man kann jetzt ab 2003/2005 durchaus von einem neuen Tiger sprechen.

    Die Stimmung im Land ist gut, versichern westliche Diplomaten. Es muss sich nur noch rumsprechen, sagt Jürgen Braunbach:

    Das ist ein altes Problem Vietnams, die Perzeption. In der Vergangenheit gab’s die Boat People und die Zigarettenschmuggler und natürlich der Krieg, und jetzt ist das Problem der Vietnamesen als auch der in Vietnam lebenden Ausländer, das Bild vom neuen Vietnam und den neuen sich hier gebenden Möglichkeiten vom Wirtschaftsraum wie vom gesellschaftlichen Raum zu vermitteln.

    Der Krieg. Er ist seit 28 Jahren vorbei, und trotzdem ist er noch immer das erste, was vielen im Westen zu Vietnam einfällt. Geschossen wird im Land nur noch von den Touristen. Über den Tunneln von Chu Chi, in denen sich einst die Vietkong vor den Amerikanern versteckten, dürfen die Besucher ganze Magazine für einen Dollar pro Patrone leerballern. Chu Chi ist heute –aus Sicht der kommunistischen Führung – ein ideologisch einwandfreies Museum über den Widerstand gegen die alten Besatzer. Es hat etwas von Lunapark und staubt langsam ein. Ebenso wie Ausstellungen mit den Resten des amerikanischen Krieges in Saigon, durch die sich die Touristentrauben schieben. Die Bewohner von Ho Chi Minh City, wie die Stadt nur noch offiziell genannt wird, fahren achtlos vorbei.

    Morgen, mittags und abends ist Moped-Stau in Saigon. Meist auch zwischendurch. Jeden Tag, so heißt es, würden 6000 neue Zweitakt-Flitzer zugelassen. Vietnam beklagte im vergangenen Jahr 7800 Verkehrstote, Tendenz steigend. Doch die Chirurgen-Maske zum Schutz vor den Abgasen halten viele für wichtiger als einen Sturzhelm.

    Auf dem Moped-Sattel sitzt ein junger Mann. Vor ihm, auf dem Blech über dem Motor, hockt ein Kollege. Und auf dem Gepäckträger balancieren die beiden einen mannshohen Geldschrank durch den Verkehr. Auch der Handel mit Tresoren scheint sich mittlerweile zu lohnen. In Vietnams aufstrebender Wirtschaft zählt Bargeld, gerne Dollar. Mercedes-Benz hat im Jahr 2002 immerhin fast 3000 Einheiten im Land zusammengebaut und verkauft. Thomas Rapp, der Chef der Saigoner Werkes, guckt von seinem Büro auf einen riesigen Parkplatz mit Neuwagen. Kleine bis mittlere Limousinen, vor allem aber Lieferwagen, dass ist es, was der Kunde will, sagt er.

    Er kommt mit dem Kasten von Geld. Kaufentscheidungen in Vietnam werden sehr spontan getroffen, im Sinne von: das Geld ist da, der Familienrat hat getagt, und jetzt muss es schnell gehen. Wir reden von wenigen Tagen, ja.

    Die Verkehr, der täglich zunimmt, ist der Beleg für den steigenden Wohlstand, und ein Symbol für die Probleme, die sich vor den Volkskomitees auftürmen. Dem Land fehlt noch die Infrastruktur für den ganz großen Schritt nach vorn. Nach wie vor schlängelt sich eine einzige Straße entlang der 2000 Kilometer langen Küste von Süd nach Nord. Und im Norden liegt China.

    Der mächtige Nachbar und alte Feind zieht die Investoren ab, da geht es Vietnam wie vielen Wirtschaften in Südostasien. ,In Deutschland sind alle china-besoffen", sagen die ausländischen Geschäftsleute in Vietnam. Der chinesische Markt mit 1,3 Milliarden potentiellen Kunden lockt, die deutschen Exporte nach China stiegen auch 2003 wieder um 20 Prozent, rechnete der Industrie- und Handelskammertag. Auch Produktionsstätten schießen wie Pilze aus dem Boden – trotz der Warnungen vor faulen Krediten und möglichen Überkapazitäten in China, die den Boom bedrohen könnten.


    Ein Land wie Vietnam kann deshalb noch gegen die Konkurrenz punkten, weil die Qualität der Arbeit um soviel höher eingeschätzt wird. Adidas, listet Jürgen Braunbach von der German Business Association auf, lasse heute 25 Prozent seiner weltweiten Produktionen hier fertigen, um die gehobeneren Märkte zu bedienen.

