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Der Lange Weg zu LTE

Technologie.- Wenngleich auch bei UMTS immer höhere Übertragungsraten für die Daten erzielt werden, muss dennoch auf Lange Sicht ein leistungsfähigeres Mobilfunknetz her - die Technologie dazu heißt LTE. Thomas Haustein vom Fraunhofer Institut für Telekommunikation Heinrich Hertz erklärt im Interview mit Manfred Kloiber, was es damit auf sich hat.

20.02.2010
    Manfred Kloiber: Dr. Thomas Haustein vom Fraunhofer Institut für Telekommunikation Heinrich Hertz in Berlin hat mir LTE erklärt.

    Thomas Haustein: LTE als Long Term Evolution von UMTS unterscheidet sich von den bisherigen Netzen ganz klar dadurch, dass hier eine andere Übertragungstechnik verwendet wird. Diese Technik erlaubt es, dass das Ganze skalierbar ist. Sie können LTE also in verschiedenen Frequenzbändern- und –breiten verwenden. Und das ist natürlich für den Operator, für den Dienstanbieter, ideal, um bestehende Frequenzen wieder zu verwenden und LTE dann gezielt dort einzusetzen, wo er Spektren zur Verfügung hat oder wo er Spektrum eben für höherratige Datendienste anbieten will. Und was entscheidend ist: Es ist ein rein ip-basiertes Netz. Es werden also Sprache, Video und normale Datendienste auf IP umgesetzt. Also Voice-Over-IP ist direkt eingebettet. Und auf die Art und Weise ist es vereinheitlicht, sehr flach in der Architektur und das schlägt sich direkt durch in viel geringere Anschaffungs- und Betriebskosten.

    Kloiber: Welche technischen Probleme gibt es eigentlich noch, um dieses Mobilfunknetz überhaupt zu installieren?

    Haustein: Das sind in erster Linie Herausforderungen, die diese wirklich breitbandige Technik an die Umsetzung bringen. Zum Einen: Bisherige UMTS-Basisstationen können mit DSL-Anschlüssen versorgt werden. Bei LTE können Sie pro Sektor und an einem Ort, haben Sie bis zu drei Sektoren 150 Megabit übertragen. Das heißt, Sie haben 500 Megabit an einem Ort. Das heißt, Sie brauchen dort eine Glasfaser, die ist in den meisten Installationen heute gar nicht gegeben. Das heißt, das bedeutet auch einen sehr hohes Investment in die Infrastruktur. Und man muss genau überlegen, wo man die Glasfaser ranbekommt und wo man sie wirklich braucht. Eine andere Herausforderung ist, dass es alles ip-basiert ist. Also Daten und Sprache sind alles IP-Pakete. Das stellt wirklich technische Herausforderungen an die sogenannten Scheduler. Das sind Einheiten, die dann entscheiden, wann welches Paket zum Kunden, zum Terminal geschickt wird. Das sind alles technisch lösbare Sachen, aber die sind neu, die unterscheiden sich von den bisherigen Netzen und das muss technisch umgesetzt werden. Erste Feldversuche laufen, die zeigen: es funktioniert. Es ist noch einiges zu tun und das wird angegangen von der Industrie.

    Kloiber: Wann werden denn da die ersten produktiven Installationen gemacht werden, mit denen die Operator auch tatsächlich Geld verdienen können?

    Haustein: Bevor man richtig Geld verdient, muss man einen Rollout machen. Man muss also eine Abdeckung des Dienstes haben, sonst können die Nutzer es nicht nutzen. Wir erwarten, dass in den nächsten zwei Jahren Netze aufgebaut werden. Der große Vorteil ist, die Frequenzen sind ähnlich den bisher verwendeten Frequenzen. Es können dadurch dieselben Standorte verwendet werden. Das ist ein ganz klarer Vorteil für den Operator. Die Phasen müssen Sie sich so vorstellen: Es laufen jetzt Feldtests. Das geht dann weiter mit sogenannten Friendly-User-Tests, dass man so ein Netz ausrollt und erstmal Nutzer, die bereit sind, Feedback zu geben über Qualität und dergleichen dort einsetzt. Und wenn dann sichergestellt ist, dass das Netz in einem betriebsfähigen Zustand ist, dann wird man anfangen, die ersten Geräte wirklich dann auch einzubringen. Schlüssel zum Erfolg ist die Verfügbarkeit von Endgeräten. Das war schon bei UMTS so. Die Netze waren ausgerollt und die Endgeräte waren eigentlich nicht verfügbar. Wir hoffen, dass das diesmal alles schneller geht.

    Kloiber: Hier in Barcelona überschlagen sich ja die Hersteller mit Angaben zur Geschwindigkeit von LTE. Da gibt es einige, die haben 100 Megabit geschafft, einige, die 600 Megabit geschafft haben oder noch mehr. Das ist aber nicht das, was den User erwartet. Wie sieht es denn auf der User-Seite aus, was kann der denn wirklich von LTE an Geschwindigkeit erwarten?

    Haustein: Das ist eine sehr interessante Frage. Diese hohen Zahlen bis zu einem Gigabit, das sind natürlich ... Datenraten, wo man sehr, sehr viele Antennen verwendet und sehr viel Bandbreite. Um es vielleicht zu relativieren: Wenn Sie ein LTE-System mit 20 Megahertz nehmen und zwei Antennen an Basisstation und Terminal, dann sind maximal 150 Megabit ungefähr verfügbar. Und diese 150 Megabit müssen sich die Nutzer natürlich teilen. Stellen Sie sich vor, das sind zehn Nutzer und der eine oder andere hat vielleicht auch nicht so einen guten Kanal. Dann bleiben pro Nutzer einige Megabit zur Verfügung. Das ist eine super Sache, das ist DSL-Geschwindigkeit. Man weiß, damit kann man gut umgehen und das ermöglicht, dass man eben auch mobil die Dienste, die man zu Hause so lieben gelernt hat, auch dann mobil zu Verfügung hätte. Und das ist ein riesiger Schritt vorwärts in die Zukunft des mobilen Internets.

    Kloiber: Das war Dr. Thomas Haustein vom Fraunhofer Institut Heinrich Hertz in Berlin.