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Der Präsident soll gehen

An der Freien Universität Berlin haben Studierende eine Initiative gestartet, um ihren Uni-Präsidenten Dieter Lenzen aus dem Amt zu jagen. Der Präsident vertritt ihnen zu wenig studentische Positionen. Doch der Erfolg der Initiative scheint fraglich.

Von Philip Banse | 28.10.2009
    Armin Himmelrath: Da haben sich einige Studierende, ja ganz schön viel vorgenommen. Sie wollen nämlich nicht weniger als ihren Uni-Präsidenten Dieter Lenzen aus dem Amt jagen, weil der ihnen zu wenig studentische Positionen vertritt. Philipp Banse beobachtet diese ganze Auseinandersetzung für uns in Berlin. Herr Banse, wird denn da jetzt tatsächlich ganz kräftig am Stuhl von FU-Präsidenten Lenzen gesägt, oder kratzen die Studenten nur ein bisschen am Lack herum?

    Philip Banse: Ich glaube, Armin Himmelrath, sie kratzen mehr als dass sie sägen. Einige Studierenden sammeln seit heute Unterschriften für eine Art Studi-Entscheid, sagt der Sprecher der der Initiative "Not my President", Ben Storz:

    "Wir haben im ersten Schritt ein Initiativbegehren gestartet auf eine studentische Urabstimmung. Dazu brauchen wir nach Satzung der Universität, zehn Prozent, also ein Quorum von ungefähr 3500 Studierenden, die unsere Petition unterzeichnen, auf Zulassung des Begehrens, wie so eine Art Volksentscheid, kann man sich das vorstellen, und dann wird's verpflichtend nach Satzung der Universität zu einer uniweiten studentischen Urabstimmung kommen über die Frage, ob der Präsident zurücktreten soll."

    So ein Votum für die Absetzung des Uni-Präsidenten wäre aber rechtlich nicht bindend, allenfalls - so hoffen die Initiatoren - ein politisches Pfund bei der Neuwahl des FU-Präsidenten im kommenden Jahr. Die Studierenden-Initiative kritisiert, der FU-Präsident forme die Freie Universität nach neoliberalen Grundsätzen um, ignoriere die Kritik des Bildungsstreiks an den Bachelor- und Masterstudiengängen und verweigere den Studierenden gesetzlich zugesicherte Mitspracherechte. Dieter Lenzen nahm zu den Anschuldigungen nur schriftlich Stellung. Auch er wolle eine Reform der Bologna-Reform, schreibt Lenzen und erklärt:

    "Aus diesem Grunde ist gerade der Präsident dafür eingetreten, die rechtlichen und Verordnungsregelungen außerhalb und innerhalb der Freien Universität Berlin zu liberalisieren. Ein entsprechender Umsetzungsplan wurde dem Akademischen Senat in der Sitzung vom 14. Oktober 2009 vorgestellt."

    Der Plan sehe Reformen von Bachelor und Master vor: Weniger Bürokratie, besser Anerkennung der Studienleistungen, mehr Flexibilität bei Studiendauer und Umfang von Abschlussarbeiten sowie mehr Freiräume im Studium. Das sei alles nicht konkret genug, kritisiert der Student Matthias Bartelt, stellvertretendes Mitglied im Akademischen Senat.

    "Warum denn nicht ganz konkrete Sachen, wie die sofortige Aufhebung von Anwesenheitskontrollen, die wir eingebracht haben, ganz konkrete Vorschläge, wie die Prüfungslast am besten zu senken ist, warum die nicht dort schon angesprochen werden, warum die nicht bereits beschlossen werden, was in der Kompetenz des AS liegt, was er sofort machen könnte, ist nur damit zu erklären, dass uns das Präsidium seit Jahren immer weiter die Mitbestimmung verwehrt."

    Die Studierenden Vertreter hätten bereits im vergangen Jahr konkrete Vorschläge zur Bologna-Reform in den Akademischen Senat eingebracht. Die Universitätsleitung habe den Studierenden ihre gesetzlich gesicherte Mitbestimmung jedoch verweigert, so Studierenden-Vertreter Bartelt:

    "Wir haben versucht, Akteneinsichtsrechte, Informationsrechte im akademischen Senat, Kontrollrechte geltend zu machen. Da wurde uns, selbst als wir den Wortlaut aus der Teilgrundordnung, die bereits das Präsidium stärkt, aber immer noch gewisse Rechte festschreibt, als wir das aus der Teilgrundordnung zitiert haben, was die Mitbestimmungsrechte des AS sind, wurde uns immer noch gesagt: Nein, das gilt in diesem Fall nicht. Und auf die wiederholte Nachfrage, warum es nicht gilt, wurde uns konsequent gesagt, wir wollen das hier nicht im Detail erklären, das würde dann zu lange werden."

    FU-Präsident Dieter Lenzen lässt dazu mitteilen:

    "Die Partizipation an den Entscheidungen der Hochschule ist gesetzlich geregelt. Dieses gilt auch für die Freie Universität Berlin. Alle gesetzlich vorgesehenen, beziehungsweise in der Teilgrundordnung der Freien Universität Berlin fixierten Mitbestimmungsregelungen wurden und werden eingehalten."

    Nichtsdestotrotz werden jetzt also Unterschriften gegen Präsident Lenzen gesammelt. Meine kleine Umfrage unter einigen Studierenden ließ jedoch keine Revolutions-Stimmung erkennen:

    "Ich find das eigentlich ein Unding, weil ich denke, dass unsere Universität wirklich ziemlich modern ist, dass es hier wirklich ziemlich gut zu studieren geht und deshalb ist das, denke ich mal, wieder bloß eine dieser Aktionen, mit diesem "Lenzen stürzen", wo sich wieder ein paar unausgelastete Studenten dann irgendwie was vornehmen, um dann Rebelle zu machen. Ich werde da keinesfalls eine Unterschrift leisten, weil ich nicht glaube, dass der Präsident so schlecht sein kann, wie sie ihn gemacht haben."


    "Mal angenommen, es gibt sozusagen einen Alternativ-Vorschlag, der in meinen Augen auch sinnvoller ist als die bisherige Personalie, würde ich mich dafür entscheiden. Einfach nur zu sagen: Einer weg!, und hoffen, dass irgendwas Besseres kommt, da würd ich nicht unterschreiben."

    "An sich denke ich schon, dass es eher aussichtslos ist, weil viele Studierende sich total nicht dafür interessieren."

    Philip Banse: Wenn Studenten am Stuhl Ihres Präsidenten sägen, klingt das doch anders. Und damit zurück nach Köln.

    Armin Himmelrath: Philip Banse über die studentische Protestbewegung gegen den Präsidenten der FU Berlin. Herzlichen Dank.