    Diejenigen Unternehmen, die auf Qualität und Verarbeitung achten und für den Export produzieren, sind gut beraten, sich Vietnam anzuschauen, da bietet Vietnam durchaus Vorteile gegenüber China.

    In der Fabrik Nummer Zehn etwas außerhalb von Hanoi näht die junge Arbeiterin im Sekundentakt Knöpfe an ein Herrenhemd. Garco Zehn ist ein staatlicher Vorzeigebetrieb. 6000 Menschen sind hier in den riesigen Hallen auf Acht-Stunden-Schicht. Klimaanlage, Kinderbetreuung, wer hier anfangen will, muss einen Schulabschluss vorweisen, der dem Abitur ähnelt. Früher, zu Hoh Chi Minhs Zeiten nähten die Arbeiterinnen Uniformen, heute gehen 85 Prozent der Jahresproduktion an Hemden und Hosen nach Europa. Zwischen den riesigen Stoffballen präsentiert sich die Generaldirektorin Mdm. Dang als treue Tochter der Partei:

    Die Kommunistische Partei will unser Land verbessern. Alle Menschen im Land haben das gleiche Ziel wie die Partei: darüber nachzudenken, wie das geschehen kann. Vietnam ist ein armes Land, und wegen der Folgen des Krieges sind wir spät dran, unsere Wirtschaft zu entwickeln. Die Kommunistische Partei hat das Ziel, das Land zu voranzubringen.

    Die Partei bietet Investoren Stabilität und Sicherheit. Doch auch das lange abgeschottete Vietnam leidet unter den Folgen des 11. September: Nach Öl sind die Textilien das Haupt-Exportprodukt. Länder wie Pakistan genießen als vermeintliche Alliierte Washingtons nun Zoll-Vergünstigungen beim Verkauf in die USA oder nach Europa. Vietnamesische Produktionen sind auf einmal teuer. 12 Prozent Zollzuschlag sind ein maßgeblicher Wettbewerbsnachteil in der weltweiten Konkurrenz der Billiglohnländer. Die Fabrik Nummer Zehn, so heißt es, mache keinen Gewinn. Mdm. Dang verwalte ein riesiges Beschäftigungsprojekt, das sich nur dank des leichten Zugangs zu staatlichen Krediten halten könne.

    Die Partei hat seit Mitte der 90er viel gelernt. Ausländische Investoren brauchen –in manchen Branchen- keine lokalen Partner mehr, wenn sie sich engagieren wollen. Geld kommt ins Land, aus Korea, Japan, Indien und Singapur. Das Handelsabkommen mit den USA, das die jahrzehntelange Feindschaft beendete, beginnt sich auszuzahlen. Die Führung in Hanoi hat erkannt, dass Zentralismus nicht die Zukunft ist. Viel Verantwortung wurde an die Provinzen weitergegeben, in denen sich nun regionale Räte um den Aufschwung bemühen – manche sehr erfolgreich, manche weniger. Es fehlen gute Manager und ein Mittelbau, der weiß, wie international Geschäfte gemacht werde. Und dann die alte Bürokratie: Manchmal weiß das Planungsministerium nicht, was das Finanzressort verfügt – wie zuletzt bei den drastischen Steuererhöhungen, die die elf ausländischen Automobil-Hersteller zur Weißglut brachten.

    Der kleine Tiger, der von Hanoi aus aufgezogen wird und sich rund um Saigon ernährt, sucht seinen Platz in den globalisierten Welt. Er hofft ihn 2005 zu finden, als Mitglied in der Welthandelsorganisation. Die Zeit drängt, mindestens 50 Prozent aller Gesetze und Vorschriften müssen bis dahin auf internationalen Stand gebracht werden. Von Bankenreform bis hin zum Steuersystem steht alles auf dem Prüfstand. Dr. Vu Thien Loc, der Chef der vietnamesischen Handelskammer, versprüht regelmäßig Optimismus, wenn er auf den engen Zeitplan angesprochen wird.

    Wir versuchen es ja, aber natürlich haben wir noch viele Probleme zu lösen. Aber unsere Regierung hat zuletzt vieles verbessert, ich glaube, dass wir bis zum Jahr 2005 bereit sind, der Welthandelsorganisation beizutreten.

