Freitag, 29. März 2024

Archiv

Der Schriftsteller und Übersetzer Herbert Günther
Jugend in politisch bewegten Zeiten

Herbert Günthers politische Jugendromane erzählen von der Verführbarkeit, vom Mut zum Widerspruch und von der Wichtigkeit des eigenständigen Denkens und stetigen Erneuerns der Demokratie.

Herbert Günther im Gespräch mit Ute Wegmann | 10.11.2018
    Jugendromane über Politik
    Politische Jugendromane von Herbert Günther (Buchcover: Gerstenberg Verlag / Hintergrund: picture-alliance / dpa / UPI)
    Ute Wegmann: Herbert Günther hat viele verschiedene Berufe ausgeübt, Berufe, die aber alle in irgendeiner Weise zum Schriftsteller und Übersetzer führen konnten, denn das ist er heute. Herbert Günther wurde 1947 in Göttingen geboren. Er absolvierte eine Buchhandelslehre, arbeitete als Lektor, leitete eine Kinderbuchhandlung. Er schrieb früher Drehbücher für das Kinderprogramm des ZDF und seit einigen Jahren schreibt er Kinder- und Jugendromane, und er übersetzt literarische Werke aus dem Englischen zusammen mit seiner Frau Ulli. Herbert Günther, schön, dass Sie heute der Gast im Büchermarkt sind. Von all diesen Berufen, die alle mit der Literatur verbunden sind, mit dem Buch, welcher hat Sie am ehesten zum eigenen, zum literarischen Schreiben geführt?
    Herbert Günther: Eigentlich bin ich erst zum Schreiben gekommen und dann zu den Büchern. Ich habe in den letzten drei Jahren meiner Schulzeit an einer Schülerzeitung mitgearbeitet, und das war für mich die Entdeckung des Schreibens. Das Schreiben für die Schülerzeitung war ja anders als das Schreiben fürs Internet, man musste sich auf dem Schulhof verteidigen für das, was man geschrieben hatte, und das war die Zeit, in der ich die Freude am Schreiben entdeckt habe.
    Ein Leben mit Büchern
    Wegmann: Nun hab ich ja eben gesagt, Sie waren auch Lektor. Ich glaube, Sie haben noch die junge Judith Kerr kennengelernt.
    Günther: Ich war sieben Jahre Lektor im Otto Maier Verlag, zusammen mit Christian Kirsch, den viele als Frederik Hetmann kennen, damals ein sehr bekannter Kinder- und Jugendbuchautor. Wir haben die Ravensburger Junge Reihe herausgegeben. Und im ersten Programm hatten wir das Glück, das Buch von Judith Kerr "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" zu verlegen, das Christian Kirsch entdeckt hatte. Es war ein sehr bewegender Moment für mich, dass ich nach der Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises Gelegenheit hatte, mit Judith Kerr auf Lesereise zu gehen, sie zu begleiten, und ich erinnere mich noch an eine Lesung in Heilbronn, das war für mich bewegend, dass ich bei einer ihrer ersten Lesungen in Deutschland mit dabei sein durfte.
    Wegmann: Den deutschen Jugendliteraturpreis hat Judith Kerr 1974 gewonnen. Hätten Sie damals gedacht, das dieser Roman "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", der ja etwas ganz Neues war, dass man aus Kinderperspektive über die Zeit des Nationalsozialismus geschrieben hat, dass das so ein Erfolg würde?
    Günther: Wir haben das vermutet. Dass es so lange auf dem Markt ist und ein Klassiker geworden ist, das war natürlich nicht vorhersehbar.
    Schreiben und Lesen
    Wegmann: Bei der Vorbereitung auf die Sendung war ich natürlich auf Ihrer Webseite, da findet man ein Gedicht, in dem Sie festhalten, wie beides – Lesen und Schreiben – den Menschen verändert. Würden Sie das vorlesen?
    Schreiben und Lesen
    Buchstaben, Wörter
    und mit dem Umblättern
    der ersten Seite
    auf Reisen gehen,
    aus der Haut fahren,
    offen sein, suchen, zweifeln,
    in Frage stellen.
