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Der pazifische Blick
Hochpolitische Kunst in Hawaii

Mit Basel, Miami oder New York kann Honolulu nicht mithalten, wenn es um wichtige Orte für zeitgenössische Kunst geht. Doch Honolulu hat mehr zu bieten als Kitsch-Kunst. Moderne Kunst aus dem pazifischen Raum ist fast ausnahmslos hochpolitisch.

Von Nicole Markwald | 13.06.2019
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"We are not american" - Auschnitt aus einer Installation von Kapulani Landgraf (Nicole Markwald)
Sie gehören hier eigentlich nicht hin. Für sein Kunstwerk "Huaka’i/ A Wake" hat Leland Miyano invasive Pflanzenarten gesammelt. Stöcke und Äste der Erdbeer-Guave hat er so ineinander verschlungen, dass sie eines der ältesten Fortbewegungsmittel der Welt bilden: ein Auslegerkanu. Mit ihm begann einst die Besiedlung von über zehntausend Inseln im Südpazifik.
Während der erst zweiten Honolulu Biennial sammelte Miyano seine Materialien im Botanischen Garten von Kāneʻohe, etwas nördlich von Honolulu gelegen. Kunst auf der Insel sei eine zweigleisige Angelegenheit, erklärt der gebürtige Hawaiianer im Gespräch mit "Art Practical": "Es gibt zum einen die Kunst, die Touristen verkauft wird. Bilder von Landschaften oder einer bestimmten Szene. Zeitgenössische Kunst ist dagegen schwer verkäuflich."
Umweltschutz, Klimawandel und Diskriminierung
Die stereotypen Bilder von Hawaii - gern auf Taschen, T-Shirts oder Postkarten: ein romantischer Sonnenuntergang, lächelnde Frauen, die Hula tanzen, saftig grüne Bergwände vor dramatischem Himmel.
Zeitgenössische Kunst, die hier entsteht, hat dagegen einen ganz eigenen Blick auf Themen, Materialien, Geschichte - den hawaiianischen. Und der ist hochpolitisch. In diesem Frühjahr nahmen 47 Künstler und Kollektive teil an der Honolulu Biennial 2019. Sie haben sich unter anderem mit Umweltschutz, Klimawandel und Diskriminierung auseinandergesetzt.
"Wir sind keine Amerikaner"
Die Künstler kamen aus Hawaii, Neuseeland, Australien, Mexiko, Japan, Taiwan - Länder und Kontinente, die der Pazifik verbindet. Das Motto: "To Make Wrong / Right / Now" - das bedeutet so viel wie ‘Falsches korrigieren, und zwar jetzt'. Kapulani Landgraf steuerte die Installation "Au‘a" bei.
Zu sehen sind große Schwarz-Weiß-Porträts indigener Aktivisten Hawaiis. Geht der Betrachter näher an die Bilder, steht über den Gesichtern in kleinster Schrift "We are not American"/ "Wir sind keine Amerikaner".
Es ist eine Anspielung auf eine berühmte Rede der Aktivistin Haunani-Kay Trask, die sich für die Unabhängigkeit Hawaiis stark macht. "We are not american, we are not american, … we will die as Hawaiians. We will never be Americans."
Zeitgenössische Kunst nutzt die Traditionen
Healoha Johnston vom Honolulu Museum of Art beschreibt die Kunst so: "Zeitgenössische Kunst nutzt die Traditionen und Mittel, die über die Zeit von verschiedensten Kulturen eingebracht wurden, die in Hawaii ihr Zuhause gefunden haben."
Davon leben können allerdings die wenigsten. Sie unterrichten beispielsweise an Schulen oder Colleges. Johnston erzählt auch, dass es in Honolulu keine wie sonst für Großstädte übliche Galerie-Szene gebe. Vielleicht ist die Hauptstadt Hawaiis mit ihren 350.000 Einwohnern dafür dann doch zu klein.
Moderne Kunst, umsonst und draußen
Doch die Kunstszene wächst, schrieb die New York Times bereits vor zwei Jahren zur Erstausgabe der Honolulu Biennial. Zudem findet jährlich in der dritten Woche im Februar das Streetart Festival "Pow! Wow! Hawaii" statt. Das Ergebnis: Der Stadtteil Kakaako ist zu einer Galerie für Wandgemälde geworden - moderne Kunst, umsonst und draußen.