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Der Umwelt zuliebe

Viele Christen weltweit fasten derzeit 40 Tage lang bis Ostern, um sich so auf die Auferstehung Christi vorzubereiten. Manche verzichten zum Beispiel in dieser Zeit auf den Alkohol oder aber es kommt kein Fleisch auf den Teller. Es gibt aber auch andere Formen der Enthaltsamkeit: Im Kirchenkreis Ronnenberg bei Hannover verzichtet man auf Energie. Die ungewöhnliche Aktion dort heißt "Stromfasten.

Von Michael Engel | 19.03.2009
    CO2-Ausstoß, Treibhauseffekt, Klimawandel: Umweltfragen spielen im Kirchenkreis Ronnenberg eine große Rolle, erklärt Superintendent Hermann de Boer.

    "Die Schöpfung zu bewahren, ist ein Kernanliegen der Christen in dieser Welt. Und alles, was zur Bewahrung beitragen kann, sollte auch uns beschäftigen und ein Thema sein."

    So war es nur ein kleiner Schritt für den Kirchenvorstand, die alljährliche Fastenzeit in den Wochen vor Ostern einmal nicht mit Nahrung in Verbindung zu bringen, sondern mit Energie.

    "Ja, es ist eine besondere Variante in dem Sinne, dass wir beim Fasten ja immer im Mittelpunkt haben ein bewussteres Umgehen mit unseren eigenen Lebensweisen. Und in diesem Fall geht es eben darum, wie gehen wir mit der Energie, wie gehen wir mit dem Verbrauch von Strom um? Sich das bewusst zu machen, bewusster als wir das sonst im Alltag tun, das ist eigentlich jetzt der Kern dieser Stromfastenaktion."

    Von den 50.000 Gemeindegliedern des Kirchenkreises beteiligen sich rund 50 Familien an der Aktion. Mit dabei: Iris Nasemann mit ihrer vierköpfigen Familie aus dem benachbarten Gehrden:

    "Stromfasten - da hab' ich gedacht - 'Ach, das hört sich ja interessant an. Wie kann man denn Strom fasten?' Und dann stand da: 'Bewusster Umgang mit Energie!' Das hat mich interessiert. Meldest Du dich doch einfach mal an."

    Was es bedeutet, auf Elektrizität bewusst zu verzichten, noch dazu im biblischen Sinne von Askese, das konnte sich Sören zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen. Bis dahin saß der 13-jährige Sohn des Hauses täglich am Computer:

    "Ja, also früher saß ich jeden Tag so eine halbe Stunde am Computer und bin dann da eben geflogen - an so einem Flugsimulator - und jetzt ist das sehr stark eingeschränkt. Dass ich jetzt nur noch zweimal in der Woche an den Computer darf."

    Auch Tochter Mareike hat es ziemlich hart getroffen: TV-Sendungen, selbst unverdächtige Bildungsserien wie "Wissen macht A", sind für die 11-Jährige derzeit strikt verboten.

    "Also man hat halt viel mehr Zeit für andere Sachen. Da fällt sehr viel Zeit weg durch das Fernsehen gucken."

    Erstaunlich, wie viel Zeit plötzlich für die Schularbeiten zur Verfügung steht, finden die beiden Kinder. Sie gewinnen dem Stromfasten mittlerweile auch eine positive Seite ab. In der Familie, so Iris Nasemann, werde wieder mehr gesprochen.

    "Neu ist eigentlich, dass diese Reizüberflutung aufhört. Das merke ich auch persönlich bei mir. Wenn ein hektischer Arbeitstag war oder für die Schule noch mitgelernt wird für Arbeiten, dann sitze ich auch auf dem Sofa, schau Tagesschau, und dann lasse ich mich weiter berieseln."

    Doch damit ist nun Schluss. Energieberater der "Klimaschutzagentur Region Hannover" informierten die Familien vor Ort, wo sich überall noch mehr Strom sparen lässt, ohne Verzicht zu üben. Beim Licht zum Beispiel mit Energiesparlampen. Demnach sparen Nasemanns 137 Euro noch in diesem Jahr, so die Berechnungen der Experten, selbst wenn der Computer von Sören bald wieder täglich eingeschaltet werden darf: Nach Ostern versteht sich.

    "Ich werde auch froh sein, wenn das erst mal rum ist. Weil es doch auf Dauer ein wenig anstrengend ist."