    Und listig neue Ordnungen schaffen:
    Bilder gegen Abziehbilder
    und Zeilen, die den Schlagzeilen standhalten.
    Schmerz und Freude empfinden,
    hören, sehen, fühlen, schmecken.
    Und auf der letzten Seite wieder ankommen,
    ein Stück näher bei mir,
    ein anderer, vielleicht.
    Wegmann: Herbert Günther, welche Literatur hat Sie als junger Mensch am meisten geprägt oder verändert?
    Günther: Die erste Entdeckung war ein Buch, das unsere Biologielehrer am Beginn der Stunde in Fortsetzung vorgelesen hat: "Die Heiden von Kummerow" von Ehm Welk (Red: Ullstein Verlag Berlin 1937). Das war das erste Buch, das ich als buchferner Junge vom Land für mich entdeckt habe. Das erste Buch, das ich mir selber gekauft habe und mit dem ich lesend auf dem Teppich lag und mich gefreut habe. Dann waren da natürlich die Bücher der frühen Nachkriegszeit: Wolfgang Borchert: "Draußen vor der Tür" und Heinrich Böll. Und inzwischen ist es für mich gar nicht mehr denkbar, ohne Bücher zu leben.
    Wegmann: Sprechen wir über Ihre Tätigkeit als Übersetzer: Herausragende Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben Sie – zusammen mit Ihrer Frau – ins Deutsche übertragen: Malcolm Bosse, Robert Newton Peck – Autoren der ersten Hanser-Programme. David Almond, Paula Fox, Anne Fine und Eric Carle. Große Namen! Und das sind nur wenige, der Schriftsteller*Innen, die Sie übersetzt haben. Wie arbeiten Sie mit Ihrer Frau zusammen?
    Günther: Ich denke, dass das Dialogische beim Bücherschreiben aber beim Übersetzen ohnehin, etwas ganz Tolles ist. Wir nehmen uns sehr viel Zeit, lesen die Bücher, meine Frau macht die Rohübersetzung, ich komme dann vom Deutschen her. Am Ende bleiben die fraglichen Stellen übrig und in einer längeren oder kürzeren Redaktionskonferenz versuchen wir gemeinsam im Gespräch das zu klären, und das ist besser, als wenn einer alleine vor dem Text sitzt.
    Wegmann: Sind Sie denn im Kontakt mit den AutorInnen?
    Günther: Manchmal ja, manchmal nicht.
    Wegmann: Es gibt ja unterschiedliche Haltungen in der Übersetzertätigkeit. Wie frei sind oder wie nah bleiben Sie am Text?
    Günther: Das kommt auf den Text an. Schwierig sind lyrische Passagen. Ich denke, eine gute Übersetzung kann nicht immer eine genau wörtliche sein, sondern sie muss eine Entsprechung sein.
    Wegmann: Können Sie sagen, was für Sie das freudvollste Buch beim Übersetzen war?
    Günther: Oh, das ist schwer. Gern haben wir "Sams Wal" übersetzt von Katherine Scholes. Das ist eine sehr einfache Geschichte von einem Jungen, der nach einer stürmischen Nacht einen Wal am Strand findet und dem es gelingt, mit Hilfe eines Freundes, den Wal wieder ins Meer zu bringen. Aber es gibt so viele Bücher, wir haben über 100 Bücher übersetzt, und eigentlich machen wir keine Unterschiede, aber natürlich gibt es solche, die wir besonders gern übersetzt haben, David Almond zum Beispiel, einige waren Brotarbeit, aber keins, für das wir uns schämen müssten.
    Wegmann: Neben den Übersetzungen, die sich auf die KJL konzentrieren, lesen Sie heute viele Neuerscheinungen der Kinder- und Jugendliteratur?
    Günther: Heute nicht mehr. Das musste ich damals im Verlag machen. Ich lese heute hin und wieder die Bücher von befreundeten Autorinnen und Autoren. Aber ich könnte nicht sagen, dass ich Überblick über den Markt habe.