    Doch zur Zeit sieht es wieder so aus, als würde sich der überlebenswichtige WHO-Beitritt weiter verzögern. Ohne die Welthandelsorganisation wäre das Land mittelfristig nicht konkurrenzfähig, weil immer neue Zollschranken die Exporte verteuern würden. ,,Doch im vietnamesischen Ein-Parteien-System gibt es weiterhin Widerstände gegen die notwendige internationale Integration", sagte ein europäischen Diplomat in Hanoi. Die Vietnamesen tun sich in den Verhandlungen offenbar schwerer als gedacht, europäischen Partnern die selben Vorteile einzuräumen wie den USA.
    Wirtschaftlich wäre Vietnam wohl bereit, sich endgültig zu öffnen.
    Politisch wird das noch eine Weile dauern. Regelmäßig beschweren sich Organisationen wie Amnesty International oder sogar das Europa-Parlament über den Umgang mit Regierungskritikern im Land. Wer sich in Vietnam, zum Beispiel im Internet, unzufrieden über die kommunistische Führung äußert, wer Bürokratie oder Korruption anprangert, dem droht die Staats-Sicherheit. ,,In Vietnam beinhaltet das Drücken des Senden-Knopfes am Computer die Gefahr, im Gefängnis zu landen", steht in einem Länderbericht von Amnesty. Es gibt mittlerweile gut zwei Millionen Internet-Anschlüsse im Land. Sie werden streng kontrolliert.

    Die meisten der Menschen aus den über 50 Minderheiten im Grenzgebiet zu Kambodscha und Laos leben weiterhin unterhalb der Armutsgrenze. Vietnams Aufschwung ist noch nicht bis zu ihnen gelangt. Im Gegenteil: Die Regierung –so die Vorwürfe- wolle ihr Land, um immer neue staatliche Kaffeeplantagen anzulegen. Vietnams Hochland war in der Vergangenheit häufig Schauplatz eines harten Showdowns, vom dem nur wenig an die Öffentlichkeit drang.

    Zwei Schritte vor, aber auch gerne mal einen zurück – manche unter den 150 Mitgliedern des Zentralkomitees bleiben vorsichtig, was die endgültige Öffnung des Landes angeht. Doch die dritte Generation nach dem Krieg kommt nun langsam in die maßgeblichen Positionen, die Generäle gehen, die Pragmatiker kommen oder sind schon da, sagt Mercedes-Manager Thomas Rapp:

    Öffnung, dieses ist stark von Personen geprägt. Wenn ich das am Finanzminister festmache, gehört der sicherlich noch zu der Generation, die mit den Werten der kommunistischen Partei hier in Vietnam sehr sehr stark verbunden sind. Da ist das Dienstfahrrad für den Finanzminister oder der 16 Jahre alte Dienstwagen oder die immer noch recht bescheidene Wohnung – die sind ganz klare Symbole im Sinne von Denken und Handeln. Das ist eine scheidende Generation, hier wird wirklich in der nächsten Generation – auch von der Ausbildung her, die sie genossen haben – hier ist der Umgang mit modernen und marktwirtschaftlichen System deutlich einfacher.

    Neuerdings schickt die Partei den hoffnungsvollen Nachwuchs in die Provinzen – zum Lernen vor Ort. Das alte Von-Oben-nach-Unten-System beginnt sich umzukehren. Und die Jungen räumen auf: Im August –so stand es in der Zeitung – musste der langjährige Vorsitzende des Volkskomitees in der Provinz Quang Tri seinen Posten räumen – nachdem er angeblich über 40 Millionen Dollar an Steuereinnahmen in die private Firma seiner Frau umgeleitet hatte.

    Über zwei Millionen Touristen, darunter 180.000 Deutsche, erleben in jedem Jahr den Wandel in Vietnam. Die klassische Nord-Süd-Tour Hanoi-Hue-Saigon lockt, Vietnam ist längst Ziel für das normale Katalog-Publikum, sagt ein Reiseveranstalter. Manche Strände sind schon zugebaut wie Mallorca. Viele haben vom Boom profitiert. Doch
    wer in Saigons Seitenstraßen blickt, findet in den Hinterhöfen weiterhin jene qualvolle Enge, jenes Stapel-Leben, das diejenigen führen, die sich von der Metropole anziehen ließen. Die alte Rue Catinat in Saigons Altstadt dagegen hat sich zum Schaufenster des Kapitalismus im Sozialismus entwickelt. Sie ist ein Mittelding zwischen Paris und Singapur, eine Mischung aus noblen Markenläden und Marmor-Einkaufs-Malls. Veränderung wird in Vietnam heute in Monaten gemessen:

    Dadurch, dass sich Vietnam am Ende der Evolutionskette in Südostasien befindet, weil vergleichbare Länder wie Thailand oder Malaysia sicherlich zehn oder 15 Jahre voraus sind: hier findet die Entwicklung nicht in Evolutionsschritten statt, sondern in Revolutionsschritten. Der Tiger schärft die Krallen in verschärfter Form !