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Der Weg lohnt sich

Potsdam erhält am 22. September einen Theaterneubau, das Hans Otto Theater. Gott sei Dank, sagen viele, denn 50 Jahre lang galt es, in Provisorien zu spielen. Für das Eröffnungswochenende sind fünf Premieren geplant. Dank dem Regisseur und Schauspieler Uwe Eric Laufenberg, der zuvor am Schauspielhaus Zürich und am Berliner Maxim Gorki Theater unter Vertrag stand, kommt auch immer mehr Publikum aus Berlin.

Von Claudia van Laak | 13.09.2006
    Theaterbesucher sollten das Schiff nehmen, nicht das Auto oder die Straßenbahn. Wer sich von der Wasserseite aus dem Neubau des Potsdamer Theaters nähert, entdeckt eine rote Rose, die sich zum Tiefen See hin öffnet. Die dreiteilige geschwungene Dachkonstruktion aus Beton und Glas erinnert auch an eine Auster oder an eine Lotosblüte - Architekt Gottfried Böhm hat sich durch eine Asienreise inspirieren lassen. Georg Kehren, Sprecher des Hans Otto Theaters Potsdam gerät ins Schwärmen.

    "Besonders prägnant ist zum Wasser gelegene Seite. Zum einen, weil man aus dem Haus heraus, vom oberen Foyer, einen wunderbaren blick hat über den Tiefen See, man sieht den Flatowturm, den Babelsberger Park und die Schiffsanlagestellte, das ist eine traumhafte Kulisse."

    Wer sich allerdings von der Straße aus dem Neubau nähert, wird enttäuscht. Ein nüchterner, schwarz-rot gestreifter Kubus, der auch das Finanzamt beherbergen könnte. So zerfällt der Neubau des Potsdamer Stadttheaters optisch in zwei Teile. Für die 150 Mitarbeiter sind diese ästhetischen Kategorien im Moment weniger wichtig - sie sind froh, die mehr als 50 Jahre währenden Provisorien verlassen zu können.

    "Das Theater war ja vorher über die ganze Stadt verteilt, jetzt sind wir zentral auf dem Gelände, das ist, als ob sich eine Familie wieder findet. Das wird zwar nicht jeden tag artikuliert, aber das ist ein Gefühl wie: Das kann nicht wahr sein, wir haben ein Theater. "

    Ein 26 Millionen Euro teurer Bau aus Beton und Glas, ohne einen Quadratzentimeter Holz. Ein Albtraum für alle Akustiker. Nach den ersten Proben warfen die Schauspieler entnervt das Handtuch, der Hall machte eine Verständigung unmöglich.

    Nun wird nachgearbeitet. Die Zeit drängt. Intendant Uwe Eric Laufenberg hofft, dass bis zur Eröffnung am 22. September der richtige Ton gefunden sein wird.

    "Es ist nun so, dass der Raum viel können soll und auch viel kann also Sie können die Hubpodien herunterfahren, und jetzt ist es die Aufgabe, die Akustik für diese Veränderungen zu justieren, dafür das Richtige zu finden. "

    Uwe Eric Laufenberg ist es zu verdanken, dass das Stadttheater mittlerweile auch Publikum aus Berlin anlockt. Der Regisseur und Schauspieler - er war zuvor am Schauspielhaus Zürich und am Berliner Maxim Gorki Theater - holte Katja Riemann und Katharina Thalbach nach Potsdam - er bespielte Kirchen, leer stehende Villen, Russenkasernen.

    "Das Schöne der letzten zwei Spielzeiten war, das wir es geschafft haben, den Publikumszuspruch wirklich zu steigern, wir haben 93 Prozent Platzausnutzung, wir sind jeden Tag ausverkauft gewesen, wir müssen nicht nach neuem Publikum greifen. Wenn sich das im neuen Haus auch wieder so ergibt, dass wir die 470 Plätze füllen können, dann ist mir egal, woher die Leute kommen. Hauptsache, den Leute, die drin sind, denen soll es was geben. "

    Für das Eröffnungswochenende sind fünf Premieren geplant. Uwe Eric Laufenberg inszeniert Nathan der Weise und die Uraufführung des Stücks "Katte" von Thorsten Becker. Dazu kommen Thomas Bernhards "Am Ziel", "Der Sicherheitsabstand" von Frederic Blanchette und ein Stück über die ukrainische Politikerin Julia Timoschenko. Will Intendant Laufenberg mit dem neuen Gebäude auch in eine andere Theater-Liga aufsteigen?

    "Das Theater, was mich interessiert, was ich gerne erzählen möchte, habe ich an den Ligen vorbei gemacht, und darin allerdings habe ich Ehrgeiz, wirklich gute Qualität zu machen, die für die Menschen erkennbar ist. Insofern konzentriert sich mein Ehrgeiz darauf, nicht in einer Liga zu spielen, sondern so gutes Theater zu machen, dass ich davon überzeugt bin. "

    Mit dem neuen Gebäude will Potsdams Stadttheater auch wieder an den Namensgeber "Hans Otto" erinnern. Im Foyer wird eine Büste des Kommunisten und Schauspielers Hans Otto aufgestellt, der als einer der ersten deutschen Künstler 1933 von Nationalsozialisten ermordet wurde.