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Der Mann an Taylors Seite

Mit seinem exzessiven und extravaganten Leben füllte das Ehepaar Richard Burton und Elizabeth Taylor die Klatschspalten. Heute ist Elizabeth Taylor eine der letzten großen Hollywooddiven. Richard Burton aber bleibt als der Mann an ihrer Seite im Gedächtnis.

Von Nicole Maisch | 05.08.2009
    "The thin night darkens. A breeze from the creased water sighs the streets close under Milk waking Wood.”"

    Man muss die Worte nicht verstehen, um dem Zauber ihres Klanges zu erliegen. Keiner nach ihm hat die Rolle des Erzählers in Dylan Thomas' Hörspiel "Unter dem Milchwald" so kongenial umgesetzt wie Richard Burton 1954 für die BBC. Der Schauspieler führt nicht nur durch die Episoden dieses kleinstädtischen Gesellschaftsporträts, sprachverliebt wie der Dichter selbst schwelgt er in dessen lautmalerischen Kreationen:

    ""The suddenly wind-shaken wood springs awake for the second dark time this one spring day.”"

    Auch physisch verfügte der walisische Schauspieler Richard Burton über eine beachtliche Präsenz. Doch es war vor allem seine klangvolle Stimme, die ihm das Tor zur Welt öffnete.

    1925 als eines von dreizehn Kindern einer Bergarbeiterfamilie geboren, fuhr er nicht wie seine Brüder unter Tage ein, sondern stand mit 18 Jahren zum ersten Mal auf einer Bühne. Ohne Schauspielausbildung aber mit viel Talent absolvierte er die Lehrjahre in der Provinz, um Anfang der 50er-Jahre dann die Londoner Theaterwelt zu begeistern:

    ""To be or not to be, that is the question. Whether it is nobler in the mind to suffer the slings and arrows of outragous fortune or to take arms against the sea of troubles and by opposing end them.”"

    Richard Burton wurde zum gefeierten Shakespeare-Darsteller, galt als Nachfolger von Laurence Olivier. Doch nicht die Schauspielkrone Londons war sein Ziel: Er wollte Hollywood erobern.

    Das größte Hindernis dabei war er sich selbst. Denn so genau er als Schauspieler das rechte Maß für jede Rolle fand, so wenig gelang ihm das im eigenen Leben. Verschwendungssüchtig und alkoholabhängig arbeitete der Egomane ohne Unterlass. 1963 lernte er bei den Dreharbeiten zu "Cleopatra" die Frau kennen, die Exzesse und Extravaganzen brauchte wie er. Von Beginn an zerfleischten und versöhnten sich Richard Burton und Elizabeth Taylor hemmungslos in aller Öffentlichkeit. So schien vielen Zuschauern der gemeinsame Film "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" nur eine erweiterte Form der Hollywood-Kolportage:

    ""Martha! - Who is married to the president's daughter - Martha! - Who is expected to be someone! - Who is affraid of Virginia Woolf early in the morning - A nobody! A bookworm! - Who is afraid of Virginia Woolf - Who doesn't have the guts to make anybody pride of him - Who is afraid of Virginia Woolf - All right George, stop it!”"

    Für ihre Rolle der Martha erhielt Elizabeth Taylor 1967 ihren zweiten Oscar, Richard Burton nur seine fünfte von insgesamt sieben Nominierungen.

    ""How to handle a woman? There's a way said the wise old man. A way known by every woman."
    Der charismatische Aufsteiger wurde zum Mann der enttäuschten Erwartungen. Obwohl er intelligente Stoffe mit Tiefgang schätzte, spielte er nur in wenigen Filmen, die diese Prämisse erfüllten. "Blick zurück im Zorn" gehört dazu; oder "Der Spion, der aus der Kälte kam".

    Nach einer Entziehungskur Anfang der 70er-Jahre gelangen ihm mit "Equus", einem Stück von Peter Shaffer, vor allem aber mit dem King-Arthur-Musical "Camelot" die letzten großen Erfolge.

    Vielleicht war die Kluft zwischen seiner einfachen Herkunft und der Glamourwelt Hollywoods zu groß für ihn, der in beiden Welten zu Hause sein wollte. Der Schauspieler, der als Richard Jenkins zur Welt kam, war stolz darauf, Waliser zu sein, traf seine Geschwister regelmäßig und nannte sich schon früh Burton, um den Mann zu ehren, dem er seinen Aufstieg zu verdanken hatte. Es war sein Englischlehrer Philip Burton, der das Außergewöhnliche in ihm entdeckte und förderte. Er lehrte ihn die Schönheit der Worte und deren akzentfreien Gebrauch.

    Ein Jahr vor seinem Tod nach seiner Stimme gefragt, formulierte Richard Burton die Antwort als Lieberklärung an seine Heimat:

    "Ich habe die Stimme meines Volkes, meines Wales - die Stimme der roten Erde und der gezackten Felsen, der Wälder, die Stimme der Flüsse, der Bäche und der See."

    Gestorben ist der Waliser in der Schweiz, wo er am 5. August 1984 den Folgen eines Gehirnschlags erlag.