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Der Neue im Kollegium

Neue Stundenpläne, neue Schüler, neue Lehrpläne - bis der Alltag wieder eingekehrt ist im Lehrerzimmer, dauert es nach den Sommerferien immer ein Weilchen. Das ist auch am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Oberhausen nicht anders. Trotz aller Neuheiten und Turbulenzen kümmern sich die Lehrer außerdem noch aufmerksam um die neuen Kollegen, für die ja alles noch viel neuer und ungewohnter ist.

Von Andrea Groß | 12.08.2006
    Wolfram Hirschhausen, Lehrer für Biologie und Musik, könnte auch heute noch, drei Jahre später, als Oberstufenschüler durchgehen:

    "Mein erster Besuch hier war sehr witzig. Da war noch der alte stellvertretende Schulleiter. Und da kam ich hier oben in den Verwaltungstrakt rein und klopfte so vorsichtig an die Tür, da fragte der: was willst du denn hier. Dann habe ich gesagt, ich bin der neue Lehrer, ich wollte mich hier vorstellen. Also man ist sehr jung, wenn man hier ankommt."

    Als er eingestellt wurde, war er gerade Vater geworden und das Leben hielt auch ohne den beruflichen Orientierungsstress genügend Aufregung für ihn parat. Noch an der Uni hatte ihm einer seiner Mentoren den Rat gegeben, sich an der Schule möglichst schnell einer Clique anzuschließen. Den Rat hat er beherzigt. Seine Kollegen haben es ihm allerdings auch einfach gemacht.

    "In meinen Fachgruppen war es so, dass mir wahnsinnig unter die Arme gegriffen wurde. Also mit Material geholfen wurde, Reihen mir vorgestellt wurden und man auch parallel geplant hat. Damals gab es das schöne Fach NW noch, Naturwissenschaften, was die neue Landesregierung ja wieder abgeschafft hat. Und da haben wir uns sehr engagiert. Und das habe ich als wirklich arbeitserleichternd empfunden, sich ab und zu mit mehreren Kollegen zusammen zu setzen, dass nicht jeder das Rad neu erfindet."

    Das Signal der Schule, dass neue Kollegen fester Bestandteil des Lehrkörpers sind, ergeht schon lange vor dem ersten Schultag. Dann nämlich wenn die Stundenpläne zusammengestellt werden. Das macht am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Oberhausen der stellvertretende Schulleiter Michael Gohe:

    "Wenn wir es rechtzeitig genug vorher wissen, nehmen wir mit dem Kollegen oder der Kollegin Kontakt auf und versuchen dann im Gespräch zu erfahren, wo so die Schwerpunkte und Vorlieben bezüglich der Jahrgangsstufen und auch der Kombination der beiden Fächer liegen, und wenn es sich denn machen lässt, die im Stundenplan auch zu berücksichtigen."

    Ebenfalls noch in den Sommerferien lädt der Schulleiter die neuen Kollegen ein, einen ganzen Vormittag lang das Haus mit Aula, Kunst- und Musikräumen, Chemie- und Physiksälen, Sporthalle bis hin zum Lehrerzimmer im fünften Stock kennen zu lernen. Die Neuen können dann in Ruhe die Gebäude auf sich wirken lassen und sich die Wege einprägen, ohne dass 1.100 Schüler durch die Gänge toben. Dabei bekommen sie auch ihre Stundenpläne und Schlüssel ausgehändigt. Torben Bennemann, Lehrer für Politik, Geschichte und katholische Religion empfand das als eine gute Vorbereitung auf den ersten Schultag, als er im vergangenen Schuljahr am Bertha-von-Suttner-Gymnasium angefangen hat:

    "Der erste Schultag hat ja letztendlich damit begonnen, dass wir eine Dienstbesprechung hatten und im Rahmen dieser Dienstbesprechung sind wir dann als neue Kollegen vorgestellt worden. Und was ich dann an dieser Schule auch sehr schön fand, was nicht an allen Schulen so üblich ist, hat jeder neue Kollege und neue Kollegin einen Blumenstrauß bekommen."

    Derart ausgestattet mit Rat, Hilfe, Schlüsseln und Willkommensgrüßen stand dem Unterrichtsbeginn nichts mehr im Weg. Der Ernst des Lehrerlebens ist mit dem des Referendarsdasein nicht zu vergleichen, sagt Torben Bennemann und rät: lieber einmal zuviel Hilfe einfordern als einmal zuviel signalisieren: ich kann das allein. Damit stoße man die Kollegen vor den Kopf und laufe Gefahr, beim nächsten Problem allein dazustehen.

    Schulleiter Michael von Tettau ist stolz auf sein engagiertes Team und auf das gute Betriebsklima. Dass die Schule ihre Lehrer selbst auswählen darf ist eine große Erleichterung für die alten, wie für die neuen Kollegen, sagt er. Da könne man schon darauf achten, wer dazupasst und wer nicht.

    "Ich kann mich besinnen, mal bei einer Einstellung, dass da ein Kollege die Position hatte, sehr autoritäre Erziehungsstile müssten greifen. Und da haben wir so für uns gesagt, das passt nicht in unser Kollegium und der wird mit Sicherheit in diesem Kollegium Probleme kriegen, wenn er das tut, also ich sag mal so Kasernenhofstil."

    Ein gutes Verhältnis der Kollegen ist Michael von Tettau zwar wichtig, im Vordergrund steht allerdings der Umgang mit den Schülern. Wer darin nur eine lästige Pflicht sehe, so der Schulleiter, wer sich ihnen überlegen fühle und dominant verhalte, wer sie nicht ernst nehme und über ihre großen und kleinen Sorgen Witze mache, der brauche sich bei ihm gar nicht erst vorzustellen. Wer aber verantwortungsvoll und selbstbewusst mit den Kindern umgehe, der könne das auch in aller Regel mit den Kollegen.