    Junge Menschen und ihre Verführbarkeit
    Wegmann: Sprechen wir über Ihre Bücher: 2009 erschien "Roberts Land", 2011 "Mein Leben als Fee", und dann folgten 2014/2017/2018 "Zeit der großen Worte", "Der Widerspruch" und "Seit gestern ist Frieden". Alle Romane erschienen bei Gerstenberg. Die letzten drei sind historische Romane, die sich mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg und den Folgen der Kriege beschäftigen. Der historische Roman, wirklichkeitsnah an den Fakten, im Mittelpunkt junge Menschen und ihre Verführbarkeit oder ihre Suche, sich damit auseinanderzusetzen, ist Ihnen ein großes Anliegen. Sie selbst sind ein Nachkriegskind. Wie hat der Zweite Weltkrieg noch in Ihre Kindheit hineingewirkt?
    Günther: Mein Vater war 16 Jahre Soldat. Und als ich 15 oder 16 Jahre alt war, hatte ich heftige Gespräche mit ihm über die Frage: Warum warst du dabei? Warum hast du nicht Widerstand geleistet? Und seine Antwort war immer: Ich habe nur meine Pflicht getan. Ich glaube so, wie die meisten der ehemaligen Soldaten das auch gesagt haben. Mich hat das nie befriedigt. Und ich habe versucht, mir vorzustellen, wie es gewesen wäre, hätte ich in der Zeit gelebt, wie hätte ich mich verhalten. Ich denke niemand kann das genau vorhersagen. Ich bin 1947 geboren, zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 1950er Jahren waren die Schatten dieser Zeit immer noch deutlich zu spüren, bis in meine Schulzeit hinein. Manche Lehrer, die wir hatten. Die Loslösung von dieser Art des Denkens ist ein Thema des neuen Buches geworden, das in der Zeit zwischen 1945 – 1949 spielt. Wie war das mit der inneren Bereitschaft zur Demokratie? Ich denke, das ist ein Prozess, der bis heute noch nicht ganz abgeschlossen ist. Nach den 70 Jahren Frieden, in denen ich das Glück hatte zu leben, muss man sich die Frage wieder stellen, denn Frieden und Demokratie sind ja keine Selbstläufer, sind nicht etwas, das vom Himmel fällt, sondern es muss immer wieder neu neugedacht werden und man muss sich immer wieder neu dafür engagieren.
    Wegmann: Über das neue Buch sprechen wir noch ausführlich. Wenn Sie sagen, Ihr Vater war 16 Jahre im Krieg, war er in der Lage, über seine Erlebnisse zu erzählen oder gehörte er zu den Traumatisierten, die alles totgeschwiegen haben?
    Günther: Er erzählte sehr viel. Und ich als kleines Kind habe das gehört und habe nur gedacht: Nie wieder. So bin ich da hineingeraten. Die Erzählungen vom Krieg waren eher erschreckend.
    Die Kraft der Worte und das Geheimnis der Literatur
    Wegmann: Zwei Romane führen es im Titel "große Worte", aber auch der "Widerspruch". Es geht also auch vor allem um die Kraft der Worte und die Fähigkeit, zu differenzieren, genau hinzuhören, der Verführung zu widerstehen und Mut zum Widerspruch zu entwickeln. Und dann sind wir eigentlich im Hier und Jetzt angekommen. Im Herbst 2018! Was möchten Sie Jugendlichen mit der Lektüre Ihrer Romane mitgeben?
    Günther: Also ich hoffe, dass sie meine Geschichten zum Anlass nehmen, für sich selber nachzudenken. Ich stell mir nicht vor, dass sie nach der Lektüre sagen: So wie der muss ich auch denken. Das ist das Geheimnis der Literatur, das wir beim Lesen und Schreiben ein Gespräch zwischen Menschen führen, die sich gar nicht kennen. Da kann etwas passieren, was sowohl für den Autor als auch für den Leser ganz wichtig ist.
    Wegmann: "Der Widerspruch" ist angesiedelt im Jahr 1963. Eine Zeit des beginnenden Kapitalismus, eine Umbruchzeit. Ein paar satte alte Herren haben Machtstrukturen verinnerlicht und verdrängen ihre nationalsozialistische Vergangenheit. Wir erinnern uns an diese Zeit, Auslöser für die Studentenrevolte, das Aufbäumen der jungen Generation gegen die Altlasten, gegen die Verdrängung. Sie, Herbert Günther, erzählen aus vier verschiedenen Perspektiven, vier sehr unterschiedliche Jugendliche, die wir ein Jahr lang begleiten. Vier, die die Diskrepanz zwischen scheinbar gelebter Demokratie und dem Nazidenken einzelner Männer spüren. Es erfolgt ein Anschlag auf einen Bankdirektor, der Verdacht wird auf die Jugendlichen gelenkt. Ging es für Sie um den Mut, die Zivilcourage zum Widerspruch oder mehr um die Frage, die man sich als junger Mensch zwangsläufig irgendwann stellt: Wie will ich leben?
    Günther: Um beides. Zwei Dinge haben die Zeit geprägt: der Schatten des Nationalsozialismus und der Beginn des Wirtschaftswunders. Es gibt eine Szene in dem Buch, die authentisch ist, der Rektor der Schule hat die Idee, den Schülern den Kapitalismus zu erklären. Er gibt für die Schülerzeitung Aktien aus. Selber kauft er 300 und hat immer die Mehrheit, wenn er die Hand hebt. Er wollte anschaulich machen, was die Schüler erwartet, wenn die Schulzeit zu Ende ist. Das war für mich ein erstes Empören gegen die Mechanik des Kapitalismus, das hat uns damals schon in der Schülerzeitung sehr gestört, und es hat mich mein ganzes Leben lang begleitet, dieser Konflikt zwischen dem Ökonomischen und dem Idealistischen, das hat mich in meiner ganzen Berufswelt immer wieder beschäftigt.
    Der Mut zum Widerspruch
    Wegmann: Sie führen eine weitere Person ein, einen jungen Polizisten. Es geht ja nun um die Wahrheitsfindung. Aber durch den Perspektivwechsel zum Polizisten, der sich dem alten System widersetzt, der Gerechtigkeit fordert, ein hohes Berufsethos hat fern jeder Korrumpierbarkeit, wird er zum Widersprechenden, zum Verzweifelten, zum eigentlichen Helden. Warum?
    Günther: Ich denke, die Tatsache, was Britta, als aus der DDR kommendes Mädchen dem Rektor entgegensetzt, das ist der Widerspruch, der mich selbst immer begleitet hat und deswegen wollte ich das auch in das Erwachsenenleben hinüberleiten. Das ist nicht einfach etwas, was nur Jugendliche angeht, sondern was einen ein Leben lang begleitet.
    Literatur für das alltägliche Leben nutzbar machen
    Wegmann: "Seit gestern ist Frieden". Das Thema dieses Buches ist die Auseinandersetzung mit der Situation, dass man den Boden unter den Füßen verliert, dass die Ideale, das politische und ideologische Lebenskonzept, das alltagsdurchdringend war, von jetzt auf gleich abgelehnt und sogar bestraft wird. Hanne und Helmut, Zwillinge, waren in der Hitlerjugend aktiv. Nun kommen die Engländer, aber Helmut hält an den Idealen fest, ihm droht Gefängnis, bis der Engländer Adam ihn von seinem Irrglauben überzeugen kann. Eine sehr geraffte Zusammenfassung. Sie, Herbert Günther, ein nach dem Krieg Geborener, mussten Sie viel recherchieren? Und: Welchen Zusatzwert - neben der Lektüre - haben die Gespräche mit Zeitzeugen für den Roman?
    Günther: Recherchiert habe ich viel: Ich habe vor allem Zeitschriften aus der Zeit gelesen, aber auch historische Bücher. Und die Gespräche mit den Zeitzeugen waren für mich wichtig, um das wieder in das alltägliche Leben zu bringen. Für mich ist es überhaupt wichtig, die Literatur in das alltägliche Leben hinein zu holen. Ich bin kein akademischer Seiltänzer, komme aus einfachen Verhältnissen und versuche Literatur nutzbar zu machen für das alltägliche Leben. Und das Gespräch mit den Zeitzeugen war für mich wichtig, um zu sehen, wie hat das bei den lebendigen Menschen gewirkt. Aber natürlich ist auch keine Aussage der Zeugen eins zu eins übernommen worden.
    Wegmann: Bevor wir weitersprechen, zuerst eine Lesung aus: "Seit gestern ist Frieden". Gast im Studio ist der Schriftsteller und Übersetzer Herbert Günther.
    LESUNG: "Seit gestern ist Frieden" – Seite 48-50
    Die Gegenwelt der Liebe und Zuneigung
    Wegmann: Die jungen Menschen philosophieren über den Krieg und die Macht der Herrschenden, jederzeit wieder einen Krieg beginnen zu können. Und da sagt auf Seite 104 Hannes Freundin Julia: "Aber es gibt so viele Menschen, Hanne, die anders sind, die aus Liebe zum Leben handeln, und wenn die mehr werden, dann ... dann gibt es vielleicht irgendwann keinen Mächtigen mehr, der zum Krieg aufrufen kann. Wir schwiegen. Wenn es doch so wäre, dachte ich." (S. 104) Was denkt Herbert Günther?
    Günther: In allen meinen Geschichten habe ich diese Gegenwelt, des Anderssein, die Welt der Zuneigung und Liebe und Solidarität. Es gibt selbst Beispiel aus Bergen-Belsen, wo Menschen in schlimmsten Verhältnissen zu großer Menschlichkeit fähig waren. Das ist die Hoffnung, dass ist das, worauf ich setze, und dass das auch von Innen her aufgenommen werden kann.
    Wegmann: Hannes und Helmuts Vater war sehr lange Soldat, traumatisierter Heimkehrer, muss sich entscheiden, den Hof zu betreiben oder in seinen Beruf, den Buchhandel zurückzukehren. Das Buch spielt in Ihrem Roman eine große Rolle. Der Vater zur Tochter: "Ohne Bücher, ohne gute Geschichten, hätte ich den Krieg, glaube ich, nicht überlebt. Und jetzt, wo er vorbei ist, brauchen wir sie um so mehr." (S. 122) Ein Plädoyer für das Buch, das hilft, über den Krieg hinwegzukommen? Das Buch als Therapieersatz?
    Günther: Das ist die Erfahrung meines Lebens, dass Bücher diese Funktion haben können. Und ich bin ja selber aus einfachen Verhältnissen dazu gekommen, und nach der Entdeckung meiner Frau war das Entdecken des Lesens das Wichtigste, was ich im Leben erfahren habe. Und das möchte ich gern weitergeben, natürlich.
    Ohne engagierte Menschen wird Demokratie nicht möglich sein
    Wegmann: Mich würde nun interessieren, was liegt gerade auf Ihrem Lesesessel?
    Günther: Ich lese "Die Ladenhüterin", das ist ein japanisches Buch, das auch viel unserer Zeit zu tun hat. /.../ Ich denke, das ist die andere Seite der Demokratie, die Schwierigkeit selber zu denken und etwas zu tun für die Demokratie, das wird natürlich untergraben von den Angeboten, wo Menschen alles abgenommen wird, denn selber Denken ist auch anstrengend. Und ich glaube eben, so wie die kleine Anstrengung beim Bücher lesen das eigentlich Tolle ist, so ist es auch bei der Demokratie: Ohne Anstrengung und ohne engagierte Menschen wird die Demokratie nicht möglich sein. Die Freude am selber Denken ist viel, viel stärker als das einfache Hinnehmen von Strukturen, die uns auferlegt werden von mächtigeren Dingen.
    Wegmann: Wird Ihr nächstes Buch auch ein historischer Jugendroman?
    Günther: Meine kluge Großmutter hat gesagt: Über ungelegte Eier sollst du nicht gackern. Ich habe etwas im Kopf, aber nicht so, dass ich darüber sprechen könnte.
    Wegmann: Herbert Günther, ganz herzlichen Dank, dass Sie nach Köln gekommen sind. Wir sprachen über:
    Herbert Günther: "Zeit der großen Worte"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2014
    Herbert Günther: "Roberts Land"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2009
    Herbert Günther: "Mein Leben als Fee"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2011
    Herbert Günther: "Der Widerspruch"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2017
    Herbert Günther: "Seit gestern ist Frieden"
    Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018 ( mit umfangreichem Glossar)