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Der Wunsch nach einer Elite-Universität

Was noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre, ist inzwischen Realität: Bildungspolitiker, Hochschulgremien und Bildungshungrige setzen sich für deutsche Elite-Hochschulen ein, die ein hiesiges Pendant werden sollen zu so renommierten Elite-Schmieden wie Harvard oder Stanford. Das resultiert zumeist in privaten Initiativen wie der International University in Bremen, oder dem European College of Liberal Arts in Berlin, oder die European School of Management and Technology, die - ebenfalls in Berlin - im Herbst eröffnen will. Sind Elite-Universitäten in Deutschland also künftig eine Selbstverständlichkeit!?

08.07.2002
    Professor Klaus Landfried, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hat eine sehr klare Meinung zur Frage Elite-Universitäten in Deutschland: Leistungseliten sieht er als Ergänzung zur Chancengleichheit:

    Als früherer Schwimmtrainer sage ich dieses: erst wenn ich eine saubere Breitenförderung mache, kann ich oben drauf gucken: wer sind denn die besten?

    Dennoch sieht Landfried in der deutschen Hochschullandschaft viel Platz für private Elite-Hochschulen. Voraussetzung dafür müsse allerdings sein, dass diese auch finanziell für alle erreichbar seien - trotz Studiengebühren - etwa durch Stipendien. Damit zeigt sich, dass in Deutschland die Scheu vor Eliten-Bildung - im doppelten Wortsinne - allmählich zu schwinden scheint. Diesen Eindruck bestätigt auch Stephan Gutzeit, Mitbegründer des privaten European College of Liberal Arts in Berlin, das sich an US-amerikanischen Vorbildern, dortigen Elite-Colleges, orientiert.

    Das ist eine Frage der Generation und des Milieus. Es gibt sehr viele junge Leute in den 20er Jahren, in ihren 30er Jahren, die alle versuchen, einmal in die USA zu kommen, man spricht ja scherzhaft von dem Grad "IAG" - in Amerika gewesen - der immer wichtiger wird, für eine wissenschaftliche Laufbahn. Da ist das überhaupt kein Tabu. Es gibt - wenn sie jetzt eher in die Richtung gehen von Leuten, die Anno 68 sozialisiert wurden - schon eher Vorbehalte, aber das Klima in der Gesellschaft ändert sich.

    Man müsse aber immer betonen, dass es hier um Leistungseliten gehe und nicht um soziale, so Gutzeit. Die Diskussion um private Elite-Hochschulen wirkt auch als Stachel im Fleisch der alteingesessenen staatlich finanzierten Universitäten. So sieht beispielsweise Professor Jürgen Mlynek, Präsident der Humboldt-Universität in Berlin, die private Konkurrenz durchaus positiv:

    Ich denke: wir brauchen Wettbewerb, man sollte die Möglichkeiten, die man den privaten Hochschulen einräumt, dann allerdings auch den öffentlich finanzierten geben und das sind Punkte wie: Auswahl der Studierenden, möglicherweise Studiengebühren, kein BAT, freies Aushandeln von Bezahlung, wenn wir alle diese Dinge haben, und dann - das ist mir genauso wichtig - auch die mentalen Barrieren abbauen, die uns immer noch an unserer Wettbewerbsfähigkeit hindern, dann ist das aus meiner Sicht unproblematisch: die Vielfalt soll entscheiden.

    Wovon Mlynek noch träumt - gute Köpfe durch gute Angebote anlocken zu können -, das ist für Fritz Schaumann schon Realität. Der Rektor der privaten International University in Bremen - kurz IUB - stapelt zwar gerne tief, man wolle nur eine sehr gute Universität anbieten, was Lehre und Forschung angeht, und nicht per se Eliten ausbilden. Er ist sich der Stärken seines Hauses aber wohl bewusst und sieht sie vor allem in der Organisationsform als private Hochschule, denn:

    Sie können schneller reagieren, sind unabhängiger, sie sind im Prinzip gezwungen, kundenorientierter zu sein als öffentliche und sie müssen sich genauso wie öffentliche an Exzellenz messen lassen. Warum haben wir die IUB gegründet? Ich sag das mal ein bisschen arrogant, mein das aber gar nicht so, das ist der Versuch auf 30 Jahre bildungspolitischer Debatte in Deutschland konzeptionell und praktisch eine bündige flüssige Antwort zu geben.

    Egal wie sich die Diskussion um die Elite-Ausbildung aufgrund der jüngsten Initiativen weiter entwickeln wird: allen Beteiligten ist dabei klar, dass sie immer eine Randerscheinung im Bildungssystem bleiben wird. Die privaten Angebote spielten im Gesamtspektrum der Hochschulbildung quantitativ ohnehin keine Rolle, betont auch Klaus Landfried. Qualitativ allerdings schon. Und als Trendsetter sind sie nicht wegzudenken. So will beispielsweise die Humboldt-Universität ihre Begabtenförderung nun von der Mathematik auch auf andere Fächer ausdehnen.

    Related Links:

    International University Bremen

    European College of Liberal